Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenverteilung nach Erledigungserklärung und Kostenvereinbarung
Leitsatz (NV)
Es entspricht billigem Ermessen, einer vom Sach- und Streitstand ausgehenden Einigung der Beteiligten über eine gesetzlich zulässige Verteilung der Kosten des Verfahrens zu folgen.
Normenkette
FGO §§ 114, 114 Abs. 5, § 138 Abs. 1, 2 S. 1; ZPO § 920 Abs. 2
Tatbestand
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) betrieb gegen die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Steuerschulden und pfändete eine Vielzahl verschiedener beweglicher Gegenstände, einschließlich mehrerer Kraftfahrzeuge der Antragstellerin.
Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag auf Aufhebung der Pfändung im Wege einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung ab, die Antragstellerin habe die von ihr geltend gemachte Unbilligkeit der Zwangsvollstreckung wegen Überpfändung nicht schlüssig dargetan und glaubhaft gemacht.
Hiergegen legte die Antragstellerin Beschwerde ein.
Während des Beschwerdeverfahrens erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Dabei teilte das FA mit, es habe die Pfändung aufgehoben. Aufgrund des Vergleichs, der zur Erledigung des Rechtsstreits geführt habe, sei mit der Antragstellerin eine Vereinbarung auch hinsichtlich der Kostentragung getroffen worden. Danach solle die Antragstellerin ein Fünftel, das FA vier Fünftel der Kosten tragen.
Entscheidungsgründe
Nachdem übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten vorliegen, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt und die Vorentscheidung wirkungslos. Der Senat hat nur noch über die Kosten zu entscheiden.
Im Streitfall ist die Kostenentscheidung gemäß § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nach billigem Ermessen und nicht nach § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO zu treffen. Ein Erfolg des Antrags auf einstweilige Anordnung ist nicht nur davon abhängig, ob ein rechtlicher Anspruch auf die geforderte Maßnahme besteht, was Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 138 Abs. 2 FGO wäre (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 138 Rz. 32). Denn angesichts der Verpflichtung der Antragstellerin, im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO nicht nur einen Anordnungsanspruch, sondern auch einen Anordnungsgrund glaubhaft zu machen (§ 114 FGO i.V.m. § 920 ZPO), kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Antragstellerin im vorliegenden, nunmehr erledigten Verfahren ihr Begehren (Aufhebung der Sachpfändung) allein mit einer Darlegung der Rechtswidrigkeit der Pfändung hätte durchsetzen können, so daß es für die Kostenentscheidung auch nicht darauf ankommt, ob ein Antrag auf einstweilige Anordnung im Streitfall nicht schon aufgrund § 114 Abs. 5 FGO erfolglos geblieben wäre, weil die Pfändung als Verwaltungsakt zu behandeln gewesen und deshalb nur eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht gekommen wäre.
Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des FA haben die Beteiligten sich über die Verteilung der Kosten geeinigt. Eine solche Einigung ist zwar für das Gericht nicht bindend, sie kann jedoch als Anhalt für die Kostenentscheidung dienen, sofern die Kostenverteilung nicht dem Verfahrensrecht widerspricht (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Februar 1968 VI R 35/67, BFHE 91, 403, BStBl II 1968, 352, 353, vom 19. Februar 1970 I B 48/69, BFHE 98, 231, BStBl II 1970, 431, und vom 3. November 1972 I B 7/71 n.v.). Es entspricht darüber hinaus in aller Regel billigem Ermessen, einer vom Sach- und Streitstand ausgehenden Einigung der Beteiligten über eine gesetzlich zulässige Verteilung der Kosten des Verfahrens zu folgen (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 91, 403, ferner FG München, Beschluß vom 10. Mai 1984 IX 1/79 E, Entscheidungen der Finanzgerichte 1985, 76).
Fundstellen
Haufe-Index 423194 |
BFH/NV 1994, 732 |