Leitsatz (amtlich)

Bei Pauschalzuweisungen an betriebliche Pensionskassen mit Rechtsanspruch der Leistungsempfänger kann der Freibetrag nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 LStDV 1965 auch für die Empfänger von Leistungen aus der Pensionskasse zu gewähren sein, wenn das Deckungskapital der Pensionskasse einen Fehlbetrag aufweist oder die Zuweisungen aus anderen Gründen als Arbeitslohn der Leistungsempfänger anzusehen sind.

 

Normenkette

EStG 1967 § 19; LStDV 1965 § 2 Abs. 3 Nr. 2

 

Tatbestand

I. Sachverhalt und Entscheidung des FG

1. Die Klägerin und Revisionsklägerin betreibt die "Ruhegeldkasse der X-Straßenbahn VVaG" (Ruhegeldkasse). Mitglied der Ruhegeldkasse wird grundsätzlich jeder Betriebsangehörige. Nach § 6 der Satzung sind die Mitglieder von der Beitragszahlung befreit. Die Revisionsklägerin zahlt monatlich einen Betrag in Höhe von 5 v. H. der Lohn- und Gehaltssumme, die der Zahl der am Ende des Beitragsmonats vorhandenen Mitglieder entspricht.

Die Revisionsklägerin hat im ersten Halbjahr 1967 Beiträge zur Ruhegeldkasse in Höhe von ... DM entrichtet. Sie hat den Freibetrag von 312 DM gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 LStDV 1965 für 1 297 aktive Arbeitnehmer und 961 Ruhegeldempfänger in Anspruch genommen und daraufhin für die bezeichnete Zuwendung an die Ruhegeldkasse Lohnsteuer nicht entrichtet. Das FA hat aufgrund des Ergebnisses einer Lohnsteuer-Außenprüfung die Freibeträge für die Ruhegeldempfänger versagt und für einen Teil der Zuwendung in Höhe von ... DM eine pauschale Lohnsteuer von 8 v. H. nachgefordert. Das FA stützte sich dabei auf zwei Erlasse des Senators für die Finanzen Bremen von 28. Januar 1966 und 10. März 1967, in denen ausgeführt ist, daß bei einer pauschalen Zuweisung an eine Pensionskasse der Freibetrag von 312 DM im Kalenderjahr nur für die in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis stehenden Arbeitnehmer berücksichtigt werden könne.

2. Gegen die Lohnsteuer-Nachforderung erhob die Revisionsklägerin Klage, die abgewiesen wurde, soweit es sich um den im Revisionsverfahren noch streitigen Teil der Lohnsteuer-Nachforderung handelt.

Das FG führte u. a. aus, man könnte zweifeln, ob es sich bei den streitigen Leistungsempfängern um Zukunftsicherung handle. Man könnte die Auffassung vertreten, daß die Zukunft des Arbeitnehmers dann gesichert sei, wenn er nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst oder im Invaliditätsfalle Anspruch auf ein Ruhegehalt habe, wie es hier der Fall sei. Dann könnte man, sobald ein Arbeitnehmer die Altersgrenze erreicht habe, nicht mehr von Zukunftsicherung sprechen. Das FG brauche diese Überlegung jedoch nicht zu vertiefen; denn daß eine Ausgabe des Arbeitgebers der Zukunftsicherung des Arbeitnehmers diene und damit Arbeitslohn sei, setze voraus, daß ihm die betreffenden Zahlungen des Arbeitgebers zuzurechnen seien. Eine solche Feststellung habe das FG nicht treffen können. Nach seiner Auffassung habe die Revisionsklägerin die Frage, ob die streitigen Beträge einem Leistungsempfänger zugute kommen, nicht scharf genug von der Frage der Zurechnung getrennt. Es erscheine dem FG nicht zulässig, daraus, daß Zahlungen eines Arbeitgebers einem Arbeitnehmer auf irgendeine Weise zugute kommen, zu schließen, daß sie ihm auch als Arbeitslohn zuzurechnen seien. Die Ruhegeldzahlungen seien ihrem Wesen nach Versicherungsleistungen, und zwar Leistungen aus eine Art Lebensversicherung, wobei der Versicherungsfall beim einzelnen Arbeitnehmer mit dem Erreichen eines bestimmten Alters oder dann eintrete, wenn er dauernd arbeitsunfähig geworden sei. Hätte die Revisionsklägerin für jeden einzelnen Arbeitnehmer eine Lebensversicherung genommen, so bestünde kein Zweifel daran, daß mit dem Eintritt eines Versicherungsfalles die Verpflichtung zur Prämienzahlung entfiele und statt dessen der Versicherer zur Leistung verpflichtet wäre. Ob die vom Versicherer angesammelten Prämienreserven (Deckungskapital) ausreichten, die vertraglichen Leistungen zu erbringen, oder ob nach versicherungsmathematischen Berechnungen ein Fehlbetrag bestehe, sei dabei ohne Bedeutung. Das Risiko eines zu geringen Deckungskapitals gehe zu Lasten des Versicherers.

