Wie das Controlling Maßnahmen zum Kostenmanagement unterstützen kann
Deutsche Volkswirtschaft steckt in einer Rezension
Seit Monaten höre ich in Gesprächen mit Top-Managern immer wieder, dass im 2. Halbjahr sukzessive die wirtschaftliche Erholung kommen und die Auftragseingänge dann nach oben zeigen werden. Aktuell wird von den Vertriebsexperten eher auf das Frühjahr 2025 verwiesen, da von einer breiten Erholung der deutschen Wirtschaft im Herbst 2025 noch nichts zu spüren ist. Kurzum: viele Industrien, besonders die Investitionsgüterbranchen, kämpfen seit mehr als einem Jahr mit Schwächen in der Binnennachfrage und anhaltender Nachfragezurückhaltung in den USA und China. Und dies wird wohl auch noch die nächsten Monate anhalten
Ich beobachte zwar trotzdem teilweise steigende Umsatzzahlen. Analysiert man diese jedoch im Detail, dann fällt auf, dass die Zuwächse größtenteils durch inflationsbedingte Preisanpassungen erfolgten und die Absatzmengen stagnierten oder sogar zurückgingen. Viele Unternehmen haben auf diese Entwicklung bereits wieder mit Kurzarbeit oder mit Kostenmanagementprogrammen reagiert. So wird zum Beispiel aktuell immer wieder VW zitiert, wo Sparmaßnahmen bei Jobs und eine Anpassung der Werkskapazitäten einhergehen mit weiteren Kostenmaßnahmen. Ende des vergangenen Jahres wurde ein Sparprogramm publik, mit dem die Kosten um 10 Mrd. EUR gesenkt und Investitionen gleichzeitig verringert werden sollen. Ähnliche Initiativen sind von anderen DAX-Konzernen bekannt. Mittlerweile sind auch immer mehr mittelständisch geprägte Konzerne wie Trumpf betroffen, wo ebenfalls mit Kostensenkungsmaßnahmen auf die konjunkturelle Delle reagiert wird. Dies führt dazu, dass auch in der Hackett CFO Studie 2024 „Cost Management and Optimization“ auf Platz 1 der „Top 10-Themen“ der Finanzchefs steht (1).
Regulatorik, Digitalisierung, Lieferkettenstabilität und Upskilling als Kostentreiber
Man kann feststellen, dass bei vielen Unternehmen das Standardgeschäftsmodell konjunkturell oder transformationsbedingt unter Druck ist und vielfältig mit Sparmaßnahmen reagiert wird. Gleichzeitig erwachsen neue Aufgaben und Herausforderungen, die zunächst belastend auf die Kosten wirken und teilweise immense Investitionen erfordern. Dies kann einerseits mit branchenbezogenen Transformationsentwicklungen zusammenhängen. VW beispielsweise leidet auch unter der unklaren Entwicklung der Elektromobilität und der daraus bedingten Vielfalt von Geschäftsmodellen und dem Umsatzrückgang in China. Andererseits können sich fast alle Unternehmen vier Entwicklungen nicht verschließen, die auch seitens des Controlling sehr eng beobachtet und begleitet werden sollten:
- Neue regulatorische Zwänge (z. B. bzgl. Lieferkette oder Nachhaltigkeit)
- Digitalisierungsdruck (z. B. Nutzung neuer Business Analytics-Tools oder AI)
- Lieferkettenstabilität (z. B. Stärkung der Resilienz und Aufbau von Lagern)
- Upskilling (z. B. Weiterbildungsprogramme für Mitarbeiter, um die neuen Herausforderungen zu bewältigen)
Das Controlling ist bei diesen Herausforderungen in dreierlei Hinsicht gefordert und muss sich entsprechenden Fragenkategorien stellen:
- Besteht Kongruenz zwischen diesen vier Entwicklungen und der Unternehmens- oder Geschäftsfeldstrategie? Muss diese ggfs. angepasst werden?
- Wie schafft man ein ausgewogenes Investitionsprojektportfolio, in dem gleichzeitig die alten sowie die geplanten Geschäftsmodelle abzusichern sind und die notwendigen neuen Investitionen in die oben genannten Themen nicht vernachlässigt werden?
- Wie dämmt man die Kosten ein, um einerseits auf die konjunkturelle Schwäche zu antworten, und andererseits die neuen Themen „zum Laufen“ zu bekommen?
Bleiben wir bei der immensen Kostenherausforderung und schauen uns im Detail an, was Unternehmen und deren Controllingbereiche tun, die ein erfolgreiches Kostenmanagement etabliert haben.
