Leitsatz

Wird im Verfahren nach dem WEG die Nutzung von erworbenen Gebäudeteilen als Wohnung untersagt, rechtfertigt dies keine AfaA, wenn sich darin ein dem Kaufobjekt von vornherein anhaftender Mangel zeigt und die Parteien des Kaufvertrags die Gewährleistung hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten der Sache ausgeschlossen haben.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 Satz 4 (jetzt Satz 6) EStG 1983 , § 7 Abs. 4 Satz 3 EStG 1983 , § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG 1983

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Räumlichkeiten im Kellergeschoss, die in der Teilungserklärung als Hobbyraum beschrieben sind. Die Räume waren als Wohnung ausgestaltet und als solche vermietet. Die Verkäufer haben nach dem Kaufvertrag keine Gewähr zu leisten, "insbesondere nicht für den baulichen Zustand des Gemeinschafts- und Sondereigentums, für Richtigkeit der Flächenangabe im Grundbuch, Ertrag und Ausnützungsmöglichkeit für Zwecke des Käufers".

Auf Betreiben der Eigentümergemeinschaft verbot das Amtsgericht die Nutzung des Hobbyraums als Wohnung. Die Beschwerden wie auch die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags blieb in allen Instanzen ohne Erfolg, insbesondere im Hinblick auf den vertraglichen Ausschluss der Gewährleistung. Der Hobbyraum wurde bis zur Kündigung des Mieters wegen der gerichtlichen Nutzungsuntersagung für monatlich 665 DM vermietet. Nach Abschluss der Verfahren vor den Zivilgerichten vermietete ihn der Kläger ab März 1988 für monatlich 160 DM.

Wegen der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit des Hobbyraums machte der Kläger mit der Einkommensteuererklärung AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG geltend. Dem folgte das FA nicht. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Hiergegen richtet sich die Revision.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH liegen die Voraussetzungen für AfaA nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 4 (jetzt Satz 6), Abs. 4 Satz 3 EStG nicht vor, weil der erworbene Hobbyraum bereits bei Lieferung mit einem Mangel behaftet war: seine Nutzungsbeschränkung ergebe sich aus tatsächlichen und rechtlichen Eigenschaften des Kaufgegenstands.

Auch das auf Betreiben der Eigentümergemeinschaft gerichtlich verfügte Nutzungsverbot im Verfahren nach dem WEG rechtfertigte keine AfaA. Denn darin realisiere sich nur der dem Kaufobjekt von Anfang an anhaftende Mangel; denn im notariellen Kaufvertrag über den Hobbyraum hätten die Vertragsparteien die Gewährleistung insoweit ausgeschlossen. Deshalb sei die "Ausnutzungsmöglichkeit" für Zwecke des Käufers – also des Klägers – ein Umstand, der sich in der Bemessung des Kaufpreises bereits ausgedrückt habe. Hierauf komme es für die AfaA entscheidend an (BFH, Urteil vom 31.1.1963, IV 119/59 S, BStBl III 1963, 325).

 

Hinweis

Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) setzen entweder eine Substanzeinbuße eines bestehenden Wirtschaftsguts (technische Abnutzung) oder eine Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeit (wirtschaftliche Abnutzung) voraus (vgl. BFH, Urteil vom 9.7.2002, IX R 29/98, BFH/NV 2003, 21 m.w.N.).

Maßstab für die Nutzbarkeit ist das bestehende Wirtschaftsgut in dem Zustand, in dem es sich bei Erwerb befindet. Ein zu diesem Zeitpunkt bestehender Mangel ist in diesen Maßstabzustand mit eingegangen und kann ihn deshalb nicht ändern oder in seiner Nutzbarkeit mindern (vgl. Flies, BB 1996, 2169 f., 2170). Dementsprechend kann eine AfaA auch bei mangelhaften Bauleistungen an einem noch nicht fertig gestellten Gebäude nicht geltend gemacht werden, selbst wenn die Baumängel erst nach Fertigstellung entdeckt werden (BFH, Urteil vom 27.1.1993, IX R 146/90, BStBl II 1993, 702; a.A. aber Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 7 EStG Rdnr. B 139).

Ein bloßes Ungleichgewicht der aufgewendeten Kosten und des Werts der erlangten Leistung rechtfertigt AfaA ebenso wenig wie eine von vornherein bestehende Beschränkung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Mangel entsteht, bevor das Gebäude, das der Steuerpflichtige herstellen ließ, fertig gestellt ist oder ob der Steuerpflichtige ein bereits mangelhaftes Gebäude erwirbt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.1.2004, IX R 30/02

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