Warum Nachhaltigkeit ein neues Narrativ braucht

Strenge Nachhaltigkeitsstandards und Digitalisierung sind kein bürokratisches Übel, sondern ein Schlüssel zu Innovation, Wettbewerbsvorteilen und langfristigem Erfolg. Warum es dafür ein neues Narrativ braucht, erklärt Lukas Vogt, CEO von Sunhat.

Bürokratie und Nachhaltigkeit – für viele Entscheider:innen und Nachhaltigkeitsmanager:innen sind diese Begriffe untrennbar miteinander verbunden. Kein Wunder, wenn man sich die wachsende Flut an gesetzlichen Vorgaben, Berichts- und Prüfpflichten ansieht. Gerade die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sorgt derzeit für Verwirrung und Kritik. Allein die zögerliche Umsetzung in Deutschland wird intensiv diskutiert.

Doch wer in ESG-Ratings, CSRD & Co. nur ein „notwendiges Übel“ erkennt, verkennt die eigentliche Chance: Die Anpassung an strenge Nachhaltigkeitsstandards ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für Unternehmen in einer globalisierten Welt. Grobschlächtig gesagt: Für jedes Unternehmen, das sich über neue EU-Vorgaben ärgert, stehen woanders auf dem Globus fünf andere Firmen bereit, die diese Anforderungen längst erfüllen – und sich damit entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern.

Nachhaltigkeit als Treiber des Geschäftserfolgs

Mehrere Studien – wie etwa von Deloitte – zeigen, dass Unternehmen, die Nachhaltigkeitsstandards frühzeitig und konsequent umsetzen, langfristig wirtschaftlich profitieren. Nachhaltige Geschäftsmodelle führen nicht nur zu höheren EBIT-Margen, sondern auch zu besseren Risikobewertungen und stärkerer Kundenbindung. Wer etwa Energie, Wasser und andere Ressourcen sparsamer einsetzt, senkt seine Betriebskosten und erhöht zugleich seine Resilienz gegenüber Krisen.

Auch die Umsatzseite profitiert: Immer mehr Kund:innen und Partner achten auf nachhaltige Produkt- und Dienstleistungsportfolios – und das nicht allein, weil sie aufgrund von Regularien müssen. Die Folge: Höhere Verkaufszahlen und gesteigerte Marktanteile für Unternehmen, die vorangehen. Gleichzeitig fördern Umwelt- und Sozialstandards Innovationen, weil Unternehmen neue Technologien, Prozesse und Materialien entwickeln müssen, um ihre ökologische und soziale Performance zu verbessern. 

Wer nur jammert, statt auf die unternehmerische Suche nach neuen, nicht selten wirksameren Wegen und Methoden zu gehen, wird es immer schwerer haben – und verpasst die Chance auf echte Differenzierungs- und Wettbewerbsvorteile. Wer nach Beispielen für Unternehmen sucht, bei denen Nachhaltigkeit schon heute Treiber des unternehmerischen Erfolgs ist, wird etwa in der Chemie- oder in der Papier- und Verpackungsindustrie fündig. 

Ja, dort sind von Haus aus Auflagen, Vorgaben und Standards in Sachen Nachhaltigkeit besonders zahlreich und hoch. Gleichzeitig ist hier das Bewusstsein der Verantwortung einerseits sowie die strategische Entschlossenheit andererseits so ausgeprägt, dass bewusst nachhaltige Innovationen und Methoden gewählt werden. Seien es nachwachsende Rohstoffe oder klimafreundlichere Chemikalien: Die Erfüllung von Regularien rückt hier quasi in den Hintergrund, weil oftmals gar Kostenvorteile entstehen und die Markenbildung vom nachhaltigen Kurs profitiert.

Nicht zu unterschätzen ist übrigens die Attraktivität von aktiver Nachhaltigkeit für Nachwuchs- und Fachkräfte. Unternehmen, die sich glaubwürdig und transparent zu Nachhaltigkeit bekennen, ziehen engagierte Talente an und stärken ihre Arbeitgebermarke. Dieses Employer Branding wirkt sich positiv auf Motivation, Loyalität und Produktivität der Belegschaft aus.

Neues Narrativ: Bürokratie als Katalysator für Transformation

Anstatt immer neue Regularien vor allem als bürokratischen Overkill zu beklagen, sollten wir das Narrativ umdrehen und Gesetze und Nachhaltigkeitsstandards als Schub für Innovation framen: Wer beim Nachhaltigkeitsreporting vorne liegt, hat bessere Chancen im internationalen Wettbewerb – weil die Daten im besten Fall Nachweis für innovatives, nachhaltiges und erfolgreiches Unternehmertum sind.

Die Digitalisierung dient als Hebel. Mit intelligenten Tools können Unternehmen einen Großteil des bürokratischen Aufwands automatisieren – und sich so auf das Wesentliche konzentrieren: die Entwicklung nachhaltiger Produkte und Geschäftsmodelle. Wer die Digitalisierung – und damit auch die Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz (KI) – verschläft, verpasst ganz generell die Chance auf eine neuartige wie notwendige „operative Exzellenz“. Weil digitale Tools und Technologien ungeahnte Möglichkeiten bieten, neue Erfolgswege einzuschlagen – und Nachhaltigkeit als Strategieelement ins Unternehmen einzubauen. Die Fortschritte rund um KI etwa schreiten schnell voran und müssen von Unternehmen, die grundsätzlich produktiver werden wollen, angenommen werden. Der Fokus liegt auf einem positiven ROI.

Fakt ist nämlich: In einer immer stärker vernetzten und umweltbewussten Welt gibt es keine „Business as usual“-Option mehr. Der Erfolgshebel liegt darin, Nachhaltigkeit aktiv als strategische Chance zu begreifen und sich frühzeitig auf veränderte Rahmenbedingungen einzustellen.

Nachhaltigkeit als „License to Grow“

Unternehmen, die sich den Anforderungen an Umwelt- und Sozialverantwortung stellen, sichern sich nicht nur ihre gesellschaftliche „License to Operate“, sondern erarbeiten sich eine „License to Grow“. Wer sich jetzt als Vorreiter positioniert und ESG-Standards konsequent integriert, schafft die Basis für zukünftige Marktentwicklungen – und kann mögliche Krisen besser abfedern.

Mein Plädoyer lautet: Setzen wir ein neues Narrativ. Wenn wir das Thema Nachhaltigkeit vom „mühsamen Muss“ zu einem treibenden Motor für Transformation machen, wird Bürokratie zur technologisch lösbaren Nebensache. Es geht um ein Umdenken, ein neues Leben in der Lage. Und die ist nach dem Reißen der 1,5-Grad-Marke schon im Jahr 2024 brenzlig.

Das Ziel von Nachhaltigkeit ist nicht ein Aktenordner voller Berichte, sondern echte Wertschöpfung durch verantwortungsvolles Wirtschaften. Und daran wird in Zukunft kein Weg mehr vorbeiführen.

Lukas Vogt ist Co-Gründer und CEO von Sunhat, einer KI-gestützten Software-Lösung, um auditsichere Nachhaltigkeitsdaten bereitzustellen. Als Experte äußert er sich zu Themen rund um Sustainability und Nachhaltigkeitsmanagement. Mit Leidenschaft arbeiten sein Team und er dafür, dass Unternehmen Zeit und Kosten beim ESG-Reporting sparen und sich so auf ihre wesentlichen Aufgaben konzentrieren: Die Welt nachhaltig zu verändern.