Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Lohnsteuer, Drittwirkung nach § 166 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Der ehemalige GmbH-Geschäftsführer ist im eigenen Verfahren wegen Haftung für Lohnsteuer gemäß § 166 AO mit Einwendungen gegen die Höhe der Lohnsteuerschuld ausgeschlossen, er wegen offener Gehaltsforderungen selbst Insolvenzgläubiger des Steuerschuldners ist und im Prüfungstermin keinen Widerspruch gegen die Höhe der Steuerschuld eingelegt hat.

 

Normenkette

AO §§ 69, 166, 191 Abs. 1; InsO § 178 Abs. 1 S. 2; AO § 34 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.09.2019; Aktenzeichen VII R 5/18)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids, mit dem der Beklagte den Kläger für Steuerschulden der A GmbH in Anspruch genommen hat.

Der Kläger ist spätestens seit dem ….5.2011 im Handelsregister eingetragen als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A GmbH (Amtsgericht M, HRB 1). Neben ihm ist ebenfalls spätestens seit dem ….5.2011 als weiterer einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer Herr B im Handelsregister eingetragen. Das Amtsgericht M hat mit Beschluss vom ….3.2013 Herrn E als vorläufigen Insolvenzverwalter für die A GmbH bestellt (… IN …). Der vorläufige Insolvenzverwalter hat im Eröffnungsverfahren ein Gutachten vom 29.4.2013 erstellt, auf das Bezug genommen wird (Haftungsakte). Das Amtsgericht M hat mit Beschluss vom ….5.2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH eröffnet und den vorläufigen Insolvenzverwalter zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Prüfungstermin fand entsprechend der Festlegung im Eröffnungsbeschluss am ….8.2013 statt.

Die A GmbH übermittelte am 11.12.2012 für den Zeitraum November 2012 (Bl. 36 der Akte), am 14.1.2013 für den Zeitraum Dezember 2012 (Bl. 37 der Akte) sowie am 12.2.2013 für den Zeitraum Januar 2013 (Bl. 38 der Akte) Lohnsteueranmeldungen elektronisch an den Beklagten. Insgesamt meldete die A GmbH darin Lohnsteuern, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer, evangelische und katholische Kirchensteuer zur Lohnsteuer i.H.v. 32.697,01 € an, führte sie aber nicht an den Beklagten ab. Auf die Ausdrucke der elektronisch an den Beklagten übermittelten Daten wird Bezug genommen.

Die A GmbH meldete darüber hinaus noch am 13.3.2013 für den Zeitraum Februar 2013 Lohnsteuern usw. in Höhe von insgesamt 11.376,79 € beim Beklagten an.

Mit Schreiben 22.3.2013 kündigte der Beklagte dem Kläger an, ihn als Geschäftsführer der A GmbH für die Lohnsteuerverbindlichkeiten der A GmbH hinsichtlich der Monate November 2012 bis – seinerzeit noch – Februar 2013 in Anspruch zu nehmen. Auf das Schreiben wird Bezug genommen.

Der Kläger nahm dazu mit Schreiben vom 22.4.2013 Stellung. Darin führte er unter anderem aus, dass er hinsichtlich der infrage stehenden Zeiträume nicht mehr Geschäftsführer gewesen sei, was durch aktuelle Handelsregisterauszüge nachweisbar sei. Abgesehen davon sei er im Rahmen seines bestehenden Geschäftsführervertrages mit der Abwicklung der Arbeitsverträge nicht betraut gewesen.

Am 18.6.2013 erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Haftungsbescheid, mit dem er den Kläger i.H.v. 32.248,51 € für Verbindlichkeiten der GmbH in Haftung nahm. Auf den Haftungsbescheid wird Bezug genommen.

Der Betrag setzte sich zusammen aus Lohnsteuern, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer, evangelischer und katholischer Kirchensteuer zur Lohnsteuer für die Lohnsteueranmeldungszeiträume November 2012 bis Januar 2013 i.H.v. 31.197,01 €, einem Verspätungszuschlag zur Lohnsteuer Dezember 2012 i.H.v. 140 € sowie Säumniszuschlägen zur Lohnsteuer und zum Solidaritätszuschlag für November 2012 bis Januar 2013 i.H.v. 911,50 €.

Zur Begründung führte der Beklagte aus, die A GmbH schulde die in der Anlage zum Bescheid aufgeführten Steuern und steuerlichen Nebenleistungen. Die A GmbH habe in der Zeit der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer Lohnsteueranmeldungen für die Zeiträume November 2012 bis Januar 2013 eingereicht und die angemeldeten Lohnsteuerabzugsbeträge bisher nicht bezahlt. Der Kläger hafte als Geschäftsführer gemäß § 191 Abs. 1 i.V.m. §§ 69, 34 AO. Die A GmbH sei nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Arbeitgeberin verpflichtet gewesen, die angemeldeten Lohnsteuerbeträge abzuführen. Sie hafte dafür gemäß § 42d EStG. Gemäß § 34 Abs. 1 AO i.V.m. § 35 GmbHG habe die Verpflichtung zur Abführung den Kläger getroffen. Als Geschäftsführer habe er insbesondere dafür Sorge zu tragen gehabt, dass die von den Arbeitnehmern der A GmbH einbehaltenen Lohnsteuern aus den verwalteten Mitteln an das Finanzamt abgeführt würden. Dieser Verpflichtung sei der Kläger im Hinblick auf die für die Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume November 2012 bis Januar 2013 angemeldeten Lohnsteuerabzugsbeträge nicht nachgekommen. Die Verpflichtung habe er zumindest grob fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich verletzt. Die Verletzung der Pflicht zur Abführung der einbehaltenen Lohnsteuer durch einen Geschäftsführer des Arbeitgebers sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs regelmäßig...

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