Zusammenfassung
- Das Thema Lagerhaltung liegt bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen noch sehr im Argen. Oft liegt eine unfreiwillig erreichte zu hohe Lagerhaltung vor. Der Beitrag zeigt Ihnen die grundlegenden Einflussgrößen auf den Lagerbestand auf und wie sich diese Einflüsse auf die Kostengröße auswirken. Die Fragestellungen zur Lagerhaltung lauten: Welche Konsequenzen hat die Lagerhaltung (vor allem aus Kostensicht)? Wie lässt sich die Lagerhaltung reduzieren (mit welchen Zielen)? Wie lässt sich dies vor allem nachhaltig erreichen?
- Praxis- und Rechenbeispiele zeigen Ihnen die Möglichkeiten zum Abbau überhöhter Bestände auf.
1 Welche Ziele verfolgt die Lagerhaltung?
Die Hauptziele einer betrieblichen Lagerhaltung sind:
- geringe Lieferzeit
- hohe Lieferzuverlässigkeit
- Informations- und Kommunikationsfähigkeit
- optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis
- hohe Lieferqualität
- hohe Lieferflexibilität.
Die Lieferzeit beschreibt die Zeitspanne zwischen Auftragserteilung und Verfügbarkeit der Ware beim Kunden. Sie ist abhängig von verschiedenen Faktoren: Verfügbarkeit der Produkte am Lager, Produktionsrhythmus, Dauer der Auftragsbearbeitung, Belieferungshäufigkeit und -zuverlässigkeit. Ein gutes Beispiel für schnelle Lieferzeit wäre, wenn der Kunde die Ware 12/24/48 Stunden nach dem Auftragseingang erhält.
Unter Lieferzuverlässigkeit, auch Liefertreue oder Termintreue genannt, versteht man die Wahrscheinlichkeit, welche zugesagten Liefertermine eingehalten werden. Sie ist abhängig von der Zuverlässigkeit des Arbeitsablaufs und der Lieferbereitschaft. Bei einem gut strukturierten Lagerbestand kann mit einer Einhaltung der Lieferzeit von 98 % gerechnet werden. Termintreue bedeutet Kundentreue und ist teilweise wichtiger als der Preis des Gutes.
Die Lieferflexibilität ist die Fähigkeit des Auslieferungssystems, auf individuelle Kundenwünsche flexibel zu reagieren. Dies betrifft Punkte wie geänderte Auftragsmengen, Lieferzeiten, Produkteigenschaften, Transportvarianten, Qualitätsanforderungen, Just-in-Time oder Just-in-Sequence.
Just-in-Time bedeutet wörtlich übersetzt: genau in der richtigen Zeit, d.h., dass Lieferungen und Leistungen genau zum vorher bestimmten Zeitpunkt bereitgestellt werden, nicht früher und nicht später.
Just-in-Sequence ist eine nochmalige Verfeinerung von Just-in-Time und bedeutet, dass die bestellten Teile genau zur benötigten Zeit an der dafür vorgesehenen Produktionsstufe im genau getakteten Arbeitsprozess, z.B. Einbau von Pkw-Sitzen, bereitgestellt werden.
Die Lieferqualität bezeichnet die Liefergenauigkeit nach Art und Menge, den Zustand und die Qualität der Lieferung. Unter Qualität versteht man, dass z.B. die Anforderungen nach DIN ISO 9000 ff und die geforderten Eigenschaften wie z.B. Maße, Gewicht, Farbe eingehalten werden.
Die Informations- und Kommunikationsfähigkeit bedeutet, dass alle an der Supply Chain (Wertschöpfungskette) beteiligten Firmen über ein leistungsfähiges Netz für die Übertragung von Daten und Informationen verfügen sollten. Nach dem Schlagwort „Informationen ersetzen Bestände” lassen sich durch moderne Kommunikationssysteme die Lagerbestände senken, wenn gleichzeitig die Lieferanten über den Verbrauch beim Hersteller bzw. Kunden minutenaktuell informiert werden. Damit kann dann sofort das benötigte Teil geliefert werden.
Optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis bedeutet, dass die Kosten in einem entsprechenden Verhältnis zu dem eintretenden Nutzen stehen sollen. Wenn die Lagerhaltung für selten benötigte teure Teile, die zudem einer hohen Veränderung unterworfen sind, zu hohe Kosten verursacht, kann es vorteilhaft sein, die Teile erst bei Bedarf in kleinen Stückzahlen zu fertigen.
Eine geringe Kapitalbindung ist z.B. durch niedrige Lagerhaltungskosten zu erzielen. Geringe Bestände in Menge und Wert, niedrige Gebäude- und Maschinenkosten und ein rationeller Personaleinsatz sind hierbei anzustreben. Die durch eine geringe Kapitalbindung frei gewordene Liquidität können Sie für weitere Investitionen oder den Abbau Ihrer Verbindlichkeiten verwenden.
Die Kette der Geschäftsprozesse umfasst hier nicht nur den Hersteller, sondern auch die vorgelagerte Stufe der Lieferanten und die nachgelagerte Stufe bzw. den nachgelagerten Geschäftsprozess der Kunden.
Unter der im Geschäftsprozess erzeugten „ Wertschöpfung ” versteht man den Wertzuwachs, der den Leistungen mit jedem Prozessschritt zuwächst. Dieser Wert kann auch in einer Wertzuwachskurve dargestellt werden.
Wertzuwächse im Fertigungsprozess
Folgende beispielhafte Wertzuwächse lassen sich in einem Fertigungsbetrieb realisieren:
Wareneingangsprüfung |
+ 2 % |
Einlagerung im Produktionslager |
+ 1 % |
Auslagerung an die Fertigung |
+ 0,5 % |
Vormontage |
+ 34 % |
Zwischenlagerung |
+ 3 % |
Endmontage |
+ 25 % |
Einlagerung im Auslieferungslager |
+ 4 % |
Die Wertschöpfungskette kann die einzelnen Bereiche eines Unternehmens (Herstellers) wie z.B. Entwicklung, Beschaffung, Materialwirtschaft, Fertigung, Vertrieb und Distribution betreffen, sich aber auch auf die Kette „Lieferanten – Hersteller – Kunden” beziehen.
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