1) Ist das Managen des Arbeitsschutzes durch die Führungskräfte eine gesetzliche Forderung?

Jede Fachkraft für Arbeitssicherheit kennt die Frage "Wo steht das?" oder bezogen auf den Beitrag der Führungskräfte zum Arbeitsschutz "Wo steht, dass Führungskräfte den Arbeitsschutz managen müssen?" Weder der Gesetzgeber noch die Unfallversicherungsträger weisen den Führungskräften (ausgenommen Leiter von Unternehmen oder Betrieben gemäß § 13 Abs. 1 ArbSchG) per se mehr Verantwortung für den Arbeitsschutz zu als jedem anderen Mitarbeiter. Die Aufgabe, den Arbeitsschutz zu managen und die Verantwortung für den Arbeitsschutz resultieren aus den vom Unternehmer übertragenen Aufgaben sowie der Pflichtenübertragung. Dadurch können im Fall einer Pflichtverletzung die staatlichen Arbeitsschutzbehörden nicht nur gegen den Unternehmer, sondern auch gegen dessen Repräsentanten vorgehen. Die Verantwortung der Führungskräfte ist allerdings – ebenso wie bei den Unternehmens- und Betriebsleitern – auf die übertragenen Aufgaben und Befugnisse beschränkt.

2) Ist das Managen des Arbeitsschutzes nicht nur etwas für "höhere" Führungskräfte?

Jede Führungskraft, die von ihrem Vorgesetzten bzw. vom Unternehmer mit der eigenverantwortlichen Erfüllung betrieblicher Aufgaben beauftragt wird, ist quasi automatisch auch für die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit der damit tangierten Personen zuständig, denn sie sind untrennbar mit der Aufgabenerfüllung verbunden.

3) Welche Befugnisse müssen Führungskräften eingeräumt werden, wenn sie den Arbeitsschutz managen sollen?

Den Arbeitsschutz im eigenen Zuständigkeitsbereich zu managen bedeutet vor allem, ihn eigenverantwortlich umzusetzen, die Wirksamkeit zu überprüfen und bei Abweichungen eigenverantwortlich Korrektur- und Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten. Dies erfordert entsprechende Handlungskompetenzen, organisatorische, personelle und finanzielle Entscheidungsbefugnisse sowie Weisungsbefugnisse bezüglich des Arbeitsschutzes im Zuständigkeitsbereich.

4) Worauf muss bei der Pflichtenübertragung geachtet werden?

Wenn in einem Unternehmen erstmals Aufgaben im Arbeitsschutz an Führungskräfte zur eigenverantwortlichen Umsetzung in Form einer schriftlichen Pflichtenübertragung delegiert werden, kann dies Irritationen, Unruhe und ablehnendes Verhalten hervorrufen. Bei den betroffenen Führungskräften entsteht nahezu unvermeidlich der Eindruck, dass ihnen eine erhöhte Verantwortungslast auferlegt werden soll, zumal die Schriftform sie subjektiv mehr verpflichtet. Es bedarf einiger Aufklärungsarbeit (z. B. Verweise auf andere Führungsaufgaben und die Darlegung der Hintergründe), einer behutsamen Kommunikation, des Aufzeigens der Befugnisse sowie gezielter Information, Schulung und eigenes Vorleben um klar zu machen, dass es eigentlich nicht darum geht, Führungskräften zusätzliche Verantwortung aufzudrücken, sondern sie vielmehr darin zu unterstützen, ohnehin bestehende Verantwortungsbereiche qualifiziert und einigermaßen gesichert abzudecken.

Dabei muss immer wieder auf den Grundsatz hingewiesen werden, dass niemand Verantwortung für Dinge übernehmen muss, die erkennbar außerhalb seiner Handlungskompetenz liegen. Andersherum wird es wichtig sein klarzumachen, wie in solchen Fällen zu reagieren ist, z. B. indem eine Führungskraft dokumentiert auf einen Mangel hinweist, den sie nicht in eigener Verantwortung abstellen kann.

5) Kann die Übernahme von Pflichten verweigert werden?

Dies ist eine arbeitsrechtliche Frage, die nach den Vorschriften bzw. Grundsätzen des Arbeitsrechts entschieden werden muss. Danach kommt es wesentlich darauf an, ob die Pflichtenübertragung dem in Aussicht genommenen Beauftragten zumutbar, mithin sozialadäquat ist oder nicht. Dies muss bejaht werden, wenn er nach Ausbildung, Erfahrung und Arbeitsgebiet qualifiziert ist, die zu übertragende Verpflichtung ordnungsgemäß zu erledigen. Eine Pflichtenübertragung wird i. d. R. zumutbar sein, wenn der so qualifizierte Beauftragte Vorgesetzter, also Entscheidungsträger ist. Erst die Delegation von Verantwortung gibt dem Unternehmer die Möglichkeit, einen wirksamen Arbeitsschutz zu organisieren und zu betreiben (zu managen), seiner Verantwortung für den Arbeitsschutz also sachgerecht zu entsprechen. Würde man Führungskräften und Personen mit besonderen Aufgaben im Arbeitsschutz in jedem Fall ein Ablehnungsrecht zubilligen, wäre ein wirkungsvoller Arbeitsschutz durch den Unternehmer ausgeschlossen. Das kann nicht der Sinn von §§ 9 Abs. 2, 130 OWiG und § 13 DGUV-V 1 sein.

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