Übertrage man diese Überlegungen auf das Verhältnis zwischen der Revisionsklägerin bzw. der Ruhegeldkasse und ihren Arbeitnehmern, so könne für die Leistungsempfänger der Ruhegeldkasse nichts anderes gelten als für andere Lebensversicherte; auch hier sei eine Nacherhebung von Prämien (Beiträgen) ausgeschlossen. Die Beiträge würden nur für die aktiven Arbeitnehmer, nicht auch für die Leistungsempfänger entrichtet. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spreche auch, daß die von der Revisionsklägerin an die Ruhegeldkasse abzuführenden Beiträge sich nach der Summe der Löhne und Gehälter - nicht auch der Ruheständler - bemessen (§ 6 Abs. 2 der Satzung). Wenn es bei Oeftering-Görbing (Das gesamte Lohnsteuerrecht, Anm. 28 zu § 2 LStDV) heiße, der Freibetrag von 312 DM nach § 2 Abs. 3 LStDV sei auch für die Ruheständler zu berücksichtigen, wenn die Leistung zu ihren Gunsten bewirkt werde, so schließe sich das FG dieser nicht näher begründeten Ansicht nicht an.

Sei aber - wie im Streitfall - eine Beitragspflicht für Leistungsempfänger nicht festzustellen, so komme es nicht mehr darauf an, ob das Deckungskapital einen Fehlbetrag aufweise. Deshalb habe es nicht des von der Revisionsklägerin angebotenen Sachverständigengutachtens bedurft.

II. Begründung der Revision

Mit der Revision beantragt die Revisionsklägerin, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit dem Klageanspruch nicht entsprochen worden sei. Zur Begründung trägt sie u. a. folgendes vor.

Folge man dem Aufbau des § 2 LStDV und seinen Definitionen, so könne kein Zweifel bestehen, daß § 2 Abs. 2 LStDV auch die Arbeitnehmer aus einem früheren Dienstverhältnis als Arbeitnehmer im Sinne der LStDV behandle, daß die Ausgaben des Arbeitgebers auch nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 2 Abs. 3 LStDV zum Arbeitslohn dieser Arbeitnehmer gehörten und daß auf diese Ausgaben auch § 2 Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 LStDV anzuwenden sei, sie also nur insoweit zum Arbeitslohn gehörten, als sie im Kalenderjahr insgesamt 312 DM überstiegen. Bei der Zukunftsicherung seien die Ausgaben nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 Satz 5 LStDV, wenn wie hier der für den einzelnen Arbeitnehmer geleistete Teil der Ausgabe nicht in anderer Weise zu ermitteln sei, nach der Zahl der gesicherten Arbeitnehmer auf diese aufzuteilen. Daraus ergebe sich, daß auch der Freibetrag von 312 DM unter Einbeziehung der Pensionäre zu ermitteln sei.

Wenn, wie das FG meine, Zuwendungen der Revisionsklägerin an die Ruhegeldkasse den Ruheständlern nicht als Arbeitslohn zuzurechnen seien, so könne das Ergebnis nur sein, daß die Zuwendungen insoweit völlig lohnsteuerfrei bleiben müßten, ohne daß es auf die Freibeträge ankomme.

