Strategisches Controlling des Einsatzes Künstlicher Intelligenz
Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) bietet Unternehmen enorme Chancen – von Effizienzsteigerungen, Qualitätsverbesserungen und Kostensenkungen über signifikante Verbesserungen bei Produkten und Dienstleistungen bis hin zur Entwicklung ganz neuer Geschäftsmodelle. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen sich deshalb Unternehmen aktiv mit den Einsatzmöglichkeiten der KI in den verschiedenen Unternehmensbereichen auseinandersetzen und überlegen, welche Anwendungen mit Priorität weiterverfolgt werden sollen. Dies stellt die Unternehmensleitung vor große Herausforderungen, weil die Einsatzmöglichkeiten unüberschaubar vielfältig, die dafür erforderlichen Ressourcen aber beschränkt sind. Oft entscheidet deshalb der Zufall, welche KI-Anwendungen näher untersucht werden.
Ziel:
Unternehmen benötigen eine praktikable Methodik, mit der sie die vielfältigen KI-Anwendungsmöglichkeiten bewerten und priorisieren können, um so ihre knappen Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Dies ist insbesondere, aber nicht nur für mittelständische Unternehmen von großer Bedeutung.
Methode
Im Sinne eines strategischen Controllings der KI-Einsatzmöglichkeiten wird ein Instrument zu deren Analyse und Bewertung vorgestellt, das mit Expert:innen aus der betrieblichen Praxis und Wissenschaft evaluiert wurde. Dabei werden die Potenziale aus Sicht der nachhaltigen Unternehmensführung analysiert und in einer Matrix priorisiert (für eine ausführliche Beschreibung siehe Bischof/Götz, 2024, S. 31-37).
Beschreibung
Das Vorgehen gliedert sich in vier Schritte:
1. Ideen-Generierung
Um möglichst viele Ideen für KI-Anwendungsmöglichkeiten zu generieren, sollten interdisziplinäre Teams ein strukturiertes Brainstorming durchführen. Dabei sollte für jede betriebliche Funktion entlang der Wertschöpfungskette überlegt werden, wie bzw. wofür die folgenden KI-Funktionalitäten dort eingesetzt werden könnten:
- Verarbeitung natürlicher Sprache
- Computer Vision (Bild- und Video-Erkennung)
- Generieren von Texten/Bildern/Audio/Video
- Autonome Systeme (z. B. Robotik, Fahrzeuge, Büromanagement)
- Sammlung und Auswertung von Big Data (z. B. Mustererkennung, Anomaliedetektion)
- Empfehlungssysteme (z. B. Predictive Maintenance, Prozessoptimierung, personalisierte Werbung)
Nachdem offensichtlich unrealistische Ideen aussortiert wurden, verbleibt sicher immer noch eine große Zahl an Ideen, die im Folgenden einzeln bewertet und priorisiert werden. Die Methodik orientiert sich dabei grob an der Portfoliomatrix zur Technologiebewertung von Pfeiffer und Dögl (1999, S. 445), verwendet aber andere Kriterien.
2. Bewertung der strategischen Relevanz
Zunächst wird die strategische Relevanz jeder einzelnen KI-Anwendungsmöglichkeit bewertet, indem ihre Wirkung auf die strategischen Ziele des Unternehmens (vgl. Bischof, 2012) in den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales qualitativ abgeschätzt wird. Hierfür genügt (ähnlich wie bei Mock et al., 2022, S. 55) eine grobe Abstufung von „keine Relevanz“ (Wert 0) über „geringe“ (1) und „mittlere“ (2) bis zu „hohe Relevanz“ (3). Dabei sind in jeder Dimension die Vorteile und Chancen des Einsatzes der KI-Anwendungsmöglichkeit gegen die damit verbundenen Nachteile und Risiken abzuwägen. Beispielsweise stehen den ökonomischen Chancen eines mit KI verbesserten Produktes die Kosten der Entwicklung und des Betriebs der KI gegenüber. In der ökologischen Dimension sind vor allem positive und negative Wirkungen auf den Ressourcen- und Energieverbrauch abzuwägen, und zu den sozialen Risiken gehören beispielsweise auch Gefährdungen beim Versagen der KI-Anwendung, z. B. einem autonomen System, die mit einer Value-at-Risk-Betrachtung abgeschätzt werden können (vgl. Bischof, 2018). Die strategische Gesamtrelevanz der KI-Anwendungsmöglichkeit ergibt sich dann als Mittel der drei einzelnen Nachhaltigkeitsdimensionen (Abb. 1).
