Controlling zwischen Regulatorik Verschlankung Reskilling

Das Controlling steht durch steigende Anforderungen zunehmend unter Spannung. Unzählige Regularien erschweren die Effizienzsicherung. Im Gegensatz dazu wird Verschlankung im Controlling gefordert. Diese widersprüchliche Entwicklung erfordert ein grundlegendes Reskilling. Wie Controller in diesem Spannungsfeld wirkungsvoll agieren können, diskutierten und analysierten Experten aus Praxis und Wissenschaft.

Prof. Dr. Gleich, Academic Director des CPMC, und Dr. Kim Louisa Dillenberger, Vice Academic Director des CPMC, luden am 19. Februar 2025 die Controlling-Community zur 5. Jahreskonferenz Performance Management & Controlling ein. Rund 150 CFOs sowie Fach- und Führungskräfte aus Controlling und Finance informierten sich über Lösungsansätze wichtiger Herausforderungen. Hier ein Überblick:

Gute User Experience für erfolgreichen Tool-Einsatz im Controlling unverzichtbar

Matthias Dannenberg (Bosch Mobility Electronics) stellte die Transformation des Controllings in seinem Unternehmen vor. Anstatt sich auf reines Reporting zu konzentrieren, steht nun Business Partnering, Performance Management und Digitalisierung im Fokus. Ein zentrales Element ist die konsequente Ausrichtung an der User Experience: Prozesse und Systeme werden nicht isoliert digitalisiert, sondern von Grund auf verbessert. Dabei wird der „Double Diamond“-Ansatz genutzt, der eine klare Trennung zwischen Problemverständnis und Lösungsentwicklung vorsieht. Projekte wie myMeasures, eine selbst entwickelte Plattform zur Performance-Verfolgung mit KI-gestützten Datenanalysen, helfen, Controlling-Daten effizienter zu nutzen. Ziel der Digitalisierung ist eine 30-prozentige Reduktion des Prozessaufwands.

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Wie das Controlling Nachhaltigkeit als festes Element in die Unternehmenssteuerung integriert

Dr. Bernd Metzner (Gerresheimer) sprach über die Umsetzung regulatorischer Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit. ESG-Kennzahlen werden nicht nur berichtet, sondern auch geplant und als Faktor der variablen Vergütung berücksichtigt. Das Controlling übernimmt dabei eine zentrale Rolle: Es sammelt und strukturiert Nachhaltigkeitsdaten aus 286 Punkten (z. B. Energie- und Wasserverbrauch, Abfallmanagement), allokiert Ressourcen für nachhaltige Investitionen und integriert ESG-KPIs in die Unternehmenssteuerung. Vorstand und Controlling identifizieren 5–7 zentrale KPIs, die ebenso regelmäßig verfolgt werden wie Umsatz oder EBITDA. Nachhaltigkeitsmaßnahmen werden mit klassischen finanziellen Bewertungsmethoden wie dem Net Present Value (NPV) betrachtet, um sicherzustellen, dass sie wirtschaftlich tragfähig sind.

Investitionsrechnungen mit Lebenszyklusbetrachtung, Target Costing und Business Plan

Maik Schubert (Siemens Healthineers) erläuterte, wie Produktivitätsmanagement und End-to-End-Datenintegration helfen, Investitionen gezielt zu priorisieren. Da jeder Fertigungsstandort eigene Strategien und Budgets verfolgt, kombiniert Siemens Healthineers Produktivitätsbewertungen mit Lebenszyklusrechnungen, Target Costing und Business Plans. Mit einem Productivity Ecosystem, das den gesamten Prozess von der Idee bis zur Implementierung abdeckt, und datengetriebenen Analysen in Valsight können Investitionen gezielter priorisiert und transparenter gesteuert werden. Die Zusammenführung aller relevanten Daten in einem zentralen Tool fördert die bereichsübergreifende Zusammenarbeit.

KPI-Governance schafft Vergleichbarkeit in einem heterogenen Konzern

Claudio di Vincenzo (ParshipMeet) und Prof. Matthias Mahlendorf (CPMC) zeigten, wie das Unternehmen durch Lean-Ansätze und datengetriebenes Controlling seine Business Performance verbessert. KPI-Governance ist essenziell, um Reporting und Steuerung effizient zu gestalten. Mit einem automatisierten Business Performance Report über Marken und Regionen hinweg – umgesetzt in Tableau – wird die Datenbereitstellung optimiert. Das Controlling agiert unabhängig von anderen Teams und erkennt frühzeitig Abweichungen in KPI-Trends, die automatisiert gemeldet werden. Eine klar definierte North Star Metrik, die sowohl den Customer Value als auch den Revenue Impact reflektiert, hilft, strategische Entscheidungen fundierter zu treffen.

Wie Diagramme Fehlentscheidungen fördern

Dr. Nicolas Bissantz (Bissantz & Company) sprach über die Herausforderungen der Datenvisualisierung in der Finanzkommunikation. Diagramme sind häufig fehleranfällig, da sie durch unklare Proportionen oder visuelle Verzerrungen zu falschen Schlussfolgerungen führen. Eine durchdachte Gestaltung mit gezieltem Einsatz von Farben und Schriftgrößen hilft, Entscheidungsprozesse zu unterstützen und Fehlinterpretationen zu vermeiden.

