§ 5 ArbStättV soll einen wirksamen Schutz der Nichtraucher vor den Gesundheitsgefahren und Belästigungen durch Tabakrauch gewährleisten.

 
Achtung

Unverzichtbarer Schutzanspruch

Den Schutzanspruch besitzen die nicht rauchenden Beschäftigten. Das sind nicht nur die Nichtraucher, sondern alle Beschäftigten, die nicht bei der Arbeit rauchen, also auch solche, die in ihrer Freizeit oder außerhalb der Arbeitsstätte rauchen. Es besteht eine öffentlich-rechtliche Schutzpflicht des Arbeitgebers, die unverzichtbar ist; d. h., sie wird durch eine Einwilligung eines Beschäftigten in einen rauchbelasteten Arbeitsplatz nicht aufgehoben (vgl. BAG v. 10.5.2016, 9 AZR 347/15, Rn. 30).

Die Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens war lange umstritten, ist seit Anfang des Jahrhunderts jedoch generell anerkannt. Zunehmend hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass es nicht nur um eine Minimierung der Rauchbelastung z. B. durch Lüftungsmaßnahmen geht, denn die kanzerogene Wirkung des Tabakrauchs besteht nicht erst ab einem bestimmten Grenzwert. Es geht also um tabakrauchfreie Atemluft. Der Verordnungsgeber hat dies grundsätzlich anerkannt, als er § 5 Abs. 1 ArbStättV mit Wirkung vom 1.9.2007 um einen Satz ergänzt hat, wonach ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot erforderlich sein kann, um die Nichtraucher wirksam zu schützen. Laut BAG v. 10.5.2016, 9 AZR 347/15, Rn. 16 f., ist der Verordnungsgeber davon ausgegangen, dass Tabakrauch zwangsläufig die Gesundheit gefährde, was damit nicht im Einzelfall nachgewiesen werden müsse.

Allerdings sind auch die Rechte der Raucher auf freie Entfaltung zu berücksichtigen. Daher sind im Konfliktfall andere Maßnahmen des Nichtraucherschutzes, die weniger einschneidend als ein Rauchverbot in die Rechte der Raucher eingreifen, als mildere Mittel in Betracht zu ziehen. So dürfte ein totales Rauchverbot auf dem gesamten Betriebsgelände häufig unverhältnismäßig sein. Es können stattdessen Maßnahmen ergriffen werden, die Raucher und Nichtraucher räumlich trennen und die Luftvermengung durch geeignete Lüftungstechnik verhindern. Das mag z. B. durch getrennte Arbeitsplätze oder spezielle Bereiche zum Rauchen (Raucherpavillons, Raucherräume, Raucherkabinen) geschehen (siehe Abschn. 4.2 Abs. 6 ASR A3.6). Doch darf dabei nicht infrage gestellt werden, dass nur ein rauchfreier Arbeitsplatz wirksamen Schutz bietet. Neben der öffentlich-rechtlichen Schutzpflicht besteht auf einen solchen rauchfreien Arbeitsplatz grundsätzlich ein individueller unabdingbarer Anspruch eines Nichtrauchers (siehe BAG v. 19.5.2009, 9 AZR 241/08), unabhängig von konkreten gesundheitlichen Problemen. Ist eine zuverlässige Abschirmung der Arbeitsplätze von Nichtrauchern gegenüber Tabakrauch nicht möglich, sind geeignete Rauchverbote erforderlich und auch verhältnismäßig.

§ 5 Abs. 2 regelt eine Ausnahme von Abs. 1 für Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr. Hier wird unterstellt, dass in bestimmten Gewerbezweigen Kunden erwarten, dass sie in der Arbeitsstätte des Anbieters rauchen dürfen. Gaststätten, Diskotheken, Hotels, Heime oder Bahnhöfe sind traditionelle Beispiele hierfür. Seit 2007 sind in allen Bundesländern Rauchverbote durch Nichtraucherschutzgesetze für viele Betriebe dieser Art erlassen worden (s. u.), sodass das Problem bereits erheblich entschärft ist. Allerdings verbleiben immer noch bestimmte Arbeitsstätten oder Teile davon, in denen Kunden rauchen dürfen. So erlaubt eine Mehrzahl der Bundesländer Raucherräume in Gaststätten und das Rauchen in kleinen Ein-Raum-Kneipen. Vielfach werden auch Hotels, soweit es nicht um ihre Gastronomie geht, von Nichtraucherschutzgesetzen nicht erfasst. Überall dort also, wo Kunden weiterhin rauchen dürfen, stellt sich die Frage nach dem Schutz des Personals. Der hierfür maßgebliche § 5 Abs. 2 ist in der ArbStättV-Reform 2016 verschärft worden.

 
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Wirksamer Nichtraucherschutz auch in Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr

Bis zur ArbStättV-Reform 2016 galt, dass Maßnahmen des Nichtraucherschutzes nur insoweit zu treffen waren, wie die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen. Seit der Novelle ist klargestellt, dass Schutzmaßnahmen zugunsten nicht rauchender Beschäftigter zwingend zu treffen sind. Der Arbeitgeber darf aber solche Schutzmaßnahmen wählen, die der Natur des Betriebes entsprechen und der Art der Beschäftigung angepasst sind. Da § 5 Abs. 2 ArbStättV sonst ins Leere ginge, kann dies nur bedeuten, dass in Arbeitsstätten mit rauchendem Publikum ein größerer Spielraum des Arbeitgebers für die Wahl der zu treffenden Maßnahmen besteht als in sonstigen Arbeitsstätten. Dies kann laut BAG v. 10.5.2016, 9 AZR 347/15, Rn. 26, dazu führen, dass der Arbeitgeber nur verpflichtet ist, die Belastung durch Passivrauchen zu minimieren, nicht aber sie gänzlich auszuschließen.

In der amtlichen Begründung (BR-Drs. 506/16, S. 29) heißt es, dass dem Arbeitgeber der notwendige Handlungsspielraum in Bezug auf die konkret zu veranlassen...

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