Die Zusammenarbeit in der Lieferkette basiert im Optimalfall auf Dialog und einem kontinuierlichen Austausch. Verpflichtete Unternehmen sollten mit ihren Zulieferern auf Augenhöhe zusammenarbeiten und ihre Einflussmöglichkeiten nutzen, beispielsweise bei der Gestaltung von Preisen und Lieferzeiten. Maßnahmen können Anreize und Kontrollen umfassen, beispielsweise Arbeitsschutzschulungen, technische Veränderungen oder Unterstützung bei Zulieferer-Trainings. Nicht-verpflichtete Zulieferer können sich auf die steigenden Anforderungen vorbereiten und eigene Maßnahmen ergreifen. Durch den Austausch und die Zusammenarbeit können Risiken besser adressiert werden. Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten ist ein Lernprozess für alle Beteiligten und gemeinsame Lösungsansätze sollten gesucht werden, um die Verantwortung entlang der Lieferkette zu stärken.

 
Praxis-Tipp

Multi-Stakeholder-Initiativen können Synergien schaffen

Unternehmen sollten sich zudem bei ermittelten Risiken im Rahmen von Multi-Stakeholder-Initiativen mit anderen betroffenen Unternehmen austauschen, um Synergien zu schaffen und Lernerfahrungen zu teilen. Ziel sollte es sein, etwa für eine Branche, eine Warengruppe, ein Produkt oder eine Region gemeinsame Lösungsansätze zur Stärkung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Verantwortung entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten zu suchen.

5.1 Ansätze für die Risikoanalyse

Verpflichtete Unternehmen sollten stets prüfen, welche Informationen sie tatsächlich von ihren Zulieferern benötigen, um eine angemessene Risikoanalyse durchzuführen. Gleiches gilt für die Zulieferer. Oft werden umfangreiche Informationen angefordert, die für die Risikoanalyse nicht immer erforderlich sind. Je nach Branche können beispielsweise Fragen zu Kinderarbeit oder Zwangsarbeit bei einem deutschen Zulieferer unbegründet sein. Es mag einfacher erscheinen, umfangreiche Informationen von allen Zulieferern einzuholen, jedoch besteht hierbei die Gefahr, dass viele dieser Informationen nicht zum besseren Verständnis der Risikoexposition der Lieferketten beitragen. Dies kann zu erheblichen unnötigen Aufwand und Kosten für nicht-verpflichtete Zulieferer führen. Verpflichtete Unternehmen sollten den entstehenden Aufwand weitestgehend ausgleichen und dabei stets die Leistungsfähigkeit und Bedürfnisse ihrer Zulieferer im Blick behalten.

Um überzogene Forderungen an nicht-verpflichtete Zulieferer zu vermeiden, ist durch die verpflichteten Unternehmen stets das Risikoprofil ihrer direkten Zulieferer und deren Vorlieferanten zu ermitteln. Es ist nicht notwendig, risikoarme Zulieferer genauso detailliert einzubeziehen wie risikogeneigte. Gemeinsame Fragebogenformate und die Nutzung bereits ausgefüllter Fragebögen oder Bewertungsbögen können den Aufwand der Analyse reduzieren. Interoperabilität von Programmen und branchenübergreifende Zusammenarbeit können hierbei hilfreich sein. Branchenspezifische Zusammenschlüsse können Angebote für übergeordnete Analysen entwickeln, die Unternehmen bei ihrer Risikoanalyse unterstützen.

Verpflichtete Unternehmen müssen Transparenz und Kenntnis der Lieferkette gewährleisten. Zulieferer können allerdings Bedenken haben, ihre Informationen preiszugeben. Produzierende Unternehmen haben oft weniger Vorbehalte, während gerade Händler und Importeure diesbezüglich oftmals ein erhebliches Geschäftsrisiko sehen. Ein Dialog zwischen Zulieferern und Unternehmen ist daher wichtig, um zu klären, welche Informationen tatsächlich benötigt werden. Geschäftsbeziehungen und Lieferketten sind zudem oftmals als Geschäftsgeheimnisse geschützt, wodurch es auch vorkommen kann, dass Unternehmen Informationen verlangen, die Zulieferer gar nicht erst weitergeben dürfen.

Im Rahmen der Risikoanalyse können verpflichtete Unternehmen um Erlaubnis bitten, Vor-Ort-Besuche oder Audits bei Zulieferern durchzuführen. Jedoch stoßen sie oft auf Schwierigkeiten, da Zulieferer nicht bereit oder in der Lage sind, solche Kontrollrechte einzuräumen. Überzogene Kontroll- und Auditierungsvorhaben können auch rechtlich unwirksam sein. Zulieferer sollten Vereinbarungen sorgfältig prüfen, um unangemessene Benachteiligungen zu vermeiden. Grundlegend sollten sie vorsichtig und datensparsam agieren und genau nachfragen, welche Daten ihre Abnehmer benötigen. Sensible Informationen sind gegebenenfalls zu schwärzen und eine vertragliche Berufung auf Verschwiegenheitspflicht ist ebenfalls denkbar. Obwohl nicht-verpflichtete Zulieferer somit grundsätzlich nicht kooperieren müssen, ist dennoch zu beachten, dass eine vollständige Verweigerung von Informationsanfragen die Geschäftsbeziehung zu ihren Kunden langfristig belasten kann.

5.2 Ansätze für Präventionsmaßnahmen

Fordern verpflichtete Unternehmen ihre Zulieferer auf, Vereinbarungen bzgl. Präventionsmaßnahmen zu unterzeichnen, sollten diese stets sicherstellen, dass diese realistisch und ausgewogen sind. Zulieferer sollten vorsichtig sein, wenn sie Zusicherungen geben, über die sie keine Kenntnisse oder Kontrolle haben. Sie sollten hierbei auch bedenken, dass sie oftmals selbst nur b...

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