Bei einer unfallbedingten Einwirkung des Stromes auf den Körper werden die verschiedenen Gewebe, je nach elektrischem Widerstand, unterschiedlich geschädigt. Am wenigsten Widerstand bietet das Nervengewebe, gefolgt von Blutgefäßen, Muskeln, Haut, Sehnen, Fett und Knochen. Das Ausmaß der Schädigung ist außerdem abhängig von der Stromstärke, von der Dauer des Stromflusses, von der Kontaktflächengröße sowie vom Durchströmungsweg im Körper.

Bei Stromunfällen im Niederspannungsbereich kommt es häufig zu einem mechanischen Zusammenziehen der Muskulatur (Klebenbleiben). Dabei kann es zu Muskel- und Sehnenabrissen sowie Zerrungen kommen. Durch Schreckreaktionen sind Sekundärunfälle, z. B. Sturz von der Leiter, häufig. Bei einem Stromweg über den Brustbereich sind Atemstörungen sowie lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen möglich. Je schneller ein Herz schlägt (bei körperlicher Arbeit), desto empfindlicher reagiert es auf den Stromfluss und desto eher kommt es zu einer Unterbrechung der normalen Reizleitung im Herzen und nachfolgend zu Rhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern oder zum sofortigen Herzstillstand. Hierbei ist nicht nur die Stromstärke, sondern auch der Zeitpunkt des elektrischen Reizes in Bezug auf die Erregung am Herzen von entscheidender Bedeutung. Verbrennungen der Haut machen sich an den so genannten Strommarken, den Ein- und Austrittsstellen des elektrischen Stroms, bemerkbar.

Bei Unfällen im Hochspannungsbereich kommt es häufig zu Verletzungen mit direktem Stromdurchfluss oder zu Lichtbogenverletzungen ohne Stromdurchfluss im Körper. Bei Lichtbogenverletzungen entsteht durch die hohen Temperaturen (3.000-20.000 °C) ein zunächst äußerer thermischer Schaden. Beim direkten Stromdurchfluss kann es zur thermischen Zerstörung sämtlicher im Durchfluss liegender Gewebe kommen: Schädigungen am Herzen bis hin zum Herzstillstand, Störungen des Nervensystems mit Verwirrtheitszuständen und neurologischen Ausfällen, Gefäßschäden, sowie ausgedehnte Muskeldefekte sind möglich.

Die Auswirkungen des elektrischen Stromes lassen sich abhängig von Stromflussdauer und Stromstärke nach folgendem Schema darstellen:

Konventionelle Zeit/Stromstärke-Bereiche mit Wirkungen von Wechselströmen (15 Hz bis 100 Hz) auf Personen bei einem Stromweg von der linken Hand zu den Füßen[1]

Die richtige Hilfe in den ersten Minuten, bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes, kann für die Schwere der Unfallfolgen oder sogar für das Überleben entscheidend sein.

Bereich Körperreaktion
AC-1 Unmerklich, keine Reaktion des Körpers
AC-2 ab 5 mA Loslassschwelle erreicht, Muskelverkrampfungen, Sekundärunfälle häufig, ab 25 mA Behinderung der Atmung, Herzunregelmäßigkeiten, Blutdruck- und Pulsanstieg möglich
AC-3

Muskelverkrampfung, Herzrhythmusstörungen, starke Blutdruckerhöhung, ab 50 mA zunehmende Gefahr des Herzkammerflimmerns bei Durchströmung des Herzens von >1 Herzperiode.

ab 80 mA zunehmende Gefahr des Herzkammerflimmerns auch bei Durchströmung des Herzens von < 1 Herzperiode
AC-4 tödliche Stromwirkung wahrscheinlich, ab 2.000 mA zunehmende Gefährdung von Muskulatur und inneren Organen. Zunehmende thermische Gefährdung

Ersthelfer beim Stromunfall müssen zunächst den Selbstschutz beachten, d. h. in jedem Fall für Stromunterbrechung sorgen! Danach greift die Rettungskette wie bei anderen Verletzungen, um einen reibungslosen Ablauf der Erste-Hilfe-Maßnahmen zu gewährleisten.

Nach Unterbrechung des Stromkreises (im Hochspannungsbereich nur durch Fachleute möglich, Sicherheitsabstand von 5 m für Helfer erforderlich!) greifen die lebensrettenden Sofortmaßnahmen, d. h. Überprüfung des Bewusstseins und der Atmung nach folgendem Schema:

Die Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) wird solange fortgeführt, bis beim Patienten Lebenszeichen auftreten oder bis der Rettungsdienst den Patienten übernimmt. Das Herzkammerflimmern ist beim Stromunfall eine der häufigsten Ursachen für einen Herz-Kreislaufstillstand. In diesem Zustand kommt es zu schnellen, unregelmäßigen Aktionen des Herzens, die keine geordnete Pumpfunktion des Herzens ermöglichen. Die Defibrillation ist die am besten wirksame Maßnahme gegen das Kammerflimmern. Mit jeder verstrichenen Minute ohne Defibrillation sinken die Überlebenschancen um ca. 10%.

Die Defibrillation kann mit automatisierten externen Defibrillatoren (AED) auch von speziell geschulten Ersthelfern durchgeführt werden. Hierbei wird vom Gerät der Rhythmus des Herzens ermittelt. Bei Vorliegen eines Kammerflimmerns wird die Aufforderung zum Auslösen eines Elektroschocks gegeben! Liegt kein Kammerflimmern vor, wird die Aufforderung zur Durchführung der HLW gegeben. Daraus geht hervor, dass die Anwendung eines AED die Beherrschung der Herz-Lungen-Wiederbelebung voraussetzt. Außerdem ist eine Ausbildung nach Medizinproduktegesetz in Verbindung mit der Medizinprodukte-Betreiberverordnung notwendig. Ist im Betrieb ein AED vorhanden, so wird nach folgendem Schema verfahren:

Bei Hochspannungsunfällen kommt es häufig zu lebensgefährlichen Verbrennung...

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