Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verwertung einer Erfindung im eigenen gewerblichen Betrieb des Erfinders.
Verordnung über die einkommensteuerliche Behandlung der freien Erfinder vom 30. Mai 1951 (BGBl.
Normenkette
ErfVO 3; ErfVO 4; ErfVO 5
Tatbestand
Der Bf. hat ein Verfahren entwickelt und auch darauf ein Patent erteilt erhalten. Durch das Verfahren wird bisher unverwertbarer bzw. schlecht verwertbarer Sand für Formereizwecke (Giessereien) industriell verwertbar gemacht. Das Verfahren ist durch Erlasse des Bundeswirtschaftsministers sowie des Finanzministers und des Wirtschaftsministers des zuständigen Landes als volkswirtschaftlich wertvoll anerkannt worden.
Der Bf. hat im Streitjahr ebenso wie in den Vorjahren an verschiedene Abnehmerfirmen aus seiner Sandgrube bisher nicht verwertbaren Sand geliefert. Er hat den Abnehmern sein Verfahren mündlich erläutert und dessen Anwendung gegen Zahlung eines Aufgeldes auf den Sandpreis gestattet. Dabei hat er auf den vorläufigen Patentschutz, den er durch die Anmeldung des Patentes genoß, hingewiesen. Lizenzgebühren sind den Abnehmern nicht getrennt in Rechnung gestellt worden. Nach Ansicht des Betriebsprüfers enthält das vom Bf. seinen Abnehmern in Rechnung gestellte Entgelt praktisch eine sogenannte Lizenzgebühr, da der Bf. einen kalkulatorischen Aufschlag je Tonne gelieferten Sandes berechnet und am Monatsende gesondert, im Warenausgangsbuch ausgewiesen hat. Der Bf. glaubt, alle Voraussetzungen für die Steuervergünstigung des § 4 Ziff. 3 der Verordnung über die einkommensteuerliche Behandlung der freien Erfinder vom 30. Mai 1951 (BStBl 1951 I S. 181) erfüllt zu haben. Der Prüfer hat sich dem zunächst angeschlossen.
Das Finanzamt vertrat nach Rückfrage bei der Oberfinanzdirektion die Ansicht, es handle sich wirtschaftlich bei dem Bf. um eine Verwertung der Erfindung im eigenen Betrieb, so daß nur die Vergünstigung des § 5 in Verbindung mit § 4 Ziff. 1 und 2, nicht jedoch die des § 4 Ziff. 3 der Verordnung in Betracht kommen könne.
Die gegen den Steuerbescheid eingelegte Sprungberufung des Bf. blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht sah ebenfalls eine Verwertung der Erfindung im eigenen Betrieb als gegeben an, da es auf die wirtschaftlich und nicht auf die technische Nutzung ankomme. Hier aber sei dem Bf. der mit den Sandlieferungen zusammenhängende Nutzen im Rahmen seines Gewerbebetriebes zugeflossen. Es komme hinzu, daß eine gesonderte Berechnung des Gewinnes aus der Erfindertätigkeit getrennt vom sonstigen Betriebsgewinn nicht möglich sei, da der Nutzen in verdeckter Form, nämlich in einem Aufpreis auf den Sand, angefallen sei, nicht aber in Form eindeutiger Lizenzgebühren. Eine getrennte Aufzeichnung, wie sie nach § 3 Ziff. 2 der Verordnung vom 30. Mai 1951 erforderlich sei, sei somit nicht in einwandfreier Weise durchgeführt worden, vielmehr sei für die Verwertung der Erfindung nur ein kalkulatorisch ermittelter Betrag je Tonne Sand angesetzt und am Monatsschluß im Warenausgangsbuch ausgewiesen worden. Die Versagung der Tarifvergünstigung sei daher berechtigt.
