Psychische Belastungen stehen nicht auf der Agenda

Schon seit langem weiß man, dass sich körperliche Gesundheit und psychisches Wohlergehen gegenseitig beeinflussen. Trotzdem sorgen sich noch immer zu wenige Unternehmen um die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz.

Mit der Gefährdungsbeurteilung steht den Arbeitgebern ein Instrument zur Verfügung, mit dem sie die psychischen Gefährdungen und Risiken am Arbeitsplatz ermitteln können. Oft werden jedoch nur die körperlichen Belastungen und die technischen Risiken überprüft. Die gesetzlich vorgeschriebene psychische Gefährdungsbeurteilung führen dagegen nur 31 % der Betriebe in Deutschland durch, wie eine Forsa-Studie im Auftrag der Dekra belegt.

53 % der Unternehmen führen keine psychische Gefährdungsbeurteilung durch

Für die Studie befragte das Forsa-Institut 1.500 Beschäftigte im Alter von 18 bis 65 Jahren aus verschiedenen Branchen. Dabei zeigte sich, dass in 53 % der Unternehmen psychische Belastungen ignoriert werden, sprich keine Gefährdungsbeurteilung dahingehend erfolgt. Weitere 15 % der Befragten waren sich nicht sicher, ob es so etwas in ihrem Unternehmen gibt.

Im Homeoffice gab es noch weniger Gefährdungsbeurteilungen

Durch die Corona-Pandemie hat mobiles Arbeiten bzw. Homeoffice in vielen Betrieben deutlich zugenommen. Dadurch haben sich die meisten gut geschützt vor einer Corona-Infektion gefühlt. Doch es verschiedene Faktoren, die bei der Arbeit zu Hause belastend waren, wie die Umfrageergebnisse zeigen:

  • 32 % berichteten über längere Arbeitszeiten bzw. Arbeit am Abend oder Wochenende.
  • 30 % fühlten sich gestört, u. a. durch die Anwesenheit von Familienmitgliedern, durch Nachbarn oder Lärm von außen.
  • 27 % vermissten einen klar abgegrenzten Arbeitsbereich bzw. ein separates Arbeitszimmer.
  • 21 % hatten Probleme mit der IT-Ausstattung und der Software.

Doch nur 26 % der Befragten gaben an, dass während der Pandemie eine psychische Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurde. Das bedeutet einen Rückgang um 7 % im Vergleich zu 2017.

Unfallzahlen haben sich verringert - psychische Erkrankungen steigen weiter an

Während die Unfallzahlen in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind oder zumindest stagniert haben, sind die Ausfallszeiten auf Grund psychischer Erkrankungen innerhalb von 10 Jahren um 56 % gestiegen. Das bedeutete 265 Fehltage pro 100 Versicherten im Jahr 2020.

Es gibt durchaus „Kümmerer“ unter den Unternehmern

Auch wenn viel zu wenige Unternehmen eine Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen durchführen, kümmert sich offensichtlich ein Großteil um seine Mitarbeiter. So sagten 65 % der Befragten, dass sie den Eindruck haben, dass sich ihr „Arbeitgeber aktiv um die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter kümmert“. 45 % berichteten von regelmäßigen Feedback-Gesprächen durch den Arbeitgeber zur Steigerung der Gesundheit und des Wohlbefindens. Und 40 % haben die Möglichkeit, an Kursen etwa zur Ernährung, Rückenstärkung oder Entspannung teilzunehmen.

Gefährdungsbeurteilungen machen Arbeitsschutzmaßnahmen wirtschaftlicher

Nicht untersucht hat die Studie, warum auch die Unternehmen keine Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen durchführen, die sich anscheinend um ihre Mitarbeiter kümmern. Denn es gibt für viele Branchen und Bereiche Handreichungen, mit denen sich die Arbeitsplatzbeurteilung praxisnah durchführen lässt. Und sie sind so gestaltet, dass sich damit Risiken genauer erkennen bzw. eingrenzen und Maßnahmen passend planen und umsetzen lassen. Und so eine Vorgehensweise trägt u. a. zu mehr Wirtschaftlichkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen bei.

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