Entscheidungsstichwort (Thema)

Sprachaufenthalt eines Kinds im Ausland im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses mit Sprachunterricht als Berufsausbildung im kindergeldrechtlichen Sinn

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Sprachaufenthalt eines volljährigen Kindes im Rahmen eines Au-Pair Verhältnisses, der von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet wird, kann im Regelfall nur dann als Berufsausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne anerkannt werden, wenn der wöchentliche Sprachunterricht mindestens 10 Stunden beträgt.

2. Eine Ausnahme von dem Mindestmaß des Sprachunterrichts mit mindestens 10 Wochenstunden wird von der BFH-Rechtsprechung z.B. anerkannt, wenn der Sprachkurs der üblichen Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluss dient und das Kind den Prüfungsabschluss anstrebt, oder wenn Einzelunterricht in Verbindung mit umfänglicheren Vor- und Nacharbeiten erteilt wird oder neben dem Sprachunterricht zusätzliche fremdsprachliche Aktivitäten – wie die Teilnahme an Vorlesungen oder das Halten von Vorträgen in der Fremdsprache – unternommen werden.

3. Ein solcher Ausnahmefall ist nicht gegeben, wenn das volljährige Kind später ein Studium der Internationalen Betriebswirtschaft aufnehmen will und an der „Wunsch”-Universität ein Auslandssprachaufenthalt zwar als qualifizierende Auslandserfahrung Bonuspunkte im Rahmen der Vergabe des Studienplatzes bringt, wenn er aber nicht in der Studienordnung empfohlen wird und die für das Studium erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse nur durch Noten im Abiturzeugnis oder durch die Teilnahme an einem Sprachkurs von mindestens einjähriger Dauer nachgewiesen werden können.

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 63 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger für die Zeit vom 1. August 2004 bis 31. Mai 2005 Anspruch auf Kindergeld für die Tochter M. hat.

M. (geboren am … 1984) war von August 2004 bis September 2005 als Au-Pair in den USA. Während ihres Aufenthalts in den USA besuchte sie vier Sprachkurse mit einem Umfang von insgesamt 163 Stunden (Blatt 161 ff. der Kindergeldakte) und zwar:

  • 3 Wochenstunden „Intermediate Grammer” (insgesamt 42 Stunden in der Zeit vom 1. September 2004 bis zum 13. Dezember 2004)
  • 4 Wochenstunden „Authentic Spoken English” (insgesamt 50 Stunden in der Zeit vom 31. Januar 2005 bis 28. April 2005)
  • 2,5 Wochenstunden „Let's talk” (insgesamt 35 Stunden in der Zeit vom 9. Februar 2005 bis 12. September 2005)

„American Goverment an Politics” (insgesamt 36 Stunden in der Zeit vom 8. Juli 2005 bis 10. Juli 2005).

Darüber hinaus besuchte M. vom 19. Juli 2004 bis zum 23. Juli 2004 einen Au-Pair Workshop in New York. Zum Sommersemester 2006 begann. Die Tochter des Klägers ein Studium der Internationalen Betriebswirtschaft – Interkulturelle Studien an der Hochschule H.. Dieser Studiengang ist zulassungsbeschränkt. Die Auswahl der Bewerber erfolgt nach einer Rangliste, in die verschiedene Kriterien einließen. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 der Satzung über das Auswahlverfahren (Blatt 61 ff. der Gerichtsakte) vermittelt die qualifizierende Auslandserfahrung, zu der nach telefonischer Auskunft der Hochschule auch ein Aufenthalt als Au-Pair zählt, bis zu 10 v.H. der erzielbaren Rankingpunkte. Ein Großteil der Lehrveranstaltungen des Studiums wird in englischer Sprache angeboten (Diplom Studiengang SPO 3 Konzept; Konzeption des Bachelor-Studiengangs ≪Blatt 64 ff. der Gerichtsakte≫). Im Grundstudium werden sowohl die Grundlagen in Betriebswirtschaft als auch in den Wirtschaftssprachen (Englisch, Arabisch und Französisch/Spanisch) vermittelt (Konzeption des Bachelor-Studiengangs ≪Blatt 64 ff. der Gerichtsakte≫).

Mit Bescheid vom 13. Juni 2005 hat der Beklagte die Kindergeldfestsetzung für die Tochter M. des Klägers ab dem 1. August 2004 aufgehoben, da der Au-Pair Aufenthalt nicht als Berufsausbildung anzuerkennen sei und das für die Zeit vom 1. August 2004 bis 31. Mai 2005 gezahlte Kindergeld zurückgefordert.

Hiergegen wendet sich der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren mit vorliegender Klage.

Der Au-Pair Aufenthalt von M. sei als Berufsausbildung anzuerkennen. Das Kind habe in ausreichendem Umfang theoretisch-systematische Sprachkursen belegt. Insbesondere sei der Kurs „American Goverment and Politics” als solcher anzuerkennen. Auch die Ausbildungsstelle habe dies bestätigt (Blatt 165, 208 der Kindergeldakte). Der erforderliche Umfang der Sprachausbildung richte sich nach den Gesamtumständen des Einzelfalls. Im Streitfall müsse dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Au-Pair Aufenthalt die Chancen von M. auf Zulassung zum Studium verbessert habe. Dadurch und dem Umstand, dass viele Vorlesungen in englischer Sprache abgehalten würden, werde ein Sprachaufenthalt im Ausland dem Studienbewerber quasi empfohlen. Damit bestehe ein hinreichender Bezug zwischen dem Aufenthalt als Au-Pair in den USA und dem angestrebten Beruf, so dass die Zeit in den USA auch bei e...

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