Mit der Rb. macht der Bf. unrichtige Rechtsanwendung geltend. Es wird ausgeführt, zu Unrecht habe es das Finanzgericht lediglich auf die wirtschaftliche Verwertung der Erfindung abgestellt. Verwertung könne aber nach der zur Zeit herrschenden Lehre immer nur technische Anwendung des Patentes bedeuten. Das Finanzgericht habe auch gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen, wenn es annehme, daß im Streitfall eine exakte Trennung des Aufbereitungs- und sonstigen Betriebsgewinnes nicht möglich sei. Betriebsprüfer und Finanzgericht hätten in mündlicher Verhandlung festgestellt, daß der Gewinn auf Grund einer genauen Kalkulation errechnet worden sei.
Das Finanzamt meint, der Bf. habe auch nach Sinn und Zweck der Verordnung, die die Weitergabe einer volkswirtschaftlich wertvollen Idee fördern wolle, die Steuervergünstigung nicht verdient, da er nicht die Aufbereitung von Sand schlechthin, sondern nur des von ihm gelieferten Sandes zugelassen habe. Es sei dasselbe, ob der Bf. den Sand in seiner Grube aufbereitet habe oder ob er die Aufbereitung von Sand, aber nur des ihm abgekauften Sandes, in fremden Betrieben gestattet habe. Die Erfindung werde nur bei den Produkten des Bf. verwertet, die - ohne die Erfindung unverkäuflich - nunmehr abgesetzt werden könnten. Der Hinweis auf die Begünstigung von Lizenzgebühren gehe fehl, weil der Lizenznehmer die Erfindung in seinem Betrieb im Falle der Lizenzvergebung so nutzen könne wie der Erfinder selbst. Lizenzgebühren würden aber im Streitfalle nicht gezahlt. Die ermittelten Gewinnanteile stellten nur Annäherungswerte dar, da den Abnehmern des Sandes nur ein einheitlicher Preis in Rechnung gestellt worden sei. Die Verordnung sei somit auf den Streitfall nicht anwendbar, zumal die Tätigkeit des Bf. nur eine Entdeckung, nicht aber eine patentfähige Erfindung zum Ziele gehabt habe.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Der Bf. erstrebt die Anerkennung der steuerlichen Vergünstigung des § 4 Ziff. 3 der Verordnung vom 30. Mai 1951, wonach die anteilige Einkommensteuer, die sich für die Einkünfte aus freier Erfindertätigkeit im Verhältnis zum Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt, nur zur Hälfte erhoben wird.
Der Begriff des freien Erfinders ergibt sich aus § 1 der Verordnung. Eine Erfindertätigkeit im Sinne dieser Verordnung ist die Tätigkeit, die auf die Erzielung einer patentfähigen Erfindung gerichtet ist. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob es tatsächlich zur Erteilung eines Patentes kommt. Danach ist der Bf. auch schon vom Finanzgericht mit Recht als freier Erfinder anerkannt worden. Dem Bf. ist auch schließlich nach anfänglicher Ablehnung durch das Bundespatentamt der Patentanspruch durch den Bundesgerichtshof zuerkannt worden.
Danach ist davon auszugehen, daß der Bf. eine Erfindertätigkeit im Sinne des § 2 der Verordnung ausgeübt hat, die letzten Endes auch zur Patenterteilung geführt hat. Weiter ist unbestritten, daß die oberste Wirtschaftsbehörde des zuständigen Landes anerkannt hat, daß der Versuch bzw. die Erfindung volkswirtschaftlich wertvoll sei (§ 3 Ziff. 1 der Verordnung).
