rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragung in das Handelsregister für das Vorliegen einer „Zweigniederlassung” i.S.d. § 13b Abs. 4 UStG nicht erforderlich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ob ein ausländisches Unternehmen eine „Zweigniederlassung” im Inland hat oder nicht und ob es deswegen für die Festlegung des Steuerschuldners i.S. von § 13b Abs. 4 UStG im Ausland „ansässig” ist oder nicht, ist nach den Vorgaben von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie zu bestimmen.

2. Der Begriff „ansässig” ist mithin richtlinienkonform umzusetzen, so dass nach deutschem Recht maßgebliche Anknüpfungsbegriffe (§§ 8 ff. AO) am Gemeinschaftsrecht auszurichten sind. Eine Eintragung in das Handelsregister gemäß § 12 Satz 2 Nr. 2 AO ist für das Vorliegen einer inländischen Zweigniederlassung bei richtlinienkonformer Auslegung des Begriffs Zweigniederlassung nicht erforderlich (Auslegung des Begriffs der „Zweigniederlassung” anhand der vom EuGH für den Begriff der „festen Niederlassung” in Art. 9 Abs. 1, Art. 26 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie entwickelten Kriterien).

3. Für das Vorliegen einer festen Niederlassung bzw. Zweigniederlassung entscheidungserhebliche Kriterien sind u.a., ob vom Sitz der Niederlassung aus die Geschäftsleitung ganz oder teilweise ausgeübt wurde, welcher Art die von der Niederlassung aus wahrgenommenen Aufgaben waren, ob die Niederlassung im Telefonbuch eingetragen war, ob unter ihrer Firma Büroräume angemietet waren, ob sie Arbeitsverträge abgeschlossen hatte, wo und wann etwaige Arbeitnehmer für sie in der Niederlassung tätig waren und welche Arbeiten sie erledigt haben, ob am Ort der Niederlassung Umsatzsteuererklärungen abgegeben wurden und ob von den zuständigen Behörden ihr gegenüber Umsatzsteuerbescheide erlassen wurden.

 

Normenkette

UStG 1999 § 13b Abs. 4 Sätze 1-3, § 13a Abs. 1 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 2, Art. 9 Abs. 1, Art. 26 Abs. 2; AO §§ 8, 12 S. 2 Nr. 2

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die AG bezüglich der mit beigehefteten Rechnungen gegenüber der Klägerin vom 4. Februar 2002 bis 17. März 2003 (Rechnungsnummern 0202-075, 0202-127, 0203-179, 0203-180, 0204-113, 0206-390, 0207-402, 0204-113, 0209-667, 0210-004, 0301-069, 0303-306, 0304-307) angeforderten Anzahlungen und abgerechneten Leistungen kein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des § 13b Abs. 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist und die Steuerschuld für durch diese Niederlassung erbrachte inländische Leistungen nicht auf die Klägerin (§ 13b Abs. 1 und UStG) übergegangen ist.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Steuerschuld für die Leistungen der AG, seit Änderung der Firma am 21. Mai 2004, auf die Klägerin als Leistungsempfängerin übergegangen ist.

Die AG hatte ihren satzungsmäßigen Sitz in A, Österreich, betrieb aber seit April 2001 eine von ihr B genannte Niederlassung/Betriebsstätte in, Deutschland, die am 13. November 2003 in das Handelsregister eingetragen und mit Wirkung zum 30. Juni 2004 geschlossen wurde. Am 24. August 2004 wurde über das Vermögen der AG in Österreich das Konkursverfahren eröffnet.

Die Klägerin bezog in den Jahren 2002 bis 2003 von der AG entsprechend einer Kooperationsvereinbarung vom 19. Dezember 2001 betreffend die Entwicklung und Vermarktung eines Programmier- und Softwareleistungen (Bl. 47 ff FG-Akte).

Nachdem die AG zunächst in den Rechnungen für an die Klägerin erbrachte Leistungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen hatte, wies sie auf Wunsch der Klägerin in berichtigten Rechnungen vom 4. Februar 2002 bis 17. März 2003 (Bl. 10 bis 15, 17, 18, 20 bis 24 FG-Akte) Umsatzsteuer gesondert aus, berichtigte diese aber wieder mit Rechnungen datierend auf den 4. Februar 2002 bis 17. März 2003 ohne gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer (Bl. 30 bis 42 FG-Akte), weil auch das damals zuständige Finanzamt in einer Stellungnahme vom 4. November 2003 die Meinung vertreten hatte, die AG sei als ausländischer Unternehmer nicht zum gesonderten Umsatzsteuerausweis berechtigt und die Betriebsstätte in sei mangels Handelsregistereintragung keine inländische Zweigniederlassung i.S.d. § 13 b Abs. 4 Umsatzsteuergesetz in der in 2002 und 2003 geltenden Fassung (UStG).

Mit Umsatzsteuer-Voranmeldung für Oktober 2003, eingereicht beim für die Klägerin zuständigen Finanzamt, berichtigte die Klägerin ihren Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der XY AG.

Zur Begründung ihrer am 7. September 2004 eingegangenen Klage trägt die Klägerin vor, für die Beurteilung einer Niederlassung als Zweigniederlassung i.S.d. § 13 b Abs. 4 UStG könne es nicht auf die Eintragung der Zweigniederlassung in das Handelsregister ankommen. Vielmehr sei der Begriff richtlinienkonform auszulegen. Die entsprechenden Anforderungen der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften habe die AG in C erfüllt. Die Klägerin habe über die Jahre der Kooperation für sämtliche sich ergebenden Korrespondenzen, Besprechungen, Telefonate etc. ihre Ansprechpartner in der Zwei...

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