Praxisfall

Bildung und Buchung einer Einzelwertberichtigung - mit Beispiel


Praxisfall Einzelwertberichtigung

Unter der Rubrik „Aus der Praxis ‒ für die Praxis“ greifen wir Kundenanfragen aus dem Bereich Jahresabschluss, Buchhaltung und Steuern auf, die ein Fachautor für uns beantwortet. Heute die Frage: Wann darf eine Forderung einzelwertberichtigt werden und wie wird dies in der Buchhaltung richtig abgebildet?

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es kein Einzelfall, dass Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Ein Weg sich finanziell Luft zu verschaffen, ist ein offenes Gespräch mit Geschäftspartnern. Erfährt man von der wirtschaftlichen Schieflage, muss richtig reagiert werden.

Hier ein Beispiel und wichtige Hintergrundinformationen, wann und wie eine Einzelwertberichtigung gebucht werden kann.

Einzelwertberichtigung (EWB): Beispiel, Hintergrund und Buchungsvorschlag

Beispiel:

Kfz-Händler Hans Groß hat gegen seinen Kunden Wolfgang Müller (Debitorenkonto 18312) eine noch offene Forderung i. H. v. 25.000 EUR. Mahnungen blieben bisher erfolglos. Anlässlich eines Telefonats teilt Wolfgang Müller mit, dass er sich in finanziellen Schwierigkeiten befinde und er deshalb höchstwahrscheinlich nur 80 % des Forderungsbetrags zahlen kann. Er erwarte jedoch in 2 Monaten den Eingang eines größeren Betrags. Sollte dieser eingehen, werde er auch den Rest bezahlen.

Lösung:

Hans Groß muss eine Wertberichtigung vornehmen. Da er auf diese Forderung nur einen teilweisen Zahlungseingang erwartet, muss er sie von den einwandfreien Forderungen trennen. Er bucht diese auf das Konto "Zweifelhafte Forderungen". Sodann schreibt er diese Forderung im Rahmen einer Einzelwertberichtigung ab. Weil der 20%ige Forderungsausfall noch nicht endgültig feststeht, darf Hans Groß die Umsatzsteuer nicht berichtigen.


Buchungsvorschlag: Direkte Abschreibung

Konto

SKR 03/04 Soll

Konten-

bezeichnung

Betrag

Konto

SKR 03/04 Haben

Konten-

bezeichnung

Betrag

1460/1240

Zweifelhafte Forderungen

25.000 EUR

18312/18312

Wolfgang Müller

25.000 EUR

2451/6923

Einstellungen in die Einzelwertberichtigung auf Forderungen

5.000 EUR

1460/1240

Zweifelhafte Forderungen

5.000 EUR

Folge:

Da hier die Forderung direkt abgeschrieben wurde, ist die ursprüngliche Forderungshöhe nicht mehr ersichtlich. Vielmehr weist die Bilanz nur noch den um die Forderungsberichtigung geminderten Betrag aus. Das sind 25.000 EUR (Nettobetrag) ./. 5.000 EUR (20%ige Forderungsberichtigung) = 20.000 EUR.


Buchungsvorschlag: Indirekte Abschreibung

Konto

SKR 03/04 Soll

Konten-

bezeichnung

Betrag

Konto

SKR 03/04 Haben

Konten-

bezeichnung

Betrag

1460/1240

Zweifelhafte Forderungen

25.000 EUR

18312/18312

Wolfgang Müller

25.000 EUR

2451/6923

Einstellungen in die Einzelwertberichtigung auf Forderungen

5.000 EUR

0999/1247

Einzelwertberichtigungen auf Forderungen – Restlaufzeit größer 1 Jahr

5.000 EUR

 

Bei dieser Abschreibungsmethode kann man den ursprünglichen Forderungsbestand jederzeit aus der Bilanz ersehen. Aus diesem Grunde sollten man sich für die indirekte Abschreibungsmethode entscheiden.

Forderungsbewertung: Es gilt das strenge Niederstwertprinzip

Im Rahmen der vorbereitenden Abschlussarbeiten müssen auch Forderungen hinsichtlich ihrer Werthaltigkeit überprüft werden. Dabei ist die Frage zu stellen, ob man mit dem Forderungseingang sicher rechnen kann oder ob dabei irgendwelche Wertkorrekturen vorgenommen werden müssen.

Sind wertmindernde Umstände oder gar ein völliger Ausfall zum Bilanzstichtag erkennbar, müssen diese Umstände in die Forderungsbewertung mit einfließen. Denn nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind.