Erfolgreiches Kostenmanagement setzt Tool-Vielfalt voraus
Hierzu zitiere ich eine empirische Studie des Centre for Performance Management & Controlling an der Frankfurt School of Finance and Management aus dem Jahr 2021 (2). In dieser haben wir uns mit Kostenmanagement beschäftigt und festgestellt, dass Unternehmen, die erfolgreich Kostenmanagement betreiben und diesbezüglich eine hohe Performance entwickelt haben, viel intensiver das Kostenmanagement-Toolportfolio nutzen als Unternehmen mit einem, so haben wir dies bezeichnet, „Low Performance Kostenmanagement“ (Abb. 1).
Ressourcenbezogen wurden bei Unternehmen mit einem „High Performance Kostenmanagement“ zum Beispiel umfassend ein
- Personalkostenmanagement,
- IT-Kostenmanagement und
- Materialkostenmanagement
angewendet.
Prozessbezogen wurden vielfach
- die Prozesskostenrechnung sowie
- ein Prozess-Benchmarking
eingesetzt.
Schließlich waren die drei nutzungsintensivsten Tools auf Produktebene
- die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung
- das Target Costing sowie
- Cost Benchmarking mit Produktfokus.
Unternehmen mit einem „Low Performance Kostenmanagement“ nutzen diese Tools nicht oder sehr viel weniger intensiv. Es scheint also, als ob sich eine Vielfalt der Tools sowie deren regelmäßige Anwendung lohnt und eine Voraussetzung für erfolgreiche Kostenmanagementinitiativen ist.
Wofür werden die Kostenmanagement-Tools eingesetzt?
In einer Studie aus dem Jahr 2017 von Pieper/Eisenmann (3) wurde zusammengestellt, welche Programmmaßnahmen in der Regel Gegenstand von Kostenmanagementinitiativen von DAX-Unternehmen sind. Dabei wurden vier wesentliche Kategorien identifiziert:
- Maßnahmen zur Geschäftsprozessoptimierung (z. B. Automatisierung oder Komplexitätsreduktion)Maßnahmen zur Optimierung des Umlaufvermögens
- Maßnahmen zur Optimierung des Umlaufvermögens
(z. B. Working Capital Management oder Optimierung Beschaffungskonditionen) - Maßnahmen zur Zentralisierung von Unterstützungsfunktionen
(z. B. Shared Services oder IT-Prozessoptimierung) und - Maßnahmen, die einhergehen mit einer Unternehmensrestrukturierung
(z. B. Personalabbau oder Outsourcing).
Zwar ist die Studie bereits ein paar Jahre alt, ich halte sie jedoch immer noch für repräsentativ und typisch auch für aktuelle Kostenmanagementinitiativen hinsichtlich der durchgeführten Maßnahmen. Heute würde in solch eine Studie sicher der Begriff „Geschäftsmodell“ auftauchen. Bestandteile eines solchen sind allerdings auch in den anderen Maßnahmen ausreichend adressiert.
Um diese vielfältigen Kostenmanagementmaßnahmen durchführend zu können, braucht es eine Entscheidungsbasis und bedarf es Toolvoraussetzungen. D.h. die oben skizzierten Tools des Kostenmanagements müssen verfügbar sein und vom Controlling für die Beurteilung der verschiedenen Maßnahmen nutzbar sein. 12 der in der Studie identifizierten Maßnahmen hatten einen Ressourcenbezug, 11 einen Prozessbezug und 3 einen Produktbezug, d.h. alle drei Toolkategorien sind notwendig und seitens des Controlling zu beherrschen, um erfolgreich Kostenmanagement betreiben zu können.
In meiner Kolumne in Controller Magazin 4/2024 habe ich von einer Daueraufgabe bei der Weiterentwicklung von Planung und Budgetierung gesprochen. Im Kontext des Kostenmanagements erscheint es mir ähnlich. Controllerinnen und Controller sollten sich nicht nur aktuell, sondern stets intensiv mit den Tools des Kostenmanagements auseinandersetzen und gleichzeitig immer wieder einen Blick auf „alte“ Kostentreiber aus dem Kerngeschäft werfen, sowie „neue“ Kostentreiber durch neue Trends, Brancheninitiativen oder gesetzgeberische Maßnahmen beobachten und in ihrer Kostenwirkung für das eigene Unternehme abzuschätzen.
Der Beitrag erschien erstmals im Controller Magazin 6/2024.
Literaturhinweise
- https://www.thehackettgroup.com/insights/the-cfo-agenda-2024-finance-key-issues/, Abrufdatum 29.08.2024.
- Gleich/Möbus/Möller/Schlecht et al, Kostenmanagement in Krisenzeiten, in: Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung, 33 5, S. 73-79, 2021.
- Pieper, T., Eisenmann, T. (2017), Strategisches Kostenmanagement in der Unternehmenspraxis, in: Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung, 29 (2017) 1, S. 51-56
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