Als weitere Voraussetzung für die Gewährung der steuerlichen Vergünstigung erfordert § 4 Satz 1 der Verordnung, daß die Erfindung nicht im eigenen gewerblichen Betrieb des Erfinders verwertet wird. Ferner muß eine gesonderte Ermittlung des auf die Erfindung entfallenden Gewinnes möglich sein (§ 3 Ziff. 2 der Verordnung). Bei Verwertung der Erfindung im eigenen gewerblichen Betrieb ist die einkommensteuerliche Vergünstigung des § 4 Ziff. 3 der Verordnung nicht anwendbar, wohl aber sind es die Vergünstigungen des § 4 Ziff. 1 und 2 (vgl. § 5). Es kann hier zunächst dahingestellt bleiben, ob für die Frage der Verwertung die technischmechanische Verwendung und Ausnutzung des Patentes oder die wirtschaftliche Verwendung entscheidend ist, wie das Finanzamt meint, wonach es darauf ankommen soll, ob der Nutzen aus dem Patent letzten Endes dem Betrieb zugute kommt, was bei der Art der Zuschlagsberechnung des Bf. für den gelieferten Sand hier unstreitig der Fall ist. Das Finanzamt sieht eine Verwertung des Patentes im eigenen Betrieb jedenfalls darin, daß der Bf. den Sand seinen Abnehmern liefert und ihnen, und bislang nur ihnen, die Aufbereitung unter Ausnutzung seines Patentes gestattet. In diesem Verfahren des Bf. müsse, so meint das Finanzamt, ein einheitlicher Vorgang gesehen werden, der als Nutzung der Erfindung im eigenen Betrieb zu bewerten sei.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen, Daß eine Verwertung im eigenen Betrieb dann vorliegen würde, wenn eine Herstellung oder Bearbeitung von Wirtschaftsgütern nach einer durch ein Patent geschützten Erfindung im Betrieb des Erfinders selbst erfolgen würde, kann nicht zweifelhaft sein. So liegt jedoch der Sachverhalt hier nicht. Der Bf. bearbeitet den Formsand nicht selbst, sondern gestattet lediglich seinen Sandabnehmern dessen Bearbeitung nach den Regeln seines Patentes. Die endgültige Anwendung des Patentes (Verwertung) erfolgt also nicht im Betrieb des Bf., sondern in den Betrieben der Sandabnehmer. Die Tätigkeit des Erfinders wird hier nicht durch eine weitere, auf die Ausnutzung gerichtete Tätigkeit des Erfinders selbst ergänzt, sondern diese aufbereitende Tätigkeit wird von dritten Personen, denen der Bf. die Ausnutzung des Patentes gestattet hat, durchgeführt. Eine Verwertung im eigenen Betrieb liegt demnach nicht vor (siehe Ringleb, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 3 S. 1457, 1460, und Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 21 a zu § 15 EStG und Anm. 26 zu § 18 EStG). Der Betriebsprüfer hat offenbar auch aus diesem Grund die begehrte Tarifvergünstigung zugelassen. Es ist davon auszugehen, daß die Lizenznehmer die Aufbereitung des Sandes nicht als Erfüllungsgehilfen des Bf., sondern im eigenen Namen vornehmen.
Das von dem Bf. geübte und von der Betriebsprüfung gebilligte Verfahren der kalkulatorischen Ermittlung des auf die Gestattung der Ausnutzung des Patentes entfallenden Gewinnes kommt wirtschaftlich betrachtet der Zahlung einer Lizenzgebühr der Sandbezieher an den Bf. gleich und wird auch durchweg im Schriftverkehr des Bf. mit den Behörden usw. als Lizenzgebühr bezeichnet. Die Höhe des aus der Nutzung des Patentes anfallenden Gewinnes ist vom Betriebsprüfer kalkulatorisch ermittelt worden. Der Bf. bestreitet diese Gewinnhöhe nicht. Der Senat hat ebenfalls keine Bedenken gegen Ermittlung und Höhe des tarifbegünstigten Gewinnes.
Nach der Feststellung des Betriebsprüfers hat der Bf. die Aufschlagsbeträge im Warenausgangsbuch ausgewiesen. Nach Ansicht des Senats hat er damit der Forderung des § 3 Ziff. 2 der Verordnung genügt.
Nach alledem liegt eine Verwertung der Erfindung im eigenen gewerblichen Betrieb des Bf. nicht vor, wofür es ohne Bedeutung ist, daß die Einkünfte auch hinsichtlich der sogenannten Lizenzen gewerblicher Natur sind.
Fundstellen
Haufe-Index 409592 |
BStBl III 1960, 189 |
BFHE 1960, 504 |
BFHE 70, 504 |