Daß die Satzung eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu Nachschüssen ausschließe und auch kein besonderer Vertrag über die Nacherhebung von Beiträgen geschlossen worden sei, sei unerheblich. Der satzungsmäßige Ausschluß einer Rechtspflicht verhindere nicht, daß der Arbeitgeber freiwillig Leistungen erbringe, um das Deckungskapital auf die erforderliche Höhe zu bringen oder um - was genauso häufig sei - die Kassenleistungen von Zeit zu Zeit den ständig steigenden Löhnen und Gehältern der aktiven Arbeitnehmer anpassen zu können.

Der BFH habe in mehreren Urteilen entschieden, daß Zuwendungen, die dazu dienten, den Währungsschwund einer Pensionskasse auszugleichen, weder bei den aktiven Arbeitnehmern noch bei den Ruheständlern Arbeitslohn seien (Urteil IV 331/53 U vom 11. Februar 1954, BFH 58, 597, BStBl III 1954, 139, und Gutachten VI D 1/57 S vom 27. März 1958, BFH 66, 670, BStBl III 1958, 258). Folge man dieser Ansicht des BFH, so wäre der Teil der Zuwendungen, der zur Auffüllung des Kassenvermögens zugunsten der Ruheständler bestimmt sei, überhaupt kein Arbeitslohn.

Auf die satzungsmäßige Berechnung der Beiträge zur Ruhegeldkasse nach der Lohn- und Gehaltssumme der aktiven Arbeitnehmer komme es nicht an, da diese selbst überhaupt keine Beiträge zu zahlen hätten. Die in § 6 Abs. 2 der Satzung festgelegten "5 v. H. der Lohn- und Gehaltssumme" seien nichts anderes als eine Art Abschlagszahlung, wobei der Ausgleich entstandener Fehlbeträge allein Sache der Revisionsklägerin sei, wenn sie nicht zu Leistungsherabsetzungen schreiten wolle, die sich in normalen Zeiten weder die Ruhegeldkasse noch die hinter ihr stehende Firma leisten könne.

Der Revisionsbeklagte (FA) beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

III. Entscheidung des Senats

1. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV gehören zum Arbeitslohn u. a. Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes sicherzustellen (Zukunftsicherung). Diese Ausgaben gehören nur insoweit zum Arbeitslohn, als sie im Kalenderjahr insgesamt 312 DM übersteigen. Ist bei Zukunftsicherung für mehrere Arbeitnehmer oder diesen nahestehende Personen (Sammelversicherung, Pauschalversicherung) der für den einzelnen Arbeitnehmer geleistete Teil der Ausgaben nicht in anderer Weise zu ermitteln, so sind die Ausgaben nach der Zahl der gesicherten Arbeitnehmer auf diese aufzuteilen.

Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftsicherung seiner Arbeitnehmer werden in verschiedener Form geleistet. Eine Form ist die Unterhaltung einer betrieblichen Pensionskasse mit Rechtsansprüchen der Arbeitnehmer auf die satzungsmäßigen Leistungen, wobei nach deren Satzung die Aufbringung der Beiträge entweder dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern gemeinsam oder - wie im Streitfall - allein dem Arbeitgeber obliegt. Betriebliche Pensionskassen werden regelmäßig - wie auch im Streitfall - in der Form eines Versicherungsvereins a. G. betrieben.

