Für eine Baustelle hat grundsätzlich der Bauherr als Veranlasser der Baumaßnahmen die Verkehrssicherungspflicht. Diese verkürzt sich, soweit er die Planung und Durchführung des Bauvorhabens zuverlässigen Fachleuten übertragen hat. Gegenüber seinen Mitarbeitern ist der Unternehmer selbst für die Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften als Ausdruck der Verkehrssicherungspflicht verantwortlich und hat primär für die Sicherheit auf der Baustelle zu sorgen (Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil v. 13.4.2000, 11 U 129/98). Allerdings kann die Sicherung von Bauarbeiten eine Aufgabe des Generalunternehmers sein, wenn und soweit sie zum Schutz einer Vielzahl von Beschäftigten unterschiedlicher Firmen erforderlich oder zweckmäßig ist.

 
Achtung

Verantwortung für Sicherungsmaßnahmen

Je mehr Beschäftigte firmenübergreifend von einer kollektiven Schutzmaßnahme profitieren, desto mehr ist es Aufgabe einer bauleitenden Stelle, diese Schutzmaßnahmen von vornherein vorzusehen, zu ergreifen oder zu koordinieren. Je weniger Beschäftigte mit der kollektiven Schutzmaßnahme abgesichert werden können, desto stärker rückt der individuelle Schutz in den Vordergrund. Je weniger Arbeiter von unterschiedlichen Firmen beteiligt sind, desto mehr ist es Aufgabe des mit dem Gewerk beauftragten Fachunternehmens, die jeweils notwendigen Sicherungsmaßnahmen zu treffen (LAG Hamm, Urteil v. 16.10.2007, 19 Sa 1891/06; OLG Köln, Urteil v. 17.2.2004, 22 U 145/03).

 
Achtung

Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf Arbeitnehmer

Die Übertragung einer Verkehrssicherungspflicht ist nur möglich, wenn der in Anspruch Genommene in der Lage ist, in eigener Verantwortung über die Gefahrenquelle zu verfügen. Eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf den Arbeitnehmer ohne eine vertragliche Regelung ist nur möglich, wenn den Arbeitnehmer eine faktische Verantwortungszuständigkeit für die Baustelle trifft.

Hatte ein Kolonneführer lediglich intern eine aus insgesamt nur 3 Personen bestehende Arbeitskolonne zu führen, ergibt sich aus seiner Vorarbeiterstellung in ihrer konkreten Ausprägung keine faktische Verantwortungszuständigkeit für den gesamten Gerüstbau (OLG Oldenburg, Urteil v. 28.2.2017, 2 U 89/16).

Eine haftungsrechtlich erhebliche Übertragung liegt auch nicht vor, wenn der Anlagenbetreiber einen Abschaltbeauftragten benennt, der nach der selbstständigen Festlegung der durchzuführenden Arbeiten anhand eines ihm übergebenen Abschaltplans bei der zuständigen Stelle des Anlagenbetreibers die Abschaltung der im Plan angegebenen Förderbänder beantragen muss (OLG Düsseldorf, Urteil v. 13.12.1996, 22 U 112/96).

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