3. Bewertung der Anwendbarkeit
Auch die Anwendbarkeit wird für jede einzelne KI-Anwendungsmöglichkeit qualitativ in den Stufen niedrig / mittel / hoch abgeschätzt. Dabei werden insbesondere die folgenden sechs Aspekte betrachtet (vgl. auch Mock et al., 2022, und Limat, 2022):
- Personeller und finanzieller Aufwand der KI-Anwendung (-)
- Technisches Anforderungsniveau der KI-Anwendung (-)
- Reifegrad der KI-Anwendung (+)
- Kompatibilität der KI-Anwendung zu im Unternehmen vorhandenen Technologien, genutzten Systemen und verfügbaren Datenbeständen (+)
- Kompetenz bezüglich der KI-Anwendung (im Unternehmen vorhanden oder erwerbbar) (+)
- Akzeptanz der KI-Anwendung im Unternehmen (+)
4. Priorisierung der KI-Anwendungsmöglichkeiten
Abschließend werden die KI-Anwendungsmöglichkeiten in einer Priorisierungsmatrix abhängig von ihrer strategischen Relevanz und ihrer Anwendbarkeit positioniert (Abb. 2). Dabei sollte bei der Zuordnung der Prioritätsfelder der strategischen Relevanz eine höhere Bedeutung beigemessen werden als der Anwendbarkeit.
Handlungsempfehlung Die Priorisierungsmatrix zeigt, welche KI-Anwendungsmöglichkeiten wegen ihres großen strategischen Potenzials näher untersucht werden sollten. In der Reihenfolge der Prioritäten können und müssen dann Business Cases entwickelt, die technische Umsetzung genauer analysiert und der Nutzen und der Aufwand (inklusive Kosten) detailliert abgewogen werden. So kann dann mit gezieltem Ressourceneinsatz eine fundierte Entscheidung über die Realisierung getroffen werden. Dabei ergibt sich vor allem dann eine hohe strategische Relevanz, wenn KI im eigenen Produkt bzw. der eigenen Dienstleistung eingesetzt wird. Alle anderen KI-Anwendungen im Unternehmen sollten dagegen besser durch die Lieferanten von Betriebsmitteln und Systemen bereitgestellt werden.
Arbeitskreis Controlling-Professuren an Hochschulen
Sprecherin dieser Artikelreihe:
Prof. Dr. Saskia Bochert, Fachhochschule Kiel, E-Mail: saskia.bochert@fh-kiel.de
Wissenschaftlicher Beirat:
Prof. Dr. Hanno Drews (Verhaltensorientiertes Controlling), Prof. Dr. Nicole Jekel (Marketingcontrolling),
Prof. Dr. Britta Rathje (Operatives Controlling, insb. Kosten- und Erfolgsmanagement),
Prof. Dr. Solveig Reißig-Thust (Controlling und Compliance, Value Based Management, Unternehmensbewertung, Controlling in Gründungsunternehmen),
Prof. Dr. Andreas Taschner (Management Reporting, Investitionscontrolling, Supply Chain Controlling),
Prof. Dr. Andreas Wiesehahn (Einkaufscontrolling, Nachfolgecontrolling, Nachhaltigkeitscontrolling)
Der Beitrag erschien erstmals im Controller Magazin 4/2025.
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