2. Die Frage, ob bei einer Zuwendung eines Arbeitgebers an eine Pensionskasse Freibeträge nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV auch für frühere Arbeitnehmer, die Leistungen aus der Ruhegeldkasse erhalten (Ruhegeldempfänger), abgezogen werden können, stellt sich nur, wenn diese Ruhegeldempfänger als Arbeitnehmer im Sinne des Lohnsteuerrechts angesehen werden können. Diese Frage ist zu bejahen. Denn die Leistungen aus der Ruhegeldkasse sind zwar kein Arbeitslohn, weil sie ganz oder teilweise auf früheren Beitragsleistungen des Arbeitnehmers beruhen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV). Zu den früheren Beitragsleistungen gehören auch Beiträge, die nicht von den Arbeitnehmern selbst, sondern vom Arbeitgeber entrichtet worden sind, den Arbeitnehmern aber als Arbeitslohn zugerechnet worden sind; dabei ist es unerheblich, ob sie wegen des 312-DM-Freibetrags nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV ganz oder teilweise lohnsteuerfrei geblieben sind und ob der Arbeitgeber im Wege der Pauschbesteuerung (§ 35b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a LStDV, Abschn. 55 Abs. 9 LStR) eine etwa anfallende Lohnsteuer übernommen hat. Die Bezüge aus der Ruhegeldkasse sind regelmäßig Leibrenten (vgl. Urteil des Senats VI 125/63 U vom 14. August 1964, BFH 80, 292, BStBl III 1964, 579, und Abschn. 167 Abs. 3 EStR 1967). Nach den Unterlagen ist davon auszugehen, daß dies auch im Streitfall zutrifft. Das besondere Verhältnis, in dem Arbeitgeber, Pensionskasse und Empfänger von Bezügen aus der Pensionskasse zueinander stehen, macht aber die Annahme möglich, daß Ruhegeldempfänger insoweit als frühere Arbeitnehmer des die Pensionskasse unterhaltenden Arbeitgebers angesehen werden, als letzterer noch Leistungen erbringt, die den Ruhegeldempfängern als Arbeitslohn zuzurechnen sind (sofern dies möglich ist, was noch zu untersuchen sein wird).

3. Die vom FG nicht näher geprüfte Frage, ob für Empfänger von Ruhegeld aus einer Pensionskasse dem Grunde nach eine "Zukunftsicherung" im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV überhaupt noch denkbar ist, muß bejaht werden. Bei den Besonderheiten der Finanzierung von Pensionskassen steht es nicht ein für allemal fest, daß mit dem Beginn der Zahlung der Bezüge aus der Pensionskasse diese Bezüge für die restliche Laufzeit der Rente des einzelnen Arbeitnehmers gesichert sind. Es kann aber sein, daß zur weiteren Ermöglichung der Leistungen oder auch zu deren Erhöhung noch weitere Zuwendungen des Arbeitgebers erforderlich werden. Dann wird die in den Kassenleistungen bestehende Alters- oder Invaliditätssicherung für die Zukunft nur durch diese Zuwendungen - ganz oder teilweise - sichergestellt. Es handelt sich also insoweit um eine echte "Zukunftsicherung". Zuwendungen des Arbeitgebers stellen in einem solchen Fall dem Grunde nach Arbeitslohn der Ruhegeldempfänger dar. Der - nicht näher begründeten - Auffassung von Bischoff in Weiß (Handbuch der betrieblichen Altersversorgung, Bd. I S. 467), auf Rentner entfallende Zuwendungen gehörten überhaupt nicht zum Arbeitslohn, folgt der Senat nicht.

4. Im Streitfall bemessen sich die Beiträge des Arbeitgebers nach der Lohn- und Gehaltssumme, die der Zahl der am Ende des Beitragsmonats vorhandenen Mitglieder entspricht (§ 6 Abs. 2 der Satzung). Das können nur die aktiven Arbeitnehmer sein, da die Ruhegeldempfänger nach den Ausführungen unter 2. (von den hier streitigen Zuwendungen des Arbeitgebers an die Ruhegeldkasse abgesehen) vom Arbeitgeber keinen Lohn und kein Gehalt mehr erhalten. Es ergibt sich die Frage, ob in einem solchen Fall Zuwendungen des Arbeitgebers an die Ruhegeldkasse, die den Ruhegeldempfängern als Arbeitslohn zuzurechnen wären, überhaupt denkbar sind. Der Senat hat im Urteil VI 93/61 S vom 2. August 1963 (BFH 77, 452, BStBl III 1963, 485) entschieden, der Freibetrag nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV sei an die Person des einzelnen Arbeitnehmers gebunden, sofern bei einer Zuwendung des Arbeitgebers an eine Pensionskasse der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Anteil einwandfrei ermittelt werden kann.

