PFAS

PFAS oder die unsichtbare Langzeitgefahr der Ewigkeitschemikalien


PFAS: Unsichtbare Langzeitgefahr der Ewigkeitschemikalien

Aus vielen industriellen Anwendungen sind PFAS kaum wegzudenken – und gleichzeitig sind sie eine der größten Umwelt- und Gesundheitsgefahren unserer Zeit. Doch das Herausfiltern verschiebt das Problem. Warum nur ihre Zerstörung eine dauerhafte Lösung ist.

PFAS – also Per- und Polyfluorierte Alkyl Substanzen – gelten als eine der persistentesten Chemikalienklassen weltweit. Seit Jahrzehnten in Industrie und Konsumgütern im Einsatz, sind sie heute in Böden, Gewässern, der Luft und im menschlichen Körper nachweisbar. Ihre wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften machen sie für viele Anwendungen unersetzlich – doch genau diese Stabilität sorgt dafür, dass sie kaum abbaubar sind, sich in der Umwelt anreichern und im menschlichen Körper nachweisbar bleiben. 

Studien verbinden PFAS mit Krebs, hormonellen Störungen und Immunschwächen. Allein in Europa belaufen sich die geschätzten Gesundheitskosten auf rund 80 Milliarden Euro jährlich.

Der regulatorische Druck steigt

Die anhaltende Persistenz und Toxizität von PFAS führen zu wachsendem Handlungsdruck – in der EU zeichnet sich ein regulatorischer Paradigmenwechsel ab. Die neue EU-Trinkwasserrichtlinie (2020/2184) verlangt ab 2026 deutlich strengere Grenzwerte für PFAS im Trinkwasser – maximal 0,1 µg/L für einzelne Verbindungen und 0,5 µg/L für Gruppen. Auch das Industrieemissionsrecht (IED) und die REACH-Verordnung verschärfen die Anforderungen.

Fünf EU-Länder (Deutschland, Dänemark, Niederlande, Norwegen, Schweden) treiben zudem ein umfassendes PFAS-Verbot voran – das mehr als 10.000 Substanzen betreffen könnte. Ein solcher Schritt würde weitreichende Konsequenzen für viele Industriezweige bedeuten. Aber auch außerhalb Europas wächst der Druck. In den USA hat die Environmental Protection Agency (EPA) im Frühjahr 2024 erstmals verbindliche Grenzwerte für sechs PFAS im Trinkwasser eingeführt. 

Und nicht nur Behörden erhöhen den Druck: Auch Verbraucher:innen, Investoren und NGOs stellen zunehmend Fragen – über Lieferketten, Emissionen und Entsorgung. Die rechtlichen und reputativen Risiken durch PFAS-Verunreinigungen steigen. Beispiele wie die Klagewellen gegen 3M oder Chemours zeigen das Ausmaß.

Eine Industrie unter Zugzwang

Die PFAS-Regulierung stellt viele Industrien vor massive Herausforderungen. Besonders betroffen sind Chemie, Halbleiter, Textil, Papier und Luftfahrt – Branchen, in denen PFAS bislang unverzichtbar für Hitzebeständigkeit, chemische Stabilität oder einen niedrigen Reibungskoeffizienten sind. Ein schneller Verzicht oder ein Wechsel auf PFAS-Alternativen ist oft nicht möglich, ohne Leistungseinbußen oder aufwendige Umstellungen zu riskieren.

Der Handlungsdruck wächst rasant: Strengere Grenzwerte, steigende Entsorgungskosten, Haftungsrisiken und wachsender öffentlicher Druck lassen den Stillstand zur Gefahr werden. Unternehmen müssen jetzt ihre Materialströme analysieren, Emissionen aktiv reduzieren und Technologien zur Filterung oder Zerstörung integrieren.

Die Umstellung ist komplex, aber unvermeidbar. Wer frühzeitig handelt, kann regulatorische Risiken verringern, Nachhaltigkeit beweisen und sich Wettbewerbsvorteile sichern. Gerade für besonders PFAS-intensive Branchen ist die Entwicklung robuster, skalierbarer Lösungen entscheidend – nicht nur als Reaktion auf Regularien, sondern als strategische Investition in Zukunftsfähigkeit, Innovation und Resilienz.

