Demontage von Windkraftanlagen

Bis zum Jahr 2027 müssen mehr als 87.000 Rotorblätter von Windkraftanlagen ausgetauscht werden. Bei der Demontage und anschließenden Verwertung der alten Rotorblätter kann es zu einer gefährlichen Exposition gegenüber teilweise krebserregenden Fasern und Stäuben kommen. Bezüglich der Schutzmaßnahmen für die beim Rückbau verantwortlichen Monteure und die Beschäftigten in den Aufbereitungsanlagen sind noch einige wichtige Fragen offen.

Neue Materialien wie Faserverbundwerkstoffe bzw. kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) werden in der Windenergieindustrie zunehmend eingesetzt, da sie enorme Energieeffizienzpotenziale bieten. Zu den Faserverbundwerkstoffen gehören glas- oder kohlefaserverstärkte Kunststoffe, insbesondere Carbon- oder Glasfasern. Diese Materialien sind unter anderem in einem Großteil der Rotorblätter der derzeit operierenden Windkraftanlagen verbaut. Bei vielen Anlagen müssen die Rotorblätter in den kommenden Jahren jedoch bereits wieder demontiert und abgebaut werden, teilweise auch im Rahmen des Rückbaus. Dabei kann es für die beteiligten Monteure zu Expositionen gegenüber Azobenzol, Beryllium, Bleiverbindungen, Cadmium, Cobalt, Nickel oder Quecksilber kommen. Diese Gefahrstoffe können auch an Staub gebunden sein, der bei der Zerlegung freigesetzt wird. Viele der genannten Gefahrstoffe sind neurotoxisch und können teilweise sogar Krebs verursachen.

Demontage und Metallrecycling

Die Demontage der Rotorblätter stellt den ersten Schritt für den Rückbau einer Windkraftanlage dar. Mithilfe eines Krans, der auf einer eigens dafür geplanten Stellfläche aufgestellt wird, werden die Rotorblätter einzeln oder als Satz (d.h. drei Rotorblätter) abgenommen und auf dem Boden abgelegt. Ziel der Zerlegung der Rotorblätter vor Ort an der Baustelle ist der kostengünstige und schnelle Abtransport der Materialien für eine weitere Aufbereitung und anschließende Verwertung (Recycling). Dabei können zur Zerlegung von faserverstärkten Kunststoffen unterschiedliche Technologien und Werkzeuge zum Einsatz kommen, unter anderem die Seilsäge, das Wasserstrahlschneiden, mobile Sägen und hydraulische Scheren. Das Metallrecycling der Rotorblätter ist seit langem etabliert und stellt rein technisch keine großen Probleme mehr dar. Bei der Aufbereitung von Rotorblattabfällen werden zunächst Metalle, elektrische und elektronische Bestandteile sowie CFK-Anteile möglichst sortenrein entfernt. Auch elektrische und elektronische Bestandteile können weitgehend sortenrein aus den Rotorblattabfällen entfernt und etablierten Verwertungsprozessen zugeführt werden.

Sicherheitsrisiken für Beschäftigte

Technisch stellen die Demontage von Rotorblättern und deren Recycling kein Problem mehr da. Für den Gesundheitsschutz bleiben aber noch einige wichtige Fragen offen. So fehlen insbesondere für die Demontage-Prozesse am Standort der Windkraftanlage allgemein akzeptierte Werte zur Freisetzung von inhalierbaren Stäuben und Fasern. Gleiches gilt für die Zerkleinerung bei der Aufbereitung. Zudem existieren für Carbonfasern noch keine rechtlich bindenden Grenzwerte für Emissionen. Bis zur Einführung solcher Grenzwerte sollten sich die beteiligten Unternehmen zum Schutz ihrer Beschäftigten an dem Grenzwert der TRGS 521 „Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit alter Mineralwolle“ von 50.000 Fasern/m3 orientieren. 
Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass für viele Rotorblätter keine genauen Informationen zu den darin verbauten Materialien vorliegen, was die Beurteilung im Rahmen der Gefährdungs- bzw. Risikoanalyse erschwert. Im Sinne des Fürsorgeprinzip sollten die Betriebe daher grundsätzlich von der höchsten Gefährdungsstufe ausgehen.

Technologien der Zukunft

Allerdings könnte der technologische Fortschritt in Zukunft eine unmittelbare Exposition verhindern. Dies ist teilweise schon heute bei der Demontage der Fall. Teilweise ist dies bereits heute bei der Demontage der Fall, da erste unbemannte Demontagekammern im Einsatz sind, die voraussichtlich rasch weitere Verbreitung finden werden. Die rundum geschlossene Sägezelle dieser Kammern wird vom Boden aus gesteuert, ein Kran ist nicht erforderlich. Dadurch verringern sich sowohl die Unfallgefahr für das Rückbaupersonal als auch die Umweltbelastung durch Glasfaserrückstände am Boden erheblich. 
Noch Zukunftsmusik dagegen ist ein weiteres Demontageverfahren: die energetische Demontage. Dabei erfolgt das Trennen der Rotorblätter mittels Sprengladungen. An optimalen Lösungen für dieses Verfahren wird derzeit noch gearbeitet, in der betrieblichen Praxis kommt es bislang nicht zur Anwendung.


Weiterführende Informationen: 
Christian Kühne, Dieter Stapf, Philipp Holz: Abschlussbericht Entwicklung von Rückbau- und Recyclingstandards für Rotorblätter, Umweltbundesamt 2022.
 


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