Elektronische Rechnungen und Verfahrensdokumentation

Unter der Rubrik „Aus der Praxis für die Praxis“ greifen wir Kundenanfragen auf, die ein Fachautor für uns beantwortet. Heute eine Frage und deren Beantwortung zur Verfahrensdokumentation beim Digitalisieren von Rechnungen.

Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu den „neuen“ GoBD wirft in der Praxis viele Fragen auf. Im Topthema "Elektronische Rechnungen im ZUGFeRD-Datenfomat" wurde im 4. Kapitel: Das ersetzende Scannen von Originalunterlagen unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten betrachtet.

Die Frage war: "Da die im Artikel Ersetzendes Scannen erwähnte Muster-Verfahrensdokumentation vom März 2014 datiert sind, möchte ich mich erkundigen, ob sie trotzdem auch für die neue GoBD gültig ist?"

Die Antwort: ja  - die Muster-Verfahrens-Doku hält m.E. auch den neuen GoBD stand.

Seit 2011 können Rechnungen auch in elektronischer Form erstellt und archiviert werden. Um die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zu gewährleisten sind gewisse Regeln einzuhalten.

Zu unterscheiden sind folgende Fälle:

  • Erstellung elektronischer Belege,
  • Empfang elektronischer Belege und
  • Umwandlung von Papierbelegen in elektronische Belege (= Digitalisieren, Scannen).

Erstellung elektronischer Belege:

Bei der Erstellung von elektronischen Rechnungen muss sichergestellt sein, dass jeder Geschäftsvorfall genau einmal erfasst und berechnet wird. Es darf also nicht zum Nichterfassen oder Mehrfacherfassen von Geschäftsvorfällen kommen.

Danach beginnt ebenso wie bei elektronisch erhaltenen Rechnungen die Archivierung.

Hinweis: Nutzung von Office-Anwendung als Schreibmaschine

Werden Rechnungen mittels einer Maske in einer Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation erstellt und ausgedruckt und wird die Maske sodann zur Erstellung der nächsten Rechnung verwendet, ohne dass eine Speicherung erfolgt, liegen keine elektronischen Belege, sondern Papierbelege vor.

Empfang elektronischer Belege:

Werden elektronische Belege empfangen, muss hierbei sichergestellt werden, dass die Rechnung nur einmal und vollständig in das Rechnungswesen eingebunden wird (keine Doppelerfassung, keine mehrfachen Betriebsausgaben) und danach ordnungsgemäß archiviert wird (s.u.)

Digitalisierung, Scannen:

Bei der Digitalisierung erhaltener Geschäftsbriefe (hier Rechnungen) sind die Randziffern 130 bis 141 der im November 2014 neu gefassten GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff ) zu beachten.

Beim Scannen wird eine Bilddatei (z.B.: PDF, TIF) erstellt. Diese muss

  • mit dem Original bildlich übereinstimmen und
  • farbig sein, wenn der Farbe Beweisfunktion zukommt (Minusbeträge in roter Schrift, Zeichnungsvermerke in unterschiedlichen Farben).

Aufkleber (Bar-Codes etc.), die auf den Originalpapierbeleg aufgebracht werden, dürfen keine Informationen verdecken oder unkenntlich machen.

Nach dem Scannen darf nur noch das elektronische Dokument weiter bearbeitet werden (Dateierweiterungen etc.). Die Papierbelege sind der weiteren Bearbeitung zu entziehen. Sofern nach dem Scanvorgang Vermerke auf dem Papierbeleg angebracht werden, muss erneut gescannt und ein Bezug zum ersten Scanobjekt hergestellt werden (Verknüpfung, gemeinsamer Index).

Hinweis: Vernichtung von Papierbelegen

Gescannte Papierdokumente können grundsätzlich vernichtet werden. Gewisse Unterlagen sind jedoch im Original aufzubewahren. Z.B.:

  • Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse (§ 147 Abs. 2 AO, § 257 Abs. 3 HGB)
  • Unterlagen, die einer elektronisch abgegebenen Zollanmeldung zusätzlich beizufügen sind (§ 147 Abs. 2 AO)
  • Urkunden (§ 147 Abs. 2 AO)
  • Unterlagen, die zur Geltendmachung von Vorteilen bei der Finanzbehörde einzureichen sind und dort einbehalten werden (Spendenquittungen, Steuerbescheinigungen).

Die Entscheidung, welche Belege in Papierform archiviert bzw. zusätzlich gescannt werden, trägt der Steuerpflichtige.

