1. "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder, wenn für einen Betrieb mehrere Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt sind, der leitende Betriebsarzt und die leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit, unterstehen unmittelbar dem Leiter des Betriebs." Der Wortlaut von § 8 Abs. 2 ASiG ist klar und eindeutig. Er lässt dem Arbeitgeber keinen organisatorischen Spielraum.
2. Die nachfolgend dargestellte Entscheidung des LAG Köln ist deshalb nicht überraschend. Sie ist aber gleichwohl zu begrüßen, weil sie unmissverständlich und mit nicht zu überbietender Deutlichkeit klar macht, dass es sowohl Wortlaut als auch Sinn und Zweck des § 8 Abs. 2 ASiG verbieten, die Fachkraft für Arbeitssicherheit anderen Personen zu unterstellen, als dem Betriebsleiter. Die Unterstellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit als Stabsstelle unmittelbar unter die Betriebsleitung ist nicht nur die zweckmäßigste Organisationsform, weil die Fachkraft verantwortlich den Arbeitgeber bzw. den Leiter des Betriebes aus einer möglichst unabhängigen Stellung beraten und unterstützen soll, sondern auch die vom ASiG geforderte Organisationsform. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 15.12.2009, 9 AZR 768/08, bestätigt. Dabei hat das BAG außerdem festgestellt, dass die FASi "mindestens" dem Leiter des Betriebs zu unterstellen sind und es deshalb unbedenklich sei, sie unmittelbar im Rahmen einer Stabsstelle einer höheren Hierarchieebene, also etwa der Unternehmens- oder Konzernspitze, zu unterstellen. Dies ermöglicht den Unternehmen insoweit Gestaltungsfreiheit.
3. Wer "Leiter des Betriebs" ist, muss in jedem Einzelfall geprüft und festgestellt werden. Es kann, muss aber nicht zwangsläufig der Geschäftsführer sein. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts betreffend die Durchführung des ASiG im gewerblichen Bereich kommt es für die Bestimmung des "Betriebes" i. S. d. ASiG nicht auf die organisatorische Einheit und Selbständigkeit des Betriebes an. Wesentlich ist vielmehr eine "auf einem gewissen räumlichen und arbeitstechnischen Zusammenhang bestehende, in sich geschlossene, relativ selbständige Vereinigung von persönlichen, sachlichen und immateriellen Mitteln zur Verfolgung eines wirtschaftlichen Zweckes" (BSG vom 26.6.1980, 8 a RU 106/79). Nach Ansicht des BSG sind diese Voraussetzungen z. B. immer dann gegeben, wenn in dem Betrieb ein eigener Betriebsrat besteht.
4. Im Bereich der öffentlichen Verwaltung ist der Behördenleiter unmittelbar und konkret zuständig und verantwortlich für die Arbeitssicherheit und Unfallverhütung im Bereich der ihm unterstellten Verwaltung. Durch die Bestellung als Leiter ist ihm die weit gehend selbstständige Führung der Behörde übertragen. Er ist zuständig und verantwortlich für die richtige, rechtzeitige und vollständige Aufgabenerfüllung. Damit sind ihm auch die Unternehmer-/Arbeitgeberpflichten zur Arbeitssicherheit und Unfallverhütung übertragen. Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Osnabrück ist in einer niedersächsischen kreisfreien Stadt der Oberstadtdirektor "Leiter des Betriebes" i. S. von § 8 Abs. 2 ASiG (ArbG Osnabrück vom 15.6.1993, ArbuR 1996, 29).
5. Im ASiG ist nicht vorgesehen, dass der Leiter des Betriebs zum Zweck der Unterstellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit einen Vertreter bestellt. Dies gilt auch für die Fälle des sog. "ständigen Vertreters". Das Institut des "ständigen Vertreters" ist z. B. im Personalvertretungsrecht oder dem Eingruppierungsrecht bekannt. Die ständige Vertretung umfasst die Gesamtheit der Dienstaufgaben des Vertretenen bei dessen An- und Abwesenheit (vgl. BAG vom 25.2.1987, AP Nr. 14 zu § 24 BAT; vgl. auch BAG vom 21.10.198, AP Nr. 18 zu § 24 BAT = ZTR 1999, 177).
Dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Vertretung durchaus gesehen hat, wird bei einem Blick auf die Normierung der Zusammensetzung des Arbeitsschutzausschusses nach § 11 ASiG deutlich. Dort ist ausdrücklich vorgesehen, dass der Arbeitgeber sich durch einen "Beauftragten" vertreten lassen kann. Aus der Tatsache, dass eine Vertretung in § 11 ASiG im Gegensatz zu § 8 Abs. 2 ASiG ausdrücklich zugelassen ist, kann rückgeschlossen werden, dass im Rahmen von § 8 Abs. 2 ASiG die Übertragung der Zuständigkeit auf einen Vertreter nicht zulässig ist. Nach dem Urteil des BAG vom 15.12.2009, 9 AZR 768/08, NZA 2010, 506, ist in einer Landeshauptstadt die Unterstellung unter den Ersten Beigeordneten fehlerhaft und eine Stabsstelle unter dem Oberbürgermeister erforderlich; dagegen können personelle Angelegenheiten, wie etwa Urlaubsgewährung, an die Personalabteilung delegiert werden.
6. Sind in einem Betrieb mehrere Fachkräfte für Arbeitssicherheit tätig, so untersteht nur ihr Leiter, nämlich die Leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit, unmittelbar dem Leiter des Betriebes. Aus der Organisationsvorschrift des § 8 Abs. 2 ASiG ergibt sich, dass im Fall des Vorhandenseins mehrerer Fachkräfte in einem Betrieb diese, je für sich, eine organisatorische Einheit bilden, ...