rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abweichung zwischen steuerlichem Einlagekonto und handelsrechtlicher Kapitalrücklage ist keine offenbare Unrichtigkeit. grobes Verschulden bei unterlassener Geltendmachung günstiger Umstände vor Rechtskraft des Steuerbescheids

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das steuerliche Einlagekonto muss nicht mit der handelsrechtlichen Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 HGB übereinstimmen. Eine Abweichung ist daher auch dann keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 129 AO, wenn dem FA bei Erlass des Bescheides über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos der entsprechende Gesellschafterbeschluss über die Einlageleistung vorgelegen hat.

2. Handelsrechtlich kann die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB auch durch die Einräumung einer Forderung gegen einen Gesellschafter gespeist werden, während ein Zugang zum steuerlichen Einlagekonto den Zufluss der Mittel voraussetzt.

3. Der Steuerpflichtige oder sein Berater verletzt die von ihm zu fordernde Sorgfaltspflicht, wenn es er trotz Kenntnis später eingetretener Umstände unterlässt, diese noch vor Bestandskraft des Steuerbescheides zu seinen Gunsten geltend zu machen. Im Streitfall war grobes Verschulden darin zu sehen, dass Abweichungen zwischen erklärtem und festgestelltem steuerlichen Einlagekonto in Bescheiden für mehrere aufeinander folgende Feststellungszeitpunkte nicht erkannt und geltend gemacht wurden, so lange Bescheid für den ersten Feststellungszeitpunkt noch unter Vorbehalt der Nachprüfung stand.

 

Normenkette

AO §§ 129, 173 Abs. 1 Nr. 2, § 164 Abs. 2; KStG § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 38 Abs. 1; HGB § 272 Abs. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) für die Jahre 2007 bis 2013.

Die im Jahre 2000 gegründete Klägerin betreibt den Vertrieb von Software.

Sie reichte am 12. Februar 2009 bei dem Beklagten ihren Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007 sowie die Steuererklärungen für das Jahr 2007 ein. Der Jahresabschluss wies in der Bilanz eine Kapitalrücklage in Höhe von 2.971.900,00 Euro aus. Im Vorjahr hatte die Kapitalrücklage 1.960.000,00 Euro betragen. In der Feststellungserklärung nach § 27 KStG erklärte die Klägerin ein steuerliches Einlagekonto zum 31. Dezember 2007 in Höhe von 1.960.000,00 Euro. Die Sachbearbeiterin des Beklagten veranlagte die Jahressteuern 2007 erklärungsgemäß, allerdings im Hinblick auf eine geplante steuerliche Außenprüfung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Sie leitete sodann den Vorgang zur Freigabe an den Sachgebietsleiter weiter. Dieser gab den Fall frei, vermerkte aber auf einer Haftnotiz, dass die Sachbearbeiterin die im Vergleich zum Vorjahr wesentlich erhöhte Kapitalrücklage überprüfen möge. Am 22. April 2009 bat die Sachbearbeiterin die Klägerin um Erläuterung der Erhöhung der Kapitalrücklage im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007 und um Vorlage des entsprechenden Gesellschafterbeschlusses. Am 29. Juli 2009 teilte die Klägerin dazu mit, dass es sich um einzelne Zahlungen der Muttergesellschaft zum Zwecke der besseren Kapitalausstattung gehandelt habe. Den entsprechenden Gesellschafterbeschluss vom 20. Dezember 2007 reichte die Klägerin am 27. August 2009 ein. Die mittlerweile zuständig gewordene Sachbearbeiterin fertigte daraufhin einen Blattverweis zum abgelegten Gesellschafterbeschluss auf der von dem Sachgebietsleiter angebrachten Haftnotiz. Da die Steuerbescheide für 2007 zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gegeben waren, vermerkte die Sachbearbeiterin, dass der Sachgebietsleiter bereits mitgezeichnet und die Freigabe erklärt habe; sie, die Sachbearbeiterin, habe keine weiteren Änderungen vorgenommen, und verfügte die Freigabe ohne weitere Vorlage beim Sachgebietsleiter.

Mit dem danach ergangenen Bescheid vom 9. September 2009 stellte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2007 gesondert auf 1.960.000 Euro fest. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 22. Februar 2010 reichte die Klägerin ihren Jahresabschluss zum 31. Dezember 2008 und die Steuererklärungen für das Jahr 2008 bei dem Beklagten ein. Der Jahresabschluss wies in der Bilanz eine Kapitalrücklage in Höhe von 3.776.900,00 Euro aus. In der Feststellungserklärung nach § 27 KStG erklärte die Klägerin ein steuerliches Einlagekonto zum 31. Dezember 2008 in Höhe von 2.971.900,00 Euro. Sie reichte dazu einen Gesellschafterbeschluss vom 19. Dezember 2008 ein, aus dem sich ergab, dass im Laufe des Jahres 2008 insgesamt 805.000 Euro in die Kapitalrücklage eingestellt worden waren. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 18. März 2010 das steuerliche Einlagekonto zum 31. Dezember 2008 gesondert und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 2.790.000,00 Euro fest. Dieser Betrag ergab sich aus dem um 805.000,00 Euro zuzüglich 25.000,0...

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