PFAS: Filterung reicht nicht, aber wie zerstören?

Aktuell dominieren Adsorptionstechnologien wie Aktivkohle, Ionenaustausch oder Filtertechnologien wie Umkehrosmose. Sie entfernen PFAS aus dem Wasser, erzeugen aber hochkonzentrierte Rückstände, die wiederum entsorgt werden müssen. Das Problem wird damit verlagert, nicht gelöst. Besonders bei salzhaltigen oder bei stark organisch belasteten Abwässern stoßen diese Verfahren an Grenzen.

Ein nachhaltiger Umgang mit PFAS erfordert ihre vollständige Zersetzung auf molekularer Ebene. Nur so lässt sich verhindern, dass sie erneut in den Kreislauf gelangen. Die Herausforderung: PFAS verfügen über extrem stabile Kohlenstoff- (C) und Fluor- (F) -Bindungen, die nur unter hohem Energieeinsatz aufgebrochen werden können.

Verschiedene Verfahren zur PFAS-Zerstörung sind aktuell in der Entwicklung oder Anwendung:

  • Thermische Verfahren (z. B. Hochtemperaturverbrennung)
  • Plasmatechnologien
  • Photokatalytische Prozesse
  • Elektrochemische Oxidation

Viele dieser Ansätze – insbesondere thermische Verfahren – gelten jedoch als energieintensiv, teuer oder ökologisch fragwürdig. Der technologische Fortschritt hinkt dem zunehmenden Regulierungsdruck daher bislang noch hinterher.

Die elektrochemische Oxidation bietet hier entscheidende Vorteile: Sie arbeitet direkt im wässrigen Medium, ohne zusätzliche Chemikalien oder hohe Temperaturen. PFAS-Moleküle werden dabei an speziell entwickelten Elektroden unter Stromeinfluss gezielt zersetzt. Häufig wird der Prozess durch sogenannte Advanced Oxidation Processes (AOP), fortgeschrittene Oxidationsverfahren, ergänzt, um auch andere organische Verbindungen zu eliminieren.

Agil, technologieoffen, lösungsorientiert: Start-ups als Impulsgeber 

Start-ups spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung neuer Ansätze zur PFAS-Beseitigung. Sie handeln oft agiler als etablierte Unternehmen und bringen gezielt technologische Innovationen voran. Beispielsweise konzentriert sich unser Start-up PFASuiki, hervorgegangen aus dem japanischen Technologiekonzern TDK, auf die elektrochemische Zerstörung von PFAS in wässrigen Medien, wie etwa Industrieabwasser, Mülldeponieabwasser, Feuerlöschschaum in konzentrierter oder verdünnter Form usw. 

Der Fokus liegt auf der dauerhaften Entfernung dieser Substanzen durch nachhaltige Materialien, kreislauffähiges Design und die Integration in bestehende Infrastrukturen. Erste Anwendungen zeigen über 95 Prozent Abbau verschiedenster PFAS, teils unter die Nachweisgrenze. 

Zerstörung statt Verlagerung: PFAS an der Quelle stoppen

PFAS sind in vielen Schlüsselbranchen noch unverzichtbar – ihr Eintrag in die Umwelt verursacht jedoch langfristige Schäden und immense Kosten. Ein bloßes Verschieben des Problems reicht nicht mehr. Entscheidend ist: PFAS müssen zerstört werden – am besten dort, wo sie entstehen.

Neue Technologien ermöglichen genau das: gezielte Zersetzung direkt in Prozessen, bevor PFAS in den Kreislauf gelangen. Sie sind zentral für jede zukunftsfähige Strategie – und ein Symbol für industriellen Wandel mit Verantwortung. Die Herausforderung ist real, doch Lösungen existieren. Was jetzt zählt, ist technologische, regulatorische und sektorenübergreifende Entschlossenheit.

PFAS-Zerstörung darf kein Nischenthema bleiben. Sie muss zum industriellen Standard werden – für Umwelt, Gesundheit und Zukunftsfähigkeit.


Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit , Umweltschutz
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