Die Fortschritte in der Sprachverarbeitung (Natural Language Processing) machen es für Computer heute möglich, auch gesprochene Sprache und Freitexte zu verarbeiten.[1] Somit finden Anwendungen der Künstlichen Intelligenz zumindest in Einzelfällen im Personalwesen Anwendung. In der Personalauswahl kann die Sprachverarbeitung z. B. dafür genutzt werden, die Kompetenzen der Bewerberinnen und Bewerber auf Basis ihres Antwortverhaltens auf situative Fragen einzuschätzen.[2]

Der Begriff der Künstlichen Intelligenz (KI) ist nicht einheitlich definiert und wird oftmals auch für Anwendungen verwendet, die auf herkömmlichen Methoden beruhen. Abgrenzende Begriffsmerkmale sind neben der Analyse von strukturierten und unstrukturierten Daten ein lernender Charakter der Systeme.[3]

 

Definition von KI der Hochrangigen Expertengruppe für Künstliche Intelligenz

[4]

Künstliche-Intelligenz-(KI)-Systeme sind vom Menschen entwickelte Software- (und möglicherweise auch Hardware-) Systeme, die in Bezug auf ein komplexes Ziel auf physischer oder digitaler Ebene agieren, indem sie ihre Umgebung durch Datenerfassung wahrnehmen, die gesammelten strukturierten oder unstrukturierten Daten interpretieren, Schlussfolgerungen daraus ziehen oder die aus diesen Daten abgeleiteten Informationen verarbeiten und über die geeignete(n) Maßnahme(n) zur Erreichung des vorgegebenen Ziels entscheiden. KI-Systeme können entweder symbolische Regeln verwenden oder ein numerisches Modell erlernen, und sind auch in der Lage, die Auswirkungen ihrer früheren Handlungen auf die Umgebung zu analysieren und ihr Verhalten entsprechend anzupassen.

KI-Systeme lassen sich in regelbasierte und selbstlernende Systeme unterscheiden. Technische Fortschritte sind in den letzten Jahren insbesondere auf selbstlernende Systeme zurückzuführen, in denen der vollständige Entscheidungsweg nicht determiniert ist, sondern über neuronale Netze durch das Programm auf Basis von Daten entwickelt wird. Sogenannte Deep Learning-Verfahren als Teilbereich des maschinellen Lernens können Zusammenhänge erkennen, die der Entwickler nicht vorausgesehen hat.

Je mehr der folgenden Punkte zutreffen, desto eher kommt Deep Learning als Methode infrage:[5]

  • Es sind sehr viele verfügbare Beispieldaten zum Lernen vorhanden.
  • Es gibt große Rechenkapazitäten (z. B. in der Cloud).
  • Fehlerhafte Ergebnisse sind tolerierbar.
  • Es sind komplexe Zusammenhänge relevant, die (teilweise) unbekannt sind.
  • Es sollen Routineaufgaben automatisiert werden, für die es bisher keine Technik gab.

Trotz der rasanten technologischen Entwicklungen finden KI-Systeme in Betrieben in Deutschland kaum Anwendung.[6] Ein Grund dafür ist, dass sich die Entscheidungsfindung auf Basis von selbstlernendenden Systemen nur schlecht nachvollziehen lässt und fehleranfällig ist. Ihr Einsatz wird in Bereichen wie der Personalauswahl oder Leistungsbewertung, in denen eine unmittelbare Wirkung entfalten wird, daher besonders kritisch gesehen. Zudem besteht die Gefahr, dass sich bereits Verzerrungen in den Trainingsdaten der KI zu Gunsten gewisser Zielgruppen im Bewerberpool befinden, die in Folge zu Auswahlentscheidungen führen, die diskriminierende Tendenzen aufweisen.

[1] Vgl. Schuh et al., 2021, S. 14.
[2] Vgl. Hammermann et al., 2022, S. 12 f.
[3] vgl. Definition der Hochrangigeren Expertengruppe der Europäischen Kommission.
[4] Die Expertengruppe wurde im Juni 2018 von der Europäischen Kommission ernannt. EU-Kommission, 2020, S. 19.
[5] Vgl. Hammermann et al., 2022, S. 20.
[6] Vgl. BPM, 2019, S. 3.

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