Expositionsszenarien (ES) erweitern Sicherheitsdatenblätter von gefährlichen Stoffen, die im Mengenband über 10 Tonnen pro Jahr und Lieferant registriert werden. Ein erweitertes Sicherheitsdatenblatt (eSDB) für Gemische ist in der REACH-Verordnung in der Regel nicht vorgesehen. Die Quelle für ES sind die Stoffsicherheitsberichte, die vom Hersteller oder Importeur im Rahmen der REACH-Registrierung für diese Stoffe erstellt werden müssen.

Im eSDB wird für jede identifizierte Verwendung ein ES mitgeliefert. Dort werden die Verwendungsbedingungen und Risikomanagementmaßnahmen für eine angemessene Beherrschung der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt beschrieben. Der Arbeitgeber muss das ES bei seiner Gefährdungsbeurteilung als Informationsquelle berücksichtigen. Format und Inhalt eines ES sind in der REACH-Verordnung nicht verbindlich festgelegt. Gemäß Empfehlung der ECHA sollte ein ES jedoch die folgenden Abschnitte enthalten[1]:

  1. Titelabschnitt (Abschnitt 1),
  2. Verwendungsbedingungen mit Einfluss auf die Exposition (Abschnitt 2),
  3. Expositionsabschätzung (Abschnitt 3),
  4. Leitlinien für die nachgeschalteten Anwender zwecks Bewertung, ob die Verwendung innerhalb der Grenzen des ES liegt (Abschnitt 4).

Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die wesentlichen Inhalte der jeweiligen Abschnitte des ES.

Tabelle 1: Übersicht über die Inhalte eines Expositionsszenariums

ES

Abschnitt
Bezeichnung Inhalte
1 Titelabschnitt Anwendungsbereich des ES
Referenznummer des ES
Beitragsszenarien (z. B. Szenarium zur Freisetzung in die Umwelt, Szenarium zur Exposition von Beschäftigten und Verbrauchern)
Verwendungsdeskriptoren:
Informationen zum Marktsegment

Produktkategorie (PC)

Verwendungssektor (SU)

Erzeugniskategorie (AC)
Informationen zur Art der Anwendung Verfahrenskategorie (PROC)
Informationen zur Art der Umweltfreisetzung Umweltfreisetzungskategorie (ERC)
2 Verwendungsbedingungen mit Einfluss auf die Exposition Einsatzbedingungen (OCs)

Dauer und Häufigkeit des Einsatzes

Einsatzmenge

Weitere Anwendungsbedingungen, die die Exposition beeinflussen
Risikomanagementmaßnahmen (RMM) (für jedes beitragende Szenarium)

Arbeitsschutz

Verbraucherschutz

Umweltschutz

Abfallbehandlung
3 Expositionsabschätzung (je beitragendes Szenarium)

Geschätzte Expositionshöhe (Beschäftigte, Umwelt, Verbraucher)

Risk Characterisation Ratio (RCR, Risikoverhältnis)

Informationen zur verwendeten Methodik (Messwerte, Modellierungssoftware etc.)
4 Leitlinie für nachgeschaltete Anwender Informationen wie überprüft werden kann, dass Verwendungen durch ein ES abgedeckt sind (bei abweichenden Verwendungsbedingungen)

Informationen zu Scaling-Methoden

Informationen zu skalierbaren Parametern

 

Verwendungsdeskriptoren in Expositionsszenarien
Erweiterte Sicherheitsdatenblätter umfassen häufig eine große Anzahl von Expositionsszenarien und sind häufig umfangreich. Verwendungsdeskriptoren erleichtern den Arbeitgebern, das für ihre Verwendung passende Expositionsszenarium zu finden. Häufig unterstützt eine tabellarische Übersicht der Verwendungsdeskriptoren diese Suche. Eine Auflistung aller Verwendungsdeskriptoren ist in den ECHA-Leitlinien zu Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung[2], Kapitel R.12: Verwendungsbeschreibung, enthalten.
Beispiel: Expositionsszenarium "Auftragen von Farbe mit der Malerrolle"
Sector of use (SU): SU 19
Verwendungssektor Bauwirtschaft, z. B. Maler
Product Categories (PC) PC 9a
Produktkategorie Beschichtungen und Farben, Verdünner, Farbentferner
Process Categories (PROC) PROC 10
Verfahrenskategorie Auftragen durch Rollen/Streichen

Ein ES beschreibt allgemein formulierte Risikomanagementmaßnahmen (RMM) ohne konkreten Arbeitsplatzbezug. Für die Gefährdungsbeurteilung können diese RMM ein guter Einstieg sein, müssen aber an die vorliegenden betrieblichen Gegebenheiten angepasst werden. ES können tätigkeits- und arbeitsplatzspezifische Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten nicht vollständig ersetzen. Die expositionsbestimmenden Parameter am konkreten Arbeitsplatz wie z. B. Raumgröße, vorhandene technische Schutzmaßnahmen, Lüftungsverhältnisse oder Temperatur sind in der Gefährdungsbeurteilung immer zusätzlich zu berücksichtigen. Darüber hinaus müssen weitere Gefährdungen berücksichtigt werden, z. B. Wechselwirkungen mit anderen Gefahrstoffen oder physikalischen Belastungen, z. B. durch Lärm (TRGS 400, Abschnitt 5.4 Absatz 3).

Erhält ein Anwender ein ES, muss er überprüfen, ob seine Verwendungsbedingungen abgedeckt sind. Die Einzelheiten einer solchen Prüfung sind im ECHA-Leitfaden für nachgeschaltete Anwender beschrieben[3]. Der Arbeitgeber kann von den RMM des ES abweichen, wenn die Anforderungen der GefStoffV erfüllt sind. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn

  1. bei inhalativer Gefährdung der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) eingehalten ist oder
  2. Schutzmaßnahmen gemäß einer TRGS der Reihe 500 oder nach einem anerkannten standardisierten Arbeitsverfahren (VSK) nach TRGS 420 "Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) für ...

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