Alle Erwerbsvorgänge von einer Person (alle Schenkungen sowie ein eventuell daran anschließender Erwerb von Todes wegen) innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren sind zusammenzurechnen.[1] Dabei müssen alle Erwerbsvorgänge innerhalb dieses Zeitraums mit ihren Werten zum jeweiligen Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung angesetzt werden.

 
Wichtig

Keine Neubewertung für Vorschenkungen

Vorschenkungen innerhalb des Zeitraums von 10 Jahren werden immer mit dem "historischen" Wert angesetzt, eine Neubewertung nach den Verhältnissen des letzten Erwerbs findet damit nicht statt. Teilweise führt dies in der Praxis zu Problemen, wenn z. B. ein Grundstück geschenkt wurde, eine schenkungsteuerliche Bewertung aber nicht durchgeführt wurde, weil der Wert offensichtlich unter dem Freibetrag lag. Wenn dann Jahre später aufgrund einer weiteren Schenkung oder eines Erwerbs von Todes wegen eine Bewertung erfolgen muss, müssen für die Bewertung des Grundstücks Daten ermittelt werden, die bis zu 10 Jahre zurückliegen können.

Die Zusammenrechnung der Erwerbe innerhalb von 10 Jahren führt dazu, dass bei der Steuerberechnung des Letzterwerbs eine Steuer auf den gesamten Erwerb berechnet wird. Aus diesem Grund muss die Steuer, die schon bei früheren Erwerben entrichtet werden musste, auf die Steuer des Letzterwerbs angerechnet werden. Da sich aber in der Zwischenzeit Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen wie auch in den steuerlichen Rahmenbedingungen ergeben haben können, ist zuerst eine fiktive Steuer auf den früheren Erwerb zu berechnen, wie sie nach den heutigen Verhältnissen erhoben worden wäre.

Dabei muss beachtet werden, dass es bei der Berücksichtigung von Vorschenkungen eine doppelte Begrenzung bezüglich der Steuer der Vorerwerbe gibt: In einer "Schattenberechnung" wird ermittelt, zu welcher Steuer die frühere Schenkung unter Berücksichtigung der heutigen persönlichen Verhältnisse geführt hätte. Diese fiktive Steuer wird von der Steuer für den Gesamterwerb abgezogen, darf aber die nur für die aktuelle Schenkung berechnete Steuer nicht unterschreiten. Ist allerdings die tatsächlich für den Vorerwerb entrichtete Steuer höher als die fiktiv ermittelte Steuer, wird die höhere tatsächlich entrichtete Steuer angerechnet. Durch diese doppelte Begrenzung nach § 14 ErbStG werden neben Nachversteuerungen bei einem Systemwechsel auch Nachteile bei Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen (z. B. Eheschließung, Scheidung) vermieden.

 
Wichtig

Begrenzung der Steuer bei Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe

Die für jeden weiteren Erwerb festgesetzte Steuer darf auch nicht mehr als 50 % dieses Erwerbs überschreiten.[2]

Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Werte der Vorschenkungen immer nach den Bewertungs- und Begünstigungsvorschriften zu berücksichtigen sind, die zum Zeitpunkt des damaligen Erwerbs in Kraft waren. Allerdings darf bei der "Schattenberechnung" für den damaligen Erwerb der persönliche Freibetrag nur in der Höhe berücksichtigt werden, wie er sich bei der damaligen Steuerberechnung auch tatsächlich ausgewirkt hat.[3] Eine Nachversteuerung durch eine Erhöhung der Steuerwerte kann damit nicht erfolgen, ebenso wenig ist eine Nachversteuerung durch Veränderung der Steuerklassen zwischen den Beteiligten möglich. Unterlag begünstigtes Vermögen nach § 13a ErbStG a. F. (in der Fassung vom 1.1.2009 bis 30.6.2016) in den Vorjahren einer Besteuerung bei einer Schenkung unter Lebenden, verbleibt es auch in diesem Fall bei der Schattenberechnung bei den nach altem Recht gewährten Begünstigungen.

Im Zusammenhang mit mehreren Erwerben ist (seit 2009) eine Mindestbesteuerung zu beachten. Danach darf die Steuer, die sich für den letzten Erwerb (also den jetzt der Besteuerung unterliegenden Erwerb) ohne Zusammenrechnung mit den früheren Erwerben ergibt, nicht durch den Abzug der Steuer unterschritten werden, die sich für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs ergibt.

Die Mindeststeuer in § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG soll nicht gerechtfertigte Steuervorteile verhindern, die sich im Zusammenhang mit der Berücksichtigung früherer Erwerbe bei der Steuerfestsetzung für einen späteren Erwerb ergeben könnten. Wenn die für einen Vorerwerb tatsächlich zu entrichtende Steuer höher war als die fiktiv dafür zu ermittelnde Steuer zur Zeit des Letzterwerbs, könnte es ohne die Mindestbesteuerung dazu kommen, dass die für den Letzterwerb festzusetzende Steuer nur 0 EUR beträgt, obwohl bei diesem Letzterwerb selbst erhebliche Vermögenswerte übertragen werden. Der Abzug der Steuer auf den Vorerwerb ist deshalb zu begrenzen. Die Steuer, die sich nach den geltenden Vorschriften für den Letzterwerb ohne Zusammenrechnung ergibt, bildet die Untergrenze der für diesen Erwerb festzusetzenden Steuer.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung der Mindeststeuer

M schenkte im Jahr 2014 seiner Freundin F ein Mietwohnhaus mit einem Grundbesitzwert von 1,5 Mio. EUR. Nach Heirat schenk...

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