Der damalige Fall unterschied sich vom Streitfall dadurch, daß dort sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer einen bestimmten Vomhundertsatz des Arbeitslohnes des einzelnen Arbeitnehmers als Beitrag an die Pensionskasse zu entrichten hatten. In einem solchen Fall ist auch hinsichtlich der vom Arbeitgeber geleisteten Zuwendungen für mehrere Arbeitnehmer der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Teil der Gesamtzuwendung ausscheidbar und für die Errechnung der nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV zu gewährenden Freibeträge auszuscheiden. Anders ist die Sachlage im Streitfall. Da die Arbeitnehmer nach § 6 Abs. 1 der Satzung selbst keine Beiträge zu leisten haben, ist der in § 6 Abs. 2 der Satzung genannte Betrag von "5 v. H. der Lohn- und Gehaltssumme" tatsächlich nur eine Bemessungsgrundlage für die gesamte Beitragsleistung. Es handelt sich - wovon offenbar auch FA und FG ausgegangen sind - um eine Pauschalzuweisung, bei der der für den einzelnen Arbeitnehmer geleistete Teil der Ausgaben (wegen der in der Gesamtzuweisung möglicherweise enthaltenen Leistung zugunsten der Ruhegeldempfänger) nicht einwandfrei ermittelt werden kann, so daß die Gesamtzuweisung nach der Zahl der gesicherten Arbeitnehmer auf diese aufzuteilen ist (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 Satz 5 LStDV), wobei auch die Ruhegeldempfänger zu berücksichtigen sind, sofern die Gesamtzuwendung zum Teil auch ihnen zuzurechnen ist.

5. Die Finanzierung betrieblicher Pensionskassen weist - ihrer Eigenart entsprechend - Besonderheiten auf. Die Pensionskassen decken ihren Finanzbedarf regelmäßig durch sog. "Vorbeiträge". Bei den Pensionskassen ist eine Nachschußverpflichtung der Kassenmitglieder oder auch des Arbeitgebers in aller Regel nicht vorgesehen (auch im Streitfall ist eine Erhebung von Nachschüssen durch § 24 Abs. 3 Satz 3 der Satzung ausdrücklich ausgeschlossen). Das ist deshalb vertretbar, weil der Arbeitgeber als Träger der Pensionskasse etwaige Fehlbeträge abdecken wird. Insoweit kann festgestellt werden, daß die Grundsätze der Versicherungstechnik bei Pensionskassen oftmals nur "Hilfsmittel" sind. Im Gegensatz zu gewerblichen Versicherungsunternehmen sind Pensionskassen nicht darauf angewiesen (und werden auch von der Versicherungsaufsicht nicht dazu angehalten), Beiträge und Deckungsmittel unter Einschluß aller denkbaren Sicherheitsmomente zu berechnen, insbesondere versicherungstechnische Rücklagen (vgl. § 11 Nr. 2 KStG) in großem Umfang zu bilden. Vielmehr können sie wegen der finanziellen Verknüpfung mit dem Unternehmen, dessen Arbeitnehmer Mitglieder der Kasse sind, von vornherein Rechnungsgrundlagen benutzen, die nicht absolut, sondern nur mit hoher Wahrscheinlichkeit die Erfüllung der Leistungen gewährleisten (vgl. Koritz, Die Pensionskasse, Karlsruhe 1961 S. 50).

Die Pensionskassen arbeiten regelmäßig nach dem sog. "Anwartschaftsdeckungsverfahren" (vgl. hierzu im einzelnen Heißmann, Steuerfragen der betrieblichen Altersversorgung, 3. Aufl., Köln 1960 S. 197, und Bischoff in Weiß, Handbuch der betrieblichen Altersversorgung, Bd. I S. 460). Aus der im Streitfall maßgebenden Satzung ist nicht ersichtlich, daß ein anderes Verfahren als das Anwartschaftsdeckungsverfahren angewandt worden wäre.

