Das Konzept des Arbeitsschutzmanagements (vgl. Abb. 1) baut auf Erkenntnissen der Managementforschung, der Organisations- und Führungstheorie sowie den Erfahrungen des klassischen Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf und berücksichtigt auch neuere Entwicklungen im Arbeitsschutzrecht sowie bei der Führung von Unternehmen.[2]

Abb. 1: Ablaufdiagramm

4.1 Geeignete Organisation für Sicherheit und Gesundheitsschutz

Der Gesetzgeber hat die oben skizzierte Problematik erkannt und verpflichtet die Arbeitgeber/Unternehmer durch das 1996 erlassene Arbeitsschutzgesetz zum Aufbau einer geeigneten Organisation (§ 3 ArbSchG). Das heißt, jedes Unternehmen muss die Planung und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes sowie die Überprüfung deren Wirksamkeit und erforderlichenfalls auch deren Anpassung organisieren, wobei eine ständige Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben ist. Die hierfür erforderlichen Mittel hat der Arbeitgeber bereitzustellen. Bei der Organisation des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes ist gem. § 3 Abs. 2 auf die Einbindung der erforderlichen Maßnahmen in die betrieblichen Führungsstrukturen zu achten. Dies zeigt: Das Arbeitsschutzgesetz fordert implizit ein Arbeitsschutzmanagement.

 
Wichtig

Schlanke Organisation

Die betriebliche Arbeitsschutzorganisation sollte möglichst schlank sein. D. h., Regelungen aus anderen Bereichen (z. B. die Festlegung der Aufgaben, Zuständigkeiten und Befugnisse zur Qualifizierung oder die Festlegung von Prozessen) sollten übernommen werden. Übersichten (z. B. eine Matrix "Was ist wie zu dokumentieren und wie lange bzw. wo sind die Dokumente aufzubewahren") sollten lange Ausführungen ersetzen. Statt eines umfangreichen AMS-Handbuchs reichen "dokumentierte Informationen" (Informationen, die von einem Unternehmen gelenkt und aufrechterhalten werden).

4.2 Eigenverantwortung des Unternehmens

Das Arbeitsschutzgesetz und insbesondere neuere Verordnungen, wie beispielsweise die Betriebssicherheitsverordnung, gewähren Unternehmen Gestaltungsspielräume verbunden mit einer hohen Eigenverantwortung. Sie formulieren deshalb primär Schutzziele und räumen Spielräume für die betriebsspezifische Umsetzung ein. Im Gegenzug müssen die Unternehmen die individuelle Umsetzung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen eigenverantwortlich regeln und die Verantwortung für die schutzzielkonforme Umsetzung übernehmen sowie in der Lage sein, die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen auch nachweisen zu können. Ein Arbeitsschutzmanagement trägt hierzu bei.

Die Förderung der Eigenverantwortung für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist eine der Intentionen des Arbeitsschutzmanagements. Hierzu tragen insbesondere bei:

  • das Entwirren des Vorschriften-Knäuels und die klare Darstellung der konkreten Pflichten und Aufgaben der Akteure im Arbeitsschutz,
  • die Formulierung messbarer Arbeitsschutzziele für das Unternehmen und die einzelnen Bereiche, die im Einklang zu den Unternehmenszielen stehen sollen,
  • das Ableiten von Arbeitsschutzmaßnahmen aus den formulierten Arbeitsschutzzielen unter Beachtung externer Vorgaben, statt sie allein aus externen Vorgaben herzuleiten und zu begründen,
  • die Ermittlung der Wirksamkeit der Arbeitsschutzmaßnahmen sowie
  • die Dokumentation der Festlegungen und Ergebnisse.

4.3 Sicherheit und Gesundheitsschutz sind Managementaufgaben

Ausgehend von der bei weitem nicht neuen Erkenntnis, dass die Vorgaben und die gelebte Praxis der Führung entscheidenden Einfluss auf das Handeln der Mitarbeiter haben, geht das Arbeitsschutzmanagement von dem Prinzip "Arbeits- und Gesundheitsschutz müssen erkennbare (erlebbare) Führungsaufgaben sein" aus. Hierzu sind im Rahmen eines Arbeitsschutzmanagements insbesondere

  • die Pflichten und Aufgaben der Führungskräfte festzulegen,
  • arbeitsschutzrelevante Kompetenzen in das Anforderungsportfolio von Führungskräften sowie die Führungskräfteentwicklung aufzunehmen,
  • die Pflichten und Aufgaben der Führungskräfte transparent zu machen,
  • die Führungskräfte auch an der Erfüllung ihrer Pflichten und Aufgaben in Sachen Sicherheit und Gesundheitsschutz zu bewerten sowie
  • Management Reviews durchzuführen.

4.4 Systemgedanke

Ein weiterer Ausgangspunkt ist das Systemprinzip bzw. der Systemgedanke. Dies bedeutet, das Arbeitsschutzmanagement

  • beschreibt den Kontext einer Organisation (eines Unternehmens) – siehe Anforderung 4 der DIN ISO 45.001:2018;
  • betrachtet Geschäfts- und vor allem Arbeitsprozesse ganzheitlich;
  • gestaltet Sicherheit und Gesundheitsschutz als Prozesse, d. h., die auch in anderen Bereichen praktizierte Prozessorientierung findet Anwendung. Arbeits- und Gesundheitsschutzaspekte werden in die betrieblichen Management-, Produktions- und Unterstützungsprozesse integriert und die erforderlichen Maßnahmen als Prozesse gestaltet;
  • legt Aktivitäten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes das Regelkreisprinzip (Planen, Durchführen, Überprüfen, Korrigieren) zugrunde;
  • steuert die Arbeits- und Gesundheitsschutzprozesse, wobei es das Ziel ist, weniger ...

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