Naturerfahrungen im Alltag und Arbeitswelt
Wie wirkt es sich auf das Arbeitsklima aus, wenn die Mitarbeiter:innen in der Mittagspause gärtnern dürfen? Welchen Einfluss haben Meetings im Freien oder gemeinsames Waldbaden auf den sozialen Zusammenhalt im Unternehmen? Das ist eine der spannenden Fragen, denen Prof. Dr. Rüdiger Hahn derzeit an seinem Lehrstuhl für Sustainability Management der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf nachgeht.
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, sucht Hahn den direkten Draht zu Unternehmen. „Wir brauchen Partner, die bereit sind, Neues auszuprobieren und uns Einblicke in ihre Organisation geben“, erklärt er. Für Unternehmen lohnt sich das: Sie erhalten Workshops und konkrete Empfehlungen, wie Naturerfahrungen in den Arbeitsalltag integriert werden können. Kosten entstehen dabei nicht – die Betriebe profitieren von wissenschaftlicher Expertise, während der Lehrstuhl wertvolle Daten für seine Forschung gewinnt. So befruchtet der Kontakt zwischen Unternehmen und der Hochschule beide.
Seit mehr als 15 Jahren arbeitet Hahn als Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit. „Wir bearbeiten das Thema in seiner ganzen Breite: Stakeholder-Verhalten, Berichterstattung, Lieferkette, Sustainable Finance, Social Entrepreneurship, Impact Investment sind nur einige unserer Schwerpunktthemen.“ Entsprechend vielseitig sind auch die Themen, zu denen sein Lehrstuhl mit Firmen in Kontakt ist.
Konkrete Fragen von Firmen
Ein Format, das Hahn besonders am Herzen liegt, sind Seminare, in denen die Student:innen die konkrete Fragestellung einer Firma bearbeiten. So war beispielsweise ein großer Fertighaussteller an Hahn herangetreten. „Er war Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeit und hatte ein Zero-Waste-Ziel für seine Baustellen. Die konkrete Fragestellung war: Wie können wir Handwerker dazu bringen, ihren Teil zur Zero-Waste-Baustelle beizutragen?“, erzählt Hahn. Die Student:innen arbeiteten an diesem Thema, am Ende des Semesters konnten sie der Firma ihre Vorschläge präsentieren. „Die Firmen bekommen dadurch neue Impulse und die Student:innen können an konkreten Problemen arbeiten. Das ist ein win-win für beide“, sagt Hahn. Pro Semester bietet er zwei bis drei solcher Seminare an.
„Wir brauchen Partner, die bereit sind, Neues auszuprobieren und uns Einblicke in ihre Organisation geben.“ Prof. Dr. Rüdiger Hahn, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Was sollten Unternehmen mitbringen, um an solch einem Seminar teilnehmen zu können? „Sie müssen bereit sein, mit den Studierenden zu arbeiten und sollten ehrliches Interesse an Nachhaltigkeit mitbringen“, sagt Hahn. Die Firmen müssen keine Vorreiter in Nachhaltigkeit seín und müssen auch nicht aus einer konfliktfreien Branche kommen. „Wichtig ist nur, dass sie es ernst meinen“, sagt Hahn.
CSRD-Bericht: Ja oder Nein?
Ein Thema, das ihn in den vergangenen Monaten sehr beschäftigt hat, war das Omnibus-Verfahren. Dadurch hat die EU die Einführung der CSRD-Berichterstattung gestaffelt und Fristen verschoben. Das hat für viel Unsicherheit bei den Firmen gesorgt. Hahns Empfehlung ist klar: „Wenn Unternehmen schon angefangen haben, rate ich ihnen, auf jeden Fall weiterzumachen. Die Anfangsinvestition ist zu groß, um sie jetzt nicht zu nutzen.“ Seine Erfahrung: Sobald Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsdaten systematisch erheben, erkennen sie schnell zusätzliche Potenziale – für Prozesse, für die Strategie und für die Kommunikation.
Positives für die Gesellschaft
Besonders bereichernd erlebt Hahn derzeit die Zusammenarbeit mit Sozialunternehmen und Impact-Investoren. „Wir wollten verstehen, was Sozialunternehmer antreibt und haben dazu viele Interviews geführt“, berichtet er. Sein Fazit: „Ich war sehr davon beeindruckt, mit welch hoher intrinsischen Motivation die Investoren die Unternehmer dazu bringen, positive Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken.“ Für Hahn ist das ein ermutigendes Signal und ein positives Gegengewicht zum Populismus, der in seinen Augen die öffentliche Nachhaltigkeitsdebatte erschwert.