Dabei wird aber von den Pensionskassen regelmäßig - so auch im Streitfall - ein "pauschales" Anwartschaftsdeckungsverfahren angewandt. Die Pensionskasse arbeitet nicht mit auf das einzelne Mitglied bezogenen und nach seinen persönlichen Verhältnissen errechneten Werten, sondern mit Rechnungsgrundlagen, die nicht absolut, sondern nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Erfüllung der satzungsmäßigen Leistungen ermöglichen. Das gilt auch für den Streitfall: Es werden "5 v. H. der Lohn- und Gehaltssumme" erhoben. Eine solche Bemessungsgrundlage hat den entscheidenden Vorteil, daß sie einfach zu handhaben ist und nicht oder doch regelmäßig nicht Veränderungen unterworfen wird. Bei den hiernach zu entrichtenden Beiträgen des Arbeitgebers kann es sich aber wegen ihrer pauschalen Bemessung notwendigerweise nur um Annäherungsbeträge handeln. Das ergibt sich klar aus § 24 der Satzung über die Notwendigkeit von Prüfungen durch einen versicherungsmathematischen Sachverständigen im Rahmen eines der Aufsichtsbehörde einzureichenden Gutachtens und die Auswertung ihrer Ergebnisse.

6. Hieraus ist klar ersichtlich, daß nach dem Beitragsbemessungssystem, das die (vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen genehmigte) Satzung vorsieht, die Entstehung von Überschüssen (Überdeckung) wie von Fehlbeträgen (Unterdeckung) als möglich angesehen und in Kauf genommen wird. Es kann also nicht als seblstverständlich vorausgesetzt werden, daß die Ruhegeldkasse in jedem Fall und für alle Zeit zur Leistung der satzungsgemäß vorgesehenen Bezüge in der Lage ist.

Es ist der Revisionsklägerin zuzugeben, daß es aus sozialpolitischen Erwägungen unter Umständen nicht angezeigt sein kann, die Kassenleistungen herabzusetzen, wie das § 24 Abs. 2 der Satzung bei einem Fehlbetrag ermöglicht. Ebenso kann es unter Umständen nicht angezeigt sein, die satzungsgemäßen Beitragsleistungen des Arbeitgebers (5 v. H. der Lohn- und Gehaltssumme) durch eine Satzungsänderung für die Zukunft allgemein zu erhöhen. In solchen Fällen sind einmalige Zuwendungen des Arbeitgebers zum Ausgleich des Fehlbetrags üblich (vgl. Koritz, a. a. O., S. 61/62; Hillert, BB 1967, 1198). Wenn auch mit guten Gründen eine Nachschuß pflicht des Arbeitgebers regelmäßig (so auch im Streitfall) ausgeschlossen ist, so hindert nichts den Arbeitgeber, freiwillige Zuwendungen zur Auffüllung des Fehlbetrags beim Deckungskapital zu machen. Wieweit solche Leistungen nach den Vorschriften des Gesetzes über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensionskassen und Unterstützungskassen bei den Steuern vom Einkommen und Ertrag (Zuwendungsgesetz) vom 26. März 1952 (BGBl I 1952, 206, BStBl I 1952, 227) abzugsfähige Betriebsausgaben sind, braucht in diesem Zusammenhang nicht untersucht zu werden. Jedenfalls geht das Zuwendungsgesetz in § 1 Abs. 5 von der Möglichkeit solcher Zuwendungen aus, indem es sie unbeschränkt für abzugsfähig erklärt, wenn sie dadurch entstanden sind, daß der tatsächliche Verlauf der Einnahmen und Ausgaben von den geschäftsplanmäßigen Rechnungsgrundlagen abgewichen ist oder daß sich die für die Pensionsgewährung satzungsgemäß maßgebenden Bezüge erhöht haben.

Solche einmaligen Zuwendungen zur Abdeckung von Fehlbeträgen beim Deckungskapital sind auch den Ruhegeldempfängern zuzurechnen; denn sie dienen dazu, die weitere Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Ansprüche zu sichern.

