Tz. 128

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Die Nutzungsdauer spiegelt allgemein die Anzahl der Perioden wider, in der mit einem Nutzenzufluss durch den (immateriellen) Vermögenswert wahrscheinlich zu rechnen ist. Da die Bestimmung der Nutzungsdauer einen Blick in die mit Unsicherheit behaftete Zukunft verlangt, handelt es sich letztlich immer um eine Schätzung, die im Ermessen des Managements liegt. Bei der Bestimmung der Nutzungsdauer sind gem. IAS 38.90 ua. folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • die erwartete Nutzung des immateriellen Vermögenswertes durch das Unternehmen und ob der Vermögenswert auch von einem anderen Management effektiv genutzt werden kann;
  • typische Produktlebenszyklen für den immateriellen Vermögenswert und öffentliche Informationen über die geschätzte Nutzungsdauer von ähnlichen immateriellen Vermögenswerten, die in vergleichbarer Weise genutzt werden;
  • die technischen, technologischen oder sonstigen Arten der Veralterung;
  • die Stabilität der Branche, in der der immaterielle Vermögenswert genutzt wird, und Änderungen der Gesamtnachfrage nach den Produkten/Dienstleistungen, die mit dem immateriellen Vermögenswert erzeugt werden;
  • die erwarteten Aktivitäten der aktuellen und potenziellen Wettbewerber;
  • der Umfang der notwendigen Erhaltungsaufwendungen zur Erzielung des erwarteten Nutzenzuflusses und die Fähigkeit sowie die Absicht des berichterstattenden Unternehmens, dieses Niveau zu erreichen;
  • der Zeitraum, für den das Unternehmen die Kontrolle über den immateriellen Vermögenswert hat und die rechtlichen oder ähnlichen Nutzungsbeschränkungen, wie bspw. das Ablaufen eines entsprechenden Leasingvertrags und
  • ob die Nutzungsdauer des immateriellen Vermögenswertes abhängig ist von den Nutzungsdauern anderer Vermögenswerte des Unternehmens.

Neben den Faktoren, die zur Bestimmung der Nutzungsdauer eines immateriellen Vermögenswertes herangezogen werden sollen, hat der IASB im Anhang zu IAS 38 anhand von neun Beispielen die Bestimmung der Nutzungsdauer erläutert (vgl. auch Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 13, Tz. 96).

 

Tz. 129

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Nach Ansicht des IASB ergibt sich insbesondere für technologie- und softwarebasierte immaterielle Vermögenswerte aufgrund der üblicherweise bestehenden Innovationsdynamik eine eher kurze Nutzungsdauer (IAS 38.92). Hierbei sind auch der erwartete künftige Preisverfall und der Lebenszyklus der Produkte, die unter Verwendung des zu bewertenden immateriellen Vermögenswertes hergestellt werden, zu berücksichtigen.

Sofern die Nutzungsdauer von immateriellen Vermögenswerten bestimmt werden muss, die in vergleichbarer Art bereits in der Vergangenheit vom Unternehmen genutzt worden sind, können die Erfahrungswerte der Vergangenheit hilfreich für die Bestimmung der Nutzungsdauer sein. So kann bspw. die tatsächliche Nutzungsdauer von vergangenen Serienmodellen hilfreich für ein Unternehmen der Automobilbranche sein, um die Nutzungsdauer für ein neu entwickeltes Serienmodell zu bestimmen. Dabei müssen allerdings auch mögliche geänderte Rahmenbedingungen berücksichtigt werden.

ISd. management approach sollte die im externen Rechnungswesen verwendete Nutzungsdauer der im internen Rechnungswesen verwendeten Nutzungsdauer entsprechen. Auch wenn der IASB die Anwendung des management approach hier nicht explizit fordert, ist die Anwendung iSd. intersubjektiven Nachprüfbarkeit uE sinnvoll, zumal Abweichungen von im internen Rechnungswesen verwendeten Nutzungsdauern oftmals nicht begründbar sein werden.

 

Tz. 130

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Führt die Analyse aller zuvor genannten relevanten Faktoren zu dem Ergebnis, dass der Nutzenzufluss eines immateriellen Vermögenswertes zum aktuellen Zeitpunkt nicht zeitlich begrenzt ist, ist die Nutzungsdauer als unbestimmt einzustufen. Der IASB weist in IAS 38.91 explizit darauf hin, dass "unbestimmt" (indefinite) nicht mit "unbeschränkt" oder "ewig" (infinite) gleichzusetzen ist. Vielmehr ist jährlich zu überprüfen, ob die erwartete Dauer des Nutzenzuflusses wahrscheinlich weiterhin unbestimmt ist (IAS 38.109).

Unbestimmt ist allerdings auch nicht mit unbestimmbar gleichzusetzen. So kann die Nutzungsdauer bspw. nicht als unbestimmt eingestuft werden, wenn das Unternehmen unsicher ist, ob die Nutzungsdauer zB zwei oder zehn Jahre beträgt (vgl. ähnlich ADS Int, Abschnitt 8, Tz. 197). Aufgrund der Ungewissheit ist aber eine vorsichtige Schätzung der Nutzungsdauer gem. IAS 38.93 gerechtfertigt. Eine unrealistisch kurze Nutzungsdauer darf allerdings nicht gewählt werden. Vielmehr ist die bestmögliche Schätzung als Nutzungsdauer heranzuziehen, wie in den Illustrative Examples zu IAS 38 für eine separat angeschaffte Kundenliste verdeutlicht wird. Für die im Beispiel angeführte separat angeschaffte Kundenliste wird erwartet, dass sie mindestens ein Jahr und maximal drei Jahre einen Nutzen stiften wird. Die bestmögliche Schätzung aus Sicht des Managements sieht indes einen Nutzenzufluss für 18 Monate vor. Demnach muss die Kunde...

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