2.1 Behinderung und Schwerbehinderung

Was unter einer Behinderung zu verstehen ist, hat das BGG formuliert:

Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate andauert.[1]

In Deutschland leben nach dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes zu den Lebenslagen der behinderten Menschen 10,2 Mio. amtlich anerkannte behinderte Menschen. 7,5 Mio. von ihnen sind schwerbehindert. Damit sind fast 13 % der Bevölkerung behindert und knapp 9 % schwerbehindert. Die altersmäßige Verteilung der Menschen mit Behinderungen zeigt Abb. 1.

Abb. 1: Menschen mit Behinderungen in Deutschland nach dem Alter[2]

Die meisten Behinderungen entstehen im Laufe des Lebens. Die Hälfte der Menschen mit Behinderungen ist 65 Jahre und älter, während der Anteil der unter 25-Jährigen gerade 3 % beträgt.

Für 85 % der Schwerbehinderungen sind Krankheiten ursächlich. Lediglich 4 % der Schwerbehinderungen sind angeboren, aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten resultieren ca. 1 %, weitere 0,5 % aus Verkehrsunfällen.

Das bedeutet auch, dass Menschen im Laufe ihres Berufslebens eine Behinderung erwerben und mit ihr an den Arbeitsplatz zurückkehren. In diesen Fällen müssen sich die Arbeitgeber darum kümmern, wie die bereits zum Betrieb gehörigen Beschäftigten ihre Tätigkeit unter möglicherweise gänzlich neuen Umständen wieder aufnehmen können.

2,8 Mio. Menschen mit Behinderungen, darunter 932.000 Beschäftigte mit Schwerbehinderungen, sind erwerbstätig, davon

  • 1,39 Mio. im Dienstleistungsbereich, davon 683.000 im Erziehungs- oder Gesundheitswesen,
  • 509.000 im Wirtschaftsbereich Bergbau und Verarbeitendes Gewerbe,
  • 367.000 im Handel und Gastgewerbe,
  • 272.000 in der Öffentlichen Verwaltung.

Von ihnen sind 56 % Angestellte, 31 % Arbeiter, 7 % Selbstständige, 5 % Beamte.

Die Zahlen verdeutlichen, dass Menschen mit Behinderungen keine kleine Randgruppe in der Arbeitswelt darstellen, sondern eine bemerkenswerte Größe ausmachen. Beachtenswert ist gleichermaßen, dass die Bedingungen in den Arbeitsstätten bereits jetzt geeignet zu sein scheinen, Menschen in dieser Größenordnung eine Tätigkeit zu ermöglichen. Zurückzuführen sein dürfte dies in nicht geringem Umfang auf die Unterstützungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit und der Integrationsämter nach SGB IX, ebenso nach gleichem Gesetz auf die Verpflichtung der Betriebe mit mind. 20 Beschäftigten, 5 % ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu besetzen.

Eine landläufige Vermutung besagt, Menschen mit Behinderungen würden vornehmlich in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Gemäß den Integrationsämtern arbeiten ca. 308.700 schwerbehinderte Menschen in Werkstätten.[3] Diese sind den oben erwähnten schwerbehinderten Erwerbstätigen hinzuzufügen, sodass in Deutschland über 1 Mio. schwerbehinderte Menschen einer Tätigkeit nachgehen, 25 % davon in WfbM.

[2] Statistisches Bundesamt: Lebenslagen der behinderten Menschen, Mikrozensus 2013.
[3] Jahresbericht 2016/2017 der Integrationsämter (BIH).

2.2 Arten der Behinderungen

Die Art der Behinderung ist nicht zwangsläufig identisch mit der ursächlichen Krankheitsdiagnose, sondern stellt vielmehr die Erscheinungsform der Behinderung und die damit einhergehende Funktionseinschränkung dar. Entscheidend in diesem Zusammenhang sind die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft allgemein, nicht nur am Erwerbsleben. Die Auswirkungen werden als Grad der Behinderung (GdB) nach Zehnergraden (20 bis 100) abgestuft festgestellt.

Die häufigsten Behinderungsarten schwerbehinderter Menschen sind in Abb. 2 dargestellt.

Abb. 2: Beeinträchtigungen schwerbehinderter Menschen[1]

Beispiele für die in Abb. 2 teilweise in Gruppenbezeichnungen zusammengefassten Gesundheitsstörungen sind Autismus, Diabetes, Epilepsie, Gliedmaßenverlust, Herzinfarkt, Hirnschädigung, Hörbehinderung, Gehörlosigkeit, Kleinwuchs, Multiple Sklerose, Rheuma, Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen, Spastische Lähmung, Sehbehinderung, Blindheit, Schlaganfall, Sucht, Querschnittslähmung, Wirbelsäulenschaden. Die Liste ließe sich entsprechend der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), welche die Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen beinhaltet, zahlreich ergänzen.

 
Wichtig

Psychische Belastungen

Nicht jede Behinderung ist für Außenstehende ohne Weiteres erkennbar. Das liegt u. a. an dem hohen Anteil der Behinderungen, bei denen die inneren Organe bzw. Organsysteme betroffen sind. Auch kognitive Einschränkungen sind oftmals nicht von außen erkennbar.

Das gilt auch für Behinderungen psychischer Natur, die wegen der angestiegenen psychischen Belastungen in der ...

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