ESG-Rating Industrieunternehmen Studie

Produzierende Unternehmen haben mit massiven Preiserhöhungen sowie Lieferengpässen zu kämpfen und müssen nebenbei die „grüne Transformation“ meistern. Ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum nachhaltigen Industrieunternehmen ist ein ESG-Rating, das Transparenz über den Ist-Zustand schafft. Wie eine aktuelle Branchen-Umfrage von Horváth unter Industrieunternehmen zeigt, hat jedoch aktuell erst jedes 4. Unternehmen eine objektive Bewertung seiner Nachhaltigkeitskriterien durchführen lassen.

ESG-Ratings krisenbedingt verschoben, aber fest geplant

Die Studie zeigt einen Willen zur Zertifizierung: 40 % der Befragten planen, ein ESG-Rating spätestens 2023 umzusetzen. 2 Jahre später werden dann voraussichtlich 80 % die Zertifizierung durchlaufen haben. Leidglich ein Fünftel sieht gar keinen Anlass für eine ESG-Bewertung.

Die Industrie ist grundsätzlich von ESG-Ratings überzeugt. Die zögerliche Umsetzung ist eher mit den Kriegsfolgen zu erklären. In den vergangenen Monaten mussten die Unternehmen ihre Strukturen in Einkauf, Produktion, Vertrieb und Logistik erst einmal mit Fokus auf andere Parameter durchleuchten und optimieren. Von einigen wenigen Unternehmen werden ESG-Ratings noch als Bewertungsmaßstab rein für Investoren missverstanden. Dabei hat sich dieser Reporting-Standard längst zur allgemeinen Marktanforderung entwickelt, als Orientierungs- und Entscheidungshilfe für Kunden- und Partnerunternehmen.

Daniel Kittelberger, Studienleiter und Industrieexperte für Automatisierungs-, Antriebs- und Elektrotechnik bei Horváth.

Nachhaltige Steuerung konkretisiert sich bei den Unternehmen

Bisher wird erst ein Drittel der Unternehmen entsprechend ihrer Nachhaltigkeitsstrategie gesteuert. Ein Viertel hat immerhin ein konkretes Zielbild definiert, wodurch immerhin 60 % sind schon so weit gekommen, dass sie ein konkretes Zielbild für eine nachhaltige Steuerung entwickelt und verabschiedet haben. Rund 30 % befinden sich in der Vorphase des Messens und Abwägens, 12 % haben noch gar keinen Schritt hin zur systematischen „Green Transformation“ getan.

Nachhaltigkeit ist im produzierenden Gewerbe weder Pflichtaufgabe noch reines Lippenbekenntnis, sondern echte Überzeugung: So werden als Hauptmotivatoren für das Engagement im Bereich Nachhaltigkeit der Reihenfolge nach

  • Kundenanforderungen,
  • der “Purpose“ des Unternehmens sowie
  • die Markenwahrnehmung

genannt. Erst danach folgen gesetzliche Vorgaben wie die EU-Taxonomie.

Das Selbstverständnis der Unternehmen wird heute von neuen gesellschaftlichen Anforderungen maßgeblich geprägt. Das kann als Paradigmenwechsel betrachtet werden, der sich sicher nicht mehr umkehren wird, wenn er sogar der aktuellen Krisensituation standhält.

Daniel Kittelberger, Studienleiter und Industrieexperte für Automatisierungs-, Antriebs- und Elektrotechnik bei Horváth.

Lieferketten als Handlungsfeld Nummer 1

Als wichtigste Stellschraube für mehr Nachhaltigkeit wird von den Teilnehmenden die Umstellung auf nachhaltige Lieferketten genannt, gefolgt von nachhaltiger Produktion und nachhaltigen Produkten an dritter Stelle. Mit deutlichem Abstand folgen Eigenproduktion nachhaltiger Energie und der Erwerb von CO2-Zertifikaten.

Über die Studie

Für die Horváth-Studie “Nachhaltigkeit im produzierenden Gewerbe 2022 – ökonomische Potenziale der Green Transformation” wurden Industrieunternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden und 100 Mio. EUR Jahresumsatz aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Sie basiert auf einer Stichprobe von 35 repräsentativ nach Industriezweig und Größe ausgewählten Unternehmen.