New Work und Mitarbeiterzufriedenheit

Nils Gimpl (CPMC) und Dr. Christina Juchum (Hays) präsentierten eine Studie zu den Auswirkungen von New Work auf Arbeitnehmer und Organisationen. Die Ergebnisse zeigen, dass eine hohe New-Work-Kompetenz die Stressbelastung reduziert und die Arbeitszufriedenheit steigert. Gleichzeitig führt hoher Stress zu geringerer Zufriedenheit und einer erhöhten Kündigungsabsicht. Unternehmen, die eine gute New-Work-Umgebung schaffen, verstärken den positiven Effekt auf ihre Mitarbeitenden.

BWL-Know-how bei allen Beschäftigen für Transformation

Thomas Weis (Bühler Motor) erläuterte die Transformationsstrategie seines Unternehmens angesichts eines sich wandelnden Automobilmarktes. Bühler Motor reduziert daher schrittweise seine Abhängigkeit von der Automobilindustrie und investiert in neue Wachstumsfelder wie Industrieanwendungen und Luftfahrt. Das Bühler Motor Performance Programm umfasst Maßnahmen zur Verbesserung der Margen, von der Preisgestaltung bis zur Material- und Produktkostenoptimierung. Die Transformation erfordert, dass jeder Mitarbeiter die Wertschöpfung und Finanzkennzahlen wie EBIT und EBITDA versteht und seinen individuellen Beitrag zur Performance kennt.

Von der Finanzkontrolle zur datenbasierten Unternehmenssteuerung

Jan Zimpelmann (Delta Pronatura) beschrieb die Weiterentwicklung des Controllings in seinem Unternehmen im Zuge eines Generationswechsels. Die Umstellung von einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft brachte strukturelle Veränderungen mit sich. Das Controlling entwickelt sich von einer klassischen Finanzkontrolle hin zu einer Steuerungsfunktion mit internationaler Vernetzung. Besonders wichtig ist die bessere Verzahnung von Finanz- und Produktionsdaten, um datenbasierte Entscheidungen zu unterstützen. Jede neue Analyse deckt zusätzliche Optimierungspotenziale auf, wodurch Controlling und Strategie enger miteinander verzahnt werden.

Roundtables und Workshops der Aussteller

An fünf Roundtables diskutierten die Teilnehmenden über die modernen Controlling-Ansätze zur Effizienzsteigerung:

  • Steuerung in unsicheren Zeiten: Durch Szenariosimulationen Flexibilität und strategische Weitsicht erreichen mit Valsight,
  • KI im Controlling: Problem oder Lösung? mit Bissantz,
  • effiziente Planung mit der SAP Analytics Cloud mit Vinomic,
  • Unternehmenssteuerung mit FP&A in turbulenten Zeiten: Strategien für den Erfolg mit Prophix und
  • erfolgreiche Mitarbeiterbindung und Talentförderung im Controlling- & Financebereich mit IMA.

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In parallelen Workshops wurden einzelne Konferenzthemen vertieft:

  • Teilnehmer des Workshops mit SAP zu „Automatisierung, Verschlankung und Reskilling durch Künstliche Intelligenz“ lernten die Einsatzmöglichkeiten von KI-Kopiloten kennen und erfuhren, wie diese Automatisierung und Effizienz im Controlling steigern. Besonderes Augenmerk lag auf neuen Skillanforderungen für Controller und deren Kunden.
  • Der Workshop „Reskilling – Effizienz sichern, Wachstum steuern“ mit Valuedesk zeigte, wie agiles Maßnahmentracking nachhaltige Effizienzsteigerungen ermöglicht und Mitarbeiter zu einer kennzahlenorientierten Arbeitsweise führt. Anhand von Best Practices und einer Fallstudie wurde diskutiert, wie Performance Management langfristig eine Effizienzkultur etabliert.
  • Der Workshop mit Serviceware zum Thema „Controlling neu denken – Innovationskraft durch Servitization“ vermittelte praxisnah, wie Wissensmanagement und Automatisierung das Controlling zum Service-Champion entwickeln. Im Fokus standen innovative Methoden wie die AI Process Engine zur Optimierung von Prozessen.

Der Konferenztag wurde mit einem Get Together zum Netzwerken in der Controlling-Community abgeschlossen. 

Fazit

Die Konferenzinhalte machten deutlich, dass Controlling im Spannungsfeld zwischen Regulatorik, Verschlankung und Reskilling eine zentrale Rolle in der Unternehmenssteuerung spielt. Die Digitalisierung bietet enorme Chancen zur Effizienzsteigerung, doch ohne strategische Steuerung bleibt sie wirkungslos. Nachhaltigkeit und Produktivitätsmanagement werden zunehmend als integrierte Bestandteile der Finanzsteuerung betrachtet. Gleichzeitig erfordert der Wandel neue Fähigkeiten im Controlling – von datengetriebenem Arbeiten über Automatisierung bis hin zur engeren Verzahnung mit anderen Unternehmensbereichen. Effizienzsicherung bleibt mehr denn je eine zentrale Aufgabe des Controllings.


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