Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides bei Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einer tatsächlichen Verständigung einen Abrechnungsbescheid betreffend, sind zumindest Gespräche über einen streitigen Sachverhalt, wie z. B. die konkrete Höhe des jeweiligen Erstattungsanspruchs oder über einen konkreten Aufteilungsmaßstab erforderlich.

2. Fehlen Anhaltspunkte für eine bestimmte Tilgungsabsicht des zahlenden Ehegatten, ist davon auszugehen, dass die Zahlung der Einkommensteuer für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 218 Abs. 2, § 268 ff.

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.01.2004; Aktenzeichen VII B 157/03)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides nach § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO).

Die Kläger wurden für den Veranlagungszeitraum 1999 entsprechend ihrer Einkommensteuererklärung zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 5. März 2001):

(Beträge in DM)

Ehemann

Ehefrau

Einkünfte aus Gewerbebetrieb:

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit:

Einkünfte aus Kapitalvermögen:

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:

Gesamtbetrag der Einkünfte:

Sonderausgaben:

Einkommen / zu versteuerndes einkommen:

festzusetzende einkommensteuer:

Solidaritätszuschlag:

Bei der Abrechnung war folgendes zu berücksichtigen:

(Beträge in DM)

ESt

Soli

festzusetzende Einkommensteuer + Solidaritätszuschlag:

ab Steuerabzug vom Lohn (Ehemann)

abzüglich entrichteter Vorauszahlungen:

zu erstattender Betrag:

Die entrichteten Vorauszahlungen wurden aufgrund einer Einzugsermächtigung vom 17. September 1997 von einem Geschäftskonto der Klägerin bei der XY-Bank, über das ausschließlich die Klägerin verfügungsberechtigt war, eingezogen. Das von der Klägerin unterzeichnete Schreiben lautet wie folgt:

„Teilnahmeerklärung zum Lastschrifteneinzugsverfahren

Ges. bürgerlichen Rechts, ABC (ABC …), …

Veranlagungs-Steuernummer: …

das zuständige Finanzamt wird hiermit widerruflich ermächtigt, frühestens zum jeweiligen Fälligkeitstag von unserem Konto alle unter der o.a. Steuernummer fällig werdenden Beträge abzubuchen

…”

Unter der Steuernummer … wurden die Kläger zur Einkommensteuer veranlagt; durch eine generelle Steuernummernumstellung im Jahr 2000 erhielten die Kläger die Steuernummer ….

Über die Verwendung des Guthabens in Höhe von … DM wurde gesondert entschieden. Unter Berücksichtigung eines gegen den Kläger gerichteten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts NN vom 12. Januar 2001 zugunsten der A Bank wurden … DM an die B Bank und 36.413,99 DM an die Klägerin auf ein Konto beim Postgiroamt NN überwiesen. Zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss schrieb der Klägervertreter folgendes an das FA:

„… ich bedanke mich für das freundliche Telefongespräch vom 16. Januar 2001, in dem Sie mir bestätigen konnten, dass die Finanzkasse nur den auf Herrn NN entfallenden ESt-Erstattungsanspruch 1999 der Pfändung unterwirft und der auf Frau NN entfallende ESt-Erstattungsanspruch von der Pfändung nicht betroffen ist.”

Diese Aufteilung wurde wie folgt errechnet:

(Beträge in DM)

Ehemann

Ehefrau

Summe:

Einkommensteuer:

gezahlte Lohnsteuer:

Anrechnung von ESt-Vorauszahlungen:

insgesamt:

Aufteilungsquote:

Solidaritätszuschlag:

in Zusammenhang mit Lohnsteuer

in Zusammenhang mit ESt-Vorauszahlungen

insgesamt:

Aufteilungsquote:

Das Guthaben wurde damit wie folgt aufgeteilt:

(Beträge in DM)

Ehemann

Ehefrau

Summe:

Einkommensteuer:

Solidaritätszuschlag

Summe:

Auf Antrag vom 22. März 2001 erließ der Beklagte (das Finanzamt – FA –) am 29. März 2001 einen entsprechenden Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO.

Der dagegen eingelegte Einspruch vom 9. April 2001 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 7. August 2001 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Klage vom 16. August 2001 begehren die Kläger eine Änderung des Abrechnungsbescheides dahin gehend, dass der Erstattungs- bzw. Nachzahlungsbetrag der Kläger auf Grund einer fiktiven getrennten Veranlagung gesondert ermittelt wird und bei der Abrechnung des Klägers nur die gezahlte Lohnsteuer angerechnet, die geleisteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen jedoch der Klägerin zugerechnet werden.

Zwischen den Klägern und dem FA sei eine tatsächliche Vereinbarung darüber getroffen worden, dass der Erstattungsanspruch der Kläger nach dem Verhältnis aufzuteilen sei, das sich durch Gegenüberstellung der Steuerschulden bei der Einzelveranlagung ergeben würde. Aus Vertrauensschutzgründen könne sich das FA nicht darauf berufen, es sei kein entscheidungsbefugter Amtsträger beteiligt gewesen; auch sei eine tatsächliche Verständigung im Steuererhebungsverfahren möglich.

Nach § 37 Abs. 2 AO sei derjenige erstattungsberechtigt, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden sei. Nach dem Willen der zahlenden Klägerin hätte ausschließlich die Steuerschuld der Klägerin getilgt werden sollen. Bei Zweifeln hätte das FA bei der Klägerin nachfragen müssen. Eine Vielzahl von vergebenen Steuernummern und die Einzugserm...

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