Die bis heute praktisch flächendeckend im Controlling, im Rechnungswesen und in der Unternehmensplanung benutzten "nackten" Planwerte ohne ergänzende Informationen über die Planungssicherheit (z. B. Standardabweichung von Planabweichungen) sind damit praktisch ohne jegliche Relevanz. Theoretisch und praktisch können sich dahinter beliebig große Planabweichungen mit relevanter Wahrscheinlichkeit verbergen, ohne dass dies weder den Fachleuten wie Controllern, Unternehmensplanern, Rechnungswesenspezialisten bzw. den Entscheidern wie Linienmanagern, Vorständen, Geschäftsführern und ggf. Aufsichtsräten noch den Prüfern im weitesten Sinne, den internen Revisoren, dem Prüfungsausschuss sowie Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern auch nur annähernd bewusst ist.

Daraus folgt zwingend der Übergang von der bisher weitgehend deterministischen zu einer realitätsnäheren stochastischen Planung aller unternehmerischen Zielwerte unabhängig von den jeweiligen Zielinhalten (Unternehmenswertmaximierung, Umsatzmaximierung u.v.a.). Mit der Verknüpfung von Erwartungswert und Streuung (z. B. Quantile oder höhere Momente der Verteilung) für jede (wichtige) Planzahl kann erstmals gewährleistet werden, dass im gesamten Planungs- und Controllingsystem die mit der Planung verbundenen Risiken simultan und konsistent analysiert werden. Das ist bekanntlich bisher auch mit (willkürlich gewählten) Best-Case- und Worst-Case-Szenarien nicht möglich.

Beim Aufbau stochastischer Planungs- und Steuerungssysteme werden zunächst die erheblich risikobehafteten Planannahmen identifiziert, bevor sämtliche im Rahmen des Risikomanagements ("Risk Audit") identifizierte Risiken in den Kontext der Unternehmensplanung gesetzt werden. Es muss sich dann jedes Risiko bei einer Realisation in einer Planabweichung zeigen. Anschließend werden alle identifizierten Risiken quantifiziert, d. h. durch eine geeignete Wahrscheinlichkeitsverteilungsfunktion beschrieben. In Abb. 2 sind dies vier Variablen mit folgenden Ausprägungsmöglichkeiten:

  • Absatzmenge: unverändert / + 4 % / – 4 %
  • Großkundenverlust: nein / ja (= Umsatzverlust 600)
  • Maschinenausfall: nein / ja (= Zusatzaufwand 130)
  • Haftpflichtschaden: nein / ja (= Zusatzaufwand 80)

Der Planer bzw. Controller ermittelt im Rahmen des normalen Planungs- und Budgetierungsprozesses nicht mehr nur seinen "Planwert", sondern spezifiziert auch den Risikoumfang. Im einfachsten Falle einer Dreiecksverteilung wird er somit drei Werte angeben müssen, nämlich den "Mindestwert", den "wahrscheinlichsten Wert" (Modus) und den "Maximalwert".

Abb. 2: Einsatz der Monte-Carlo-Simulation zur Beurteilung der Planungssicherheit[1]

Anders als bei den Best-Case- und Worst-Case-Szenarioanalysen, bei denen nur zwei oder drei weitgehend willkürliche Szenarien betrachtet werden, generiert der Computer bei einer Monte-Carlo-Simulation unter Beachtung der Korrelationen eine hinreichend große, repräsentative Stichprobe möglicher (risikobedingter) Zukunftsszenarien, um so realistische Bandbreiten für die risikobedingte Entwicklung aller interessierenden Zielgrößen anzugeben.[2] In Abb. 2 sind das die Szenarien S1 bis Sn.

Abb. 3: Risikoorientiertes Controlling und Planungssicherheit[3]

Mit Hilfe solcher stochastischen Controllingtechniken kann gezeigt werden,

  • in welcher Bandbreite sich der Gewinn einer Folgeperiode bewegen wird (d. h. also, welche Planabweichungen – für ein vorgegebenes Konfidenzniveau – realistisch sind; s. Abb. 3),
  • in welchem Umfang (risikobedingte) Verluste möglich sind (bzw. welcher Bedarf an Eigenkapital als Risikodeckungspotenzial somit erforderlich ist) und
  • welcher Wert oder Economic Value Added (EVA) in Anbetracht der Risiken gemäß Planung, unabhängig von der Risikoschätzung des Kapitalmarkts (wie im CAPM), angemessen ist.
[1] Gleißner, 2017a, S. 256.
[2] Vgl. zur Risikoaggregation Gleißner, in Gleißner/Meier, 2001, S. 111-137, und der Beitrag von Gleißner "Quantifizierung und Aggregation von Risiken".
[3] Gleißner, 2017a, S. 344.

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