Die oberste Leitung bestimmt alle finanziellen und betrieblichen Entscheidungen. Sie trägt somit auch die Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, da diese ein untrennbarer Bestandteil der unternehmerischen Gesamtverantwortung ist. Fast alle Arbeitsschutzvorschriften richten sich daher an den Arbeitgeber bzw. die oberste Leitung. Abb. 3 benennt die wesentlichen Aufgaben der obersten Leitung.

Bezogen auf das Arbeitsschutz-Managementsystem sollte gemäß nationalem Leitfaden die oberste Leitung "Zuständigkeiten, Verantwortungen und Befugnisse für die Entwicklung, Umsetzung und Leistung des AMS und für das Erreichen der festgelegten Arbeitsschutzziele zuweisen" (Forderung 2.4.1).

Ab einer bestimmten Betriebsgröße ist der Unternehmer nicht mehr in der Lage, seinen vielfältigen Verpflichtungen für Sicherheit und Gesundheitsschutz in vollem Umfang persönlich nachzukommen. Er ist daher auf die Unterstützung seiner Führungskräfte angewiesen. Die Führungskräfte sind für die Arbeiten in ihrem Bereich zuständig und tragen die Verantwortung vor Ort – auch für den Arbeitsschutz. Bei der Beauftragung der Führungskräfte hat der Unternehmer (der Beauftragende) sicherzustellen, dass die Beauftragten in der Lage sind, die Aufgaben zu übernehmen und den Unternehmer bei dessen Verpflichtung zu unterstützen. In den einschlägigen Vorschriften gibt es zwar kaum separate Regelungen für Führungskräfte, aber dennoch tragen sie in hohem Maße Verantwortung vor Ort. Der Unternehmer kann im Rahmen seiner unternehmerischen Organisationsverantwortung selbst festlegen, welche Pflichten und in welchem Umfang er delegiert. Sowohl das Arbeitsschutzgesetz als auch die DGUV-V 1 sehen vor, dass Führungskräfte mit der Wahrnehmung von Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz schriftlich beauftragt werden; hierfür kann die Vorlage "Übertragung von Unternehmerpflichten" verwendet werden. Diese Pflichtenübertragung kann um Ausführungen zu Zuständigkeiten, Verantwortungen und Befugnisse für die Entwicklung und Umsetzung des AMS sowie für die Leistungen des AMS (z. B. das Erreichen der festgelegten Arbeitsschutzziele) ergänzt bzw. konkretisiert werden.

Abb. 3: Zuständigkeiten und Verantwortung für Sicherheit und Gesundheitsschutz

 
Praxis-Tipp

Übertragung von Unternehmerpflichten

Das Arbeitsschutzmanagement betont, dass Sicherheit und Gesundheitsschutz Führungsaufgaben sind. Der NLA legt besonderen Wert darauf, dass vor Ort die Arbeitsschutzforderungen bekannt sind und akzeptiert werden. Dies sicherzustellen ist eine zentrale Aufgabe der Führung vor Ort. Formulieren Sie die Zuständigkeiten, Verantwortungen und Befugnisse bei der Übertragung von Unternehmerpflichten so konkret wie möglich. Nur wenn Führungskräfte konkret genannt bekommen, wofür sie zuständig sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie diese Aufgaben auch wahrnehmen, und die Überprüfung der Aufgabenwahrnehmung ist auch einfacher.

Die Personen, die Unternehmerpflichten übertragen bekommen, müssen geeignet sein und über Weisungsbefugnis in ihrem Verantwortungsbereich verfügen. Ist ein Verantwortlicher selbst nicht in der Lage (z. B. wegen fehlender Verfügungsbefugnis über Geldmittel), die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen, so muss er seinen Vorgesetzten bzw. die oberste Leitung in Kenntnis setzen. Dies sollte in der Aufgabenbeschreibung ausgeführt werden.

Obwohl die oberste Leitung Pflichten auf andere Beschäftigte übertragen kann, bleibt sie dennoch dafür verantwortlich, dass diese auch die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen, um diesen Pflichten nachkommen zu können. Die oberste Leitung muss also eine sorgfältige Auswahl treffen und darüber hinaus kontrollieren, ob die übertragenen Pflichten auch wahrgenommen werden. Ein "Wegdelegieren" von Unternehmerpflichten ist nicht zulässig. Die Gesamtverantwortung bleibt immer bei der obersten Leitung.

Grundsätzlich sollten alle Zuständigkeiten, Verantwortungen und Befugnisse der einzelnen Akteure im Arbeitsschutz sowie aller Mitarbeiter beispielsweise in Stellen- und Funktionsbeschreibungen festgelegt und dokumentiert werden. Je nach betrieblichen Gegebenheiten kann als Gesamtübersicht eine Aufgaben- und Funktionsmatrix für den Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz erstellt werden. Der Detaillierungsgrad richtet sich nach den Prozessen und den Vorgaben des Unternehmens.[1]

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