Dokumentation des Scan-Verfahrens nötig

Das Scan-Verfahren muss dokumentiert werden. Nach GoBD muss mindestens aufgezeichnet werden:

  • wer scannen darf,
  • zu welchem Zeitpunkt gescannt wird (z.B. beim Posteingang, während oder nach Abschluss der Vorgangsbearbeitung),
  • welches Schriftgut gescannt wird,
  • ob eine bildliche oder inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original erforderlich ist,
  • wie die Qualitätskontrolle auf Lesbarkeit und Vollständigkeit und
  • wie die Protokollierung von Fehlern zu erfolgen hat.

Musterverfahrensdokumentation

Ausführlicher ist eine mögliche Verfahrensdokumentation in der "Muster-Verfahrensdokumentation zur Digitalisierung und elektronischen Aufbewahrung von Belegen inkl. Vernichtung der Papierbelege" beschrieben, welche die Bundessteuerberaterkammer zusammen mit dem Deutschen Steuerberaterverband im März 2014 veröffentlicht hat:

  • Darstellung der eingesetzten Hardware und Software mit deren Verfahrensdokumentationen und Testaten
  • Nennung der Verfahrensschritte und Zuständigkeiten:

1. Posteingang und Vorsortierung der zu scannenden Dokumente

2. Identifikation dieser Belege

3. Vorbereitung und Digitalisierung

4. Vollständigkeits-/Lesbarkeits- und Plausibilitätskontrolle

5. Nachverarbeitung und Archivierung mit Integritätssicherung

6. Freigabe zur Vernichtung der Papierbelege

7. Vernichtung der originären Papierbelege

8. Freigabe zur Löschung der digitalen Archivbestände (nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist)

9. Löschung der digitalen Archivbestände

  • Beschreibung des Kontrollsystems : Stichproben bei der Digitalisierung, Archivierung und Vernichtung von Papierbelegen

 Folgende Punkte sind noch zu beachten:

 OCR-Verfahren:

Wird während des Scannens zusätzlich zur Bilddatei der Text im Beleg mittels Optical-Character-Recognition-Verfahren für ein Textverarbeitungsprogramm lesbar gemacht, so gilt auch diese Datei als - selbsterstellter – zusätzlicher elektronischer Beleg. Bild und Textdatei sind zu verknüpfen und unter demselben Index zu verwalten.

Anforderung an die Archivierung:

Bei der Aufbewahrung von Unterlagen sind nachstehende Anforderungen zu gewährleisten:

  • Eingehende elektronische Belege müssen in dem Format aufbewahrt werden, in dem sie empfangen wurden.
  • Bei Umwandlung (Konvertierung) in ein unternehmenseigenes Format (Inhouse-Format) sind beide Versionen zu archivieren und zu verknüpfen.
  • Werden die Daten verschlüsselt gespeichert (Kryptografietechnik) muss die Entschlüsselung möglich sein.
  • Zu jeder Datei muss eine Änderungshistorie erstellt werden, in welcher Vorversionen geänderter Dateien abgespeichert sind.

Rechnungen und sonstige digitale Belege müssen dann

  • jederzeit verfügbar sein,
  • unverzüglich lesbar gemacht werden können und
  • maschinell ausgewertet können.

Dieses muss auch bei Migration, Hardware- oder Softwarewechsel sichergestellt sein.

Maschinelle Auswertbarkeit:

§ 147 Abs. 2 AO verlangt eine maschinelle Auswertbarkeit. Darunter fallen:

  • Sortieren, Filtern, Verknüpfen, Summieren der eigentlichen Nutzdaten (z.B. Rechnungssumme) sowie Strukturdaten (XML-Daten, Datensatznummer, Erfassungsdatum, Festschreibedatum etc.)
  • Volltextsuche (=Suchen nach bestimmten Begriffen im gesamten Dokument)

Eine nachträgliche Reduzierung einer bereits bestehenden maschinellen Auswertbarkeit (z.B. Umwandlung einer Textdatei in eine nicht lesbare Bilddatei) ist nicht zulässig.

 E-Mails:

Werden Rechnungen oder sonstige Handels- oder Geschäftsbriefe in Form einer E-Mail (Rechnungstext und Beträge im E-Mail-Text) versandt, sind sie in elektronischer Form aufbewahrungspflichtig.

Dient das E-Mail nur als „Transportmittel“ (früher Briefumschlag), d.h. elektronische Belege oder Rechnungen werden als E-Mail-Anhang versandt, muss nur der elektronische Anhang und nicht das E-Mail aufbewahrt werden.

Klicken Sie hier zum BMF-Schreiben vom 14.11.2014, IV A 4 - S 0316/13/10003 -

Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)


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Schlagworte zum Thema:  Elektronische Rechnung, Rechnung, GoBD