Serienelemente
Erfahrungen beim Aufbau eines Ökosystems im Gesundheitswesen

Welche Erfolgsfaktoren sind in der Ausgestaltung eines digitalen Gesundheitsökosystems unbedingt zu beachten? Mario Bernasconi, CEO von Well, teilt auf der 22. Jahreskonferenz Strategie und Transformation seine Erfahrungen aus der Aufbauphase des Ökosystems.

Die 22. Jahreskonferenz Strategie & Transformation fand am 20. Oktober 2022 in Zürich statt. Im Fokus der Vorträge hochkarätiger Referentinnen und Referenten stand das Thema «Ökosysteme». So in dem Vortrag von Mario Bernasconi, CEO von Well:

Das Ökosystem Well: Gesundheitsplattform für die Schweiz

Well ist eine Gesundheitsplattform für die Schweiz, die den Nutzern die Möglichkeit geben will, ihre Gesundheit in einer App selbst in die Hand zu nehmen. Einerseits können die Nutzer über die App Einschätzungen zu ihrem Gesundheitszustand erhalten, andererseits können sie Arzttermine und andere Services buchen. Schliesslich bietet die App auch einen Ort, an dem Informationen wie das Covid-Zertifikat oder weitere Gesundheitsdokumente gespeichert werden können. Entlang dieser Elemente wurde die App gestartet und konstant ausgebaut und weiterentwickelt. Damit diese App so funktioniert, braucht sie verschiedene Partner.

Zu den Partnern gehören Konsortialpartner, mit insgesamt sechs Investoren, welche sich nicht nur als Investoren einbringen, sondern auch aktiv mit ihrem Kerngeschäft in der Entwicklung eingebunden sind. Nebst diesen Koalitionspartnern gibt es auch Co-Creation Partner, welche einzelnen Komponenten mitentwickeln, und reine Technologiepartner. Well funktioniert in diesem Ökosystem als Orchestrator, also als Bindeglied.

Die Vision «Well ist der digitale Zugang für die Zukunft»

Das Ziel der App ist es dem User zu helfen sich durch das Gesundheitswesen zu navigieren. Die Kernidee ist die integrierte Versorgung: Well will vernetzen, orchestrieren und zusammenbringen. Dabei ist Well selbst nicht der Experte, welcher alle Leistungen selbst erbringt, sondern eine Plattform, welche kunden- und nutzerorientiert physische und digitale Dienstleistungen zur Verfügung stellt. Laut Mario Bernasconi ist das wichtigste Element die Offenheit des Ökosystems. Jeder potenzielle Partner, welcher interessiert ist, kann sich mit Well in Kontakt setzen. Dazu können beispielsweise weitere Versicherungspartner, aber auch Ärzte und Apotheker oder Digital Health Startups gehören. Dabei können auch Unternehmen, welche in Konkurrenz stehen, eingebunden werden, was bereits jetzt der Fall ist und diese Offenheit unterstreicht.

Realitätscheck nach der Aufbauphase

Nach dem Start im März 2021 ist die Aufbauphase mittlerweile abgeschlossen und es können bereits erste Erkenntnisse gewonnen werden, was angepasst werden musste. Die Vision beispielsweise ist bis heute dieselbe: Im Fokus liegen der Kunde und die Offenheit des Ökosystems. Gibt es Veränderungen muss stets die Flexibilität und Agilität aufrechterhalten werden. Weitere Erkenntnisse beinhaltet der Fakt, dass neue Funktionalitäten allein nicht reichen, um die App erfolgreich zu machen, sondern auch die Partner aktiv für die App werben müssen. So besitzen verschiedene Ärzte mittlerweile Werbeplakate für Well in ihren Warteräumen. Darüber hinaus muss auch das Geschäftsmodell konstant angepasst werden, sodass der Nutzen für die Partner immer vorhanden ist. Mittlerweile besitzt das Unternehmen monatlich zwei Release-Termine und bringt 1 bis 2 neue oder verbesserte Funktionalitäten auf die App. Das Ziel ist es, die App ständig weiterzuentwickeln und die Erkenntnisse und Rückmeldungen der Nutzer in die App einfließen zu lassen.

Herausforderungen der Zusammenarbeit

Laut Mario Bernasconi ist es bei der Zusammenarbeit wichtig, eine gemeinsame Mission und konsequente Kundenzentrierung zu haben und viel in diese zu investieren. Es ist auch wichtig, mit den Daten zu arbeiten und in der Lage zu sein, aus den Informationen zu lernen und sie gemeinsam mit dem Analyseteam datengesteuert weiterzuentwickeln. Zudem gilt es für jeden Partner einen USP zu bringen und einen individuellen Nutzen und Mehrwert zu stiften. Well positioniert sich bewusst nicht als Software-Lieferant, sondern als Ökosystem, was eine Co-Creation mit mehreren Partnern bedingt. Darüber hinaus stellt auch die Rolle des Orchestrators eine Herausforderung dar.

Wenn sogar Wettbewerber im Ökosystem zusammenarbeiten, ist es wichtig, als Moderator zu fungieren und den Dialog darüber zu führen, wer welchen Beitrag leisten kann. Als CEO ist es somit wichtig, Leitplanken zu definieren, damit die verschiedenen Arbeitsgruppen schnell und agil vorankommen können. Das sollte ein klares Rollenverständnis sein, damit die Zusammenarbeit funktioniert.

Was braucht ein Ökosystem um erfolgreich zu werden?

Wenn Mario Bernasconi in die Zukunft schaut, ist er davon überzeugt, dass es verschiedene Erfolgsfaktoren gibt welche entscheidend sind.

  • Einerseits ist der Markt ein Faktor, da das Gesundheitswesen im Allgemeinen derzeit sehr in Bewegung ist.
  • So gibt es momentan große Themen mit EPD, mit neuen Playern, Mitkonkurrenten und Ökosystemen, die momentan auf den Markt kommen. Dort braucht es gemeinsame Standards und Interoperabilität.
  • Zusätzlich ist es wichtig, Netzwerkeffekte zu generieren. Dies bedeutet, der Nutzen für die Partner messen zu können und herauszufinden, inwieweit der Nutzen durch Well beeinflusst wird.
  • Außerdem muss eine wiederkehrende Nutzung sichergestellt werden. Hier sind Daten besonders wichtig, um zu sehen, welche Dienste genutzt werden und diese weiterzuentwickeln.
  • Letztlich ist aber vor allem Beharrlichkeit gefragt. Die Vision muss beibehalten werden, und für die Adjustierung des Geschäftsmodells sind sowohl Fokus als auch Anpassungsfähigkeit erforderlich.

Well ist überzeugt, dass sie mit diesen Faktoren und dem offenen Dialog mit den Partnern ein Ökosystem der Zukunft bauen.

Schlagworte zum Thema:  Strategie, Strategisches Controlling