Es ist denkbar, daß die Ertragslage des Trägers der Pensionskasse nicht zuläßt, alsbald nach Feststellung eines Fehlbetrags beim Deckungskapital zu dessen Beseitigung eine Sonderzuwendung zu machen, sondern daß weiterhin die satzungsmäßigen Beiträge geleistet werden und die Versicherungsaufsicht hiergegen auch nichts einwendet, solange in absehbarer Zeit mit der Beseitigung des Fehlbetrags zu rechnen ist. In einem solchen Fall sind auch die satzungsmäßigen Beiträge zum Teil den Ruhegeldempfängern zuzurechnen. Denn solange das bei der versicherungstechnischen Prüfung als erforderlich festgestellte Deckungskapital nicht erreicht wird, die Pensionskasse also mit Unterdeckung arbeitet, aber trotzdem die Kassenleistungen in der bisherigen Höhe erbracht werden, dienen die satzungsmäßigen Zuwendungen mindestens teilweise auch der Sicherung der Ruhegeldempfänger und sind deshalb teilweise ihnen als Arbeitslohn zuzurechnen.

Es ist auch denkbar, daß eine einmalige Zuwendung des Arbeitgebers allein den Ruhegeldempfängern zuzurechnen ist, wenn sie nämlich allein dazu dient, deren Bezüge über den satzungsmäßig vorgesehenen Betrag zu erhöhen (wegen der steuerlichen Behandlung solcher Leistungen beim Arbeitgeber vgl. § 1 Abs. 6 des Zuwendungsgesetzes). So ist es denkbar, daß es der Arbeitgeber als Träger der Pensionskasse für angezeigt hält, die Kassenleistungen dem erhöhten Lohnniveau oder der Geldentwertung anzupassen, mag das auch auf freiwilliger Grundlage erfolgen. Eine solche Zuwendung wäre nur den Ruhegeldempfängern zuzurechnen.

7. Die Vorentscheidung, die die dargestellten Besonderheiten der Finanzierung betrieblicher Pensionskassen verkennt, kann keinen Bestand haben. Die Versicherung eines Arbeitnehmers bei einer betrieblichen Pensionskasse ist aus den dargestellten Überlegungen mit dem Abschluß von Lebensversicherungsverträgen bei gewerblichen Lebensversicherungsunternehmen zugunsten der Arbeitnehmer nicht zu vergleichen. Im letzteren Fall ist in der Tat regelmäßig die Leistung von Prämien nach Eintritt des Versicherungsfalles nicht denkbar, während bei Pensionskassen aus verschiedenen Gründen Zuwendungen des Arbeitgebers den Ruhegeldempfängern als Arbeitslohn zuzurechnen sein können.

8. Aus der Vorentscheidung ist nicht ersichtlich, welcher Sachverhalt der Leistung der Zuwendung in Höhe von 303 778 DM zugrunde liegt, ob es sich um die satzungsgemäßen Leistungen (§ 6 Abs. 2 der Satzung) handelt oder ob darin eine darüber hinausgehende Sonderzuwendung enthalten ist. Es ist ferner nicht ersichtlich, welches Ergebnis die letzte versicherungstechnische Prüfung hatte, insbesondere, ob hiernach eine Unterdeckung (Fehlbetrag) bei der Ruhegeldkasse bestand. Das FG wird diese Feststellungen nachzuholen und sodann nach den vorstehenden Grundsätzen zu entscheiden haben, ob und wieweit die Zuwendung den Ruhegeldempfängern zuzurechnen ist und ihnen Freibeträge nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV zu gewähren sind.

Das FG wird erforderlichenfalls auch zu prüfen haben, ob etwa ein Teil der Zuwendungen deshalb steuerfrei bleiben kann, weil er etwa noch der Wiederauffüllung des durch Währungsverluste zusammengeschmolzenen Kassenvermögens dient (vgl. BFH-Urteil IV 331/53 U, a. a. O., und BFH-Gutachten VI D 1/57 S, a. a. O.). Von dieser u. U. schwierigen Feststellung dürfte aber abgesehen werden können, falls bereits bei Anwendung der Freibeträge nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV in dem von der Revisionsklägerin beantragten Umfang die gesamte in Betracht kommende Zuwendung nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn zu rechnen ist.

Die Klägerin hat auf mündliche Verhandlung nicht verzichtet. Es erschien dem Senat aber zweckmäßig, einen Vorbescheid zu erlassen, da die entscheidenden Fragen solche tatsächlicher Art sind und deshalb auch durch eine mündliche Verhandlung vor dem Senat nicht abschließend geklärt werden könnten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413292

BStBl II 1972, 890

BFHE 1973, 11

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