Über Forderungen schwebt stets das Damoklesschwert der Zahlungsunfähigkeit des Kunden. Mit anderen Worten: Bei der Bewertung der Forderungen ist das strenge Niederstwertprinzip zu berücksichtigen. Der am Bilanzstichtag niedrigste Wert ist anzusetzen, denn der Kaufmann/Unternehmer darf sich grundsätzlich nicht reicher rechnen, als er ist.

Der Unternehmer muss also im Rahmen seiner Abschlussarbeiten die Echtheit seiner Forderungen prüfen. Dabei ist in erster Linie auf folgende Faktoren abzustellen:

  • Zahlungsschwierigkeiten der Kunden,
  • Zahlungsfähigkeit der Kunden und
  • sonstige Faktoren des Zahlungseingangs.

Bei der Forderungsbewertung müssen alle Umstände berücksichtigt werden, die am Bilanzstichtag gegeben waren.

Unter Umständen sind auch noch nach dem Bilanzstichtag bekannt gewordene Umstände zu berücksichtigen. Dies ist dann der Fall, wenn solche Umstände bis zum Bilanzstichtag eingetroffen (wertbegründend) sind, dem Unternehmer jedoch erst in dem Zeitraum zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung bekannt werden.

Einteilung von Forderungen: einwandfreie, uneinbringliche und zweifelhafte Forderungen

Entsprechend dem Ausfallwagnis sind Forderungen zu unterteilen in

  • einwandfreie Forderungen (voll werthaltig und damit nicht ausfallgefährdet),
  • zweifelhafte Forderungen und
  • uneinbringliche Forderungen.

Je größer das Ausfallwagnis ist, umso größer wird der Forderungsabschlag sein.

Uneinbringliche Forderungen: Das sind die Anzeichen

Stellt der Unternehmer nach den Verhältnissen zum Bilanzstichtag fest, dass sein(e) Kunde(n) endgültig nicht zahlen kann (können), gehört die Forderung in die Kategorie "uneinbringlich". Uneinbringliche Forderungen müssen abgeschrieben werden (ausbuchen). Auch für die Uneinbringlichkeit einer Forderung gibt es Anzeichen wie:

  • Das Amtsgericht hat den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt.
  • Der Kunde hat die eidesstattliche Versicherung abgegeben.
  • Zwangsvollstreckungen verliefen fruchtlos.
  • Der Kunde ist tot.
  • Der Kunde hat sich mit unbekanntem Ziel abgesetzt.
  • Er hat zu Recht Verjährungseinrede erhoben.

Diese Aufzählung ist nur beispielhaft. So ist nach der Rechtsprechung des BFH eine Entgeltberichtigung wegen Uneinbringlichkeit der Forderung schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auch ohne Klageerhebung möglich. Laut BFH ist eine Forderung bereits dann uneinbringlich, wenn

  • der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und
  • bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist,
  • dass der Leistende die Entgeltforderung jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann.

Das trifft nicht erst dann zu, wenn Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Die Forderung ist vielmehr bereits dann abzuschreiben, wenn der Leistungsempfänger das Bestehen der Forderung ganz oder teilweise substantiiert bestreitet und damit erklärt, dass er die Forderung ganz oder teilweise nicht bezahlen werde (BFH, Urteil v. 8.2.2012, V R 49/10).

In seinem Urteil vom 24.10.2013 geht der BFH sogar davon aus, dass eine Forderungsabschreibung möglich ist, wenn damit zu rechnen ist, dass der leistende Unternehmer seine Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (BFH, Urteil v. 24.10.2013, V R 31/12).

In seinem Urteil vom 31.5.2001 betont der BFH, dass die Uneinbringlichkeit einer Forderung nicht schon dann gegeben ist, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Eintritt der Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Entgeltanspruch nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (vollständig oder teilweise) auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann (BFH, Urteil v. 31.5.2001, V R 71/99).

Zweifelhafte Forderungen: Mögliche Faktoren

Hier steht – immer bezogen auf die Verhältnisse zum Bilanzstichtag – der endgültige Forderungsausfall noch nicht fest. Gleichwohl wird ein gänzlicher oder teilweiser Forderungsausfall erwartet.

Folgende Faktoren lassen Forderungen als zweifelhaft erscheinen:

  • Der Kunde befindet sich in Zahlungsverzug und reagiert nicht auf Mahnungen.
  • Über das Vermögen des Kunden ist das Insolvenzverfahren eröffnet oder er hat die Eröffnung beantragt.
  • Der Kunde hat ein schlechtes Rating, sodass er keinen Bankkredit mehr erhält.

In diesen Fällen kann eine Einzelwertberichtigung wie oben gezeigt, gebucht werden.


Schlagworte zum Thema:  Forderungsmanagement , Bilanzierung
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