Leitsatz

§ 5 Abs. 3 GrEStG setzt die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus und ist daher einschränkend dahin gehend auszulegen, dass – trotz der Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders – die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn aufgrund einer Anteilsschenkung eine Steuerumgehung objektiv ausscheidet.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 2, Nr. 6, § 5 Abs. 3 GrEStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, deren Kommanditist B war. Dieser hatte zuvor alle aktiven und passiven Vermögensgegenstände seines Einzelunternehmens einschließlich eines Grundstücks in X in die Klägerin eingebracht. Später schenkte er seinen Söhnen C und D sowie einer Frau E jeweils einen Anteil i.H.v. 16 % am Kommanditkapital der Klägerin.

Das FA setzte unter Berufung auf § 5 Abs. 3 GrEStG für die Grundstückseinbringung in die Klägerin GrESt für den auf E entfallenden Anteil des Grundstückswerts fest; i.H.d. verbleibenden Quote von 84 % wurde die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG nicht erhoben.

Der dagegen gerichteten Klage gab das FG (FG des Saarlands, Urteil vom 12.08.2008, 2 K 2417/04, Haufe-Index 2038262, EFG 2008, 1740) statt, weil keine für die Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG zu fordernde objektive Möglichkeit der Steuerumgehung gegeben sei.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Rechtsauffassung des FG und wies die dagegen erhobene Revision des FA als unbegründet zurück.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft die Grundsatzfrage, inwieweit § 5 Abs. 3 GrEStG bezogen auf die in § 3 GrEStG geregelten Steuerbefreiungen einschränkend auszulegen ist.

1. Bringt der Eigentümer eines Grundstücks dasselbe in eine Gesamthand ein, so wird die GrESt nach § 5 Abs. 2 GrEStG i.H. d. Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt war. Allerdings ist § 5 Abs. 2 GrEStG nach dessen Abs. 3 soweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert. Der Wortlaut des § 5 Abs. 3 GrEStG ist, indem er auf die "Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand" abstellt, sehr weit ausgefallen. Dies zeigt eindrücklich der Streitfall, in welchem die wörtlich genommenen Tatbestandsvoraussetzungen ohne Weiteres vorliegen, weil sich der Anteil des B am Vermögen der Klägerin durch die einbringungsnah vorgenommenen Schenkungen vermindert hatte.

2. Soweit B die Anteilsschenkungen an seine Söhne C und D vorgenommen hatte, hatte offenbar bereits das FA erkannt, dass eine Besteuerung derselben mit Blick auf § 3 Nr. 6 GrEStG nicht sachgerecht erscheint. Die Rechtsprechung geht seit langem davon aus, dass die relative Selbstständigkeit und Rechtsträgerschaft der Gesamthand es nicht ausschließen, dieser die persönlichen Eigenschaften der Gesamthänder quotal zuzurechnen (vgl. BFH, Urteile vom 27.10.1970, II 72/65, Haufe-Index 557323, BStBl II 1971, 278; vom 18.09.1974, II R 90/68, Haufe-Index 71308, BStBl II 1975, 360; vom 10.02.1982, II R 152/80, Haufe-Index 74288, BStBl II 1982, 481). Im Ergebnis führt dies dazu, den Rechtsgedanken des § 3 Nr. 6 GrEStG in der Weise auf die Vergünstigungsvorschrift des § 5 GrEStG zu übertragen, dass bei einer Verwandtschaft in gerader Linie i.S.d. § 3 Nr. 6 S. 1 GrEStG zwischen demjenigen, der ein Grundstück auf eine Gesamthand überträgt, und den an dieser Gesamthand beteiligten Gesamthändern das Nichtbeteiligtsein des Grundstücksveräußerers an der Gesamthand oder die planmäßige Aufgabe der gesamthänderischen Beteiligung eines grundstückseinbringenden Gesamthänders zugunsten eines mit ihm in gerader Linie Verwandten der Gewährung der Vergünstigung nach § 5 GrEStG nicht entgegensteht. Dabei wird über § 3 Nr. 6 GrEStG im Weg einer "interpolierenden Betrachtungsweise" lediglich das fehlende, jedoch von § 5 GrEStG vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal "Gesamthänder" ersetzt (vgl. BFH, Beschluss vom 26.02.2003, II B 202/01, BFH/NV 2003, 864, BFH/PR 2003, 279).

3. Bei der Schenkung an die familienfremde E kam allerdings nur die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG in Betracht, ohne dass recht erkennbar wäre, worin insoweit ein der Gesamthand zurechenbares "persönliches Merkmal" bestehen könnte. Vor diesem Problem stand offenbar auch der BFH, der einen anderen, besonders schlanken Lösungsweg ersonnen hat. Er stellt klar, dass § 5 Abs. 3 GrEStG mit Blick auf den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck teleologisch zu reduzieren ist. Die Norm dient vorrangig der Vermeidung von Steuerausfällen, indem durch die Mindestbehaltefrist verhindert werden soll, dass Grundbesitz steuerbegünstigt in eine Gesamthand eingebracht und unter bestimmten Voraussetzungen im Weg der Anteilsübertragung steuerfrei weitergegeben wird. Entsprechend versteht der BFH § 5 Abs. 3 GrEStGals Missbrauchsverhinderungsvorschrift, die folglich die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraussetzt. In den in § 3 Nr. 2 GrEStG genannten Fällen des Grundstückserwer...

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