CSRD-Quick-Fix: Auf dem Rücken von Mensch und Natur
Mit dem „Quick-Fix“-Delegated Act vom Juli 2025 reagiert die EU auf Forderungen nach Bürokratieabbau – insbesondere für Unternehmen der sogenannten Wave 1, die ab 2025 über das Geschäftsjahr 2024 erstmals nach CSRD berichten müssen.
Entlastung ist faktisch eine mehrjährige Aussetzung
Doch was als Entlastung verkauft wird, bedeutet faktisch eine mehrjährige Aussetzung zentraler Berichtspflichten. Besonders betroffen sind die Themenstandards E4 (Biodiversität) sowie S1 bis S4, die sich mit der eigenen Belegschaft, Arbeitskräften in der Lieferkette, betroffenen Gemeinschaften sowie Verbraucher:innen und Endnutzer:innen befassen.
Unternehmen unter 750 Mitarbeitenden dürfen nun für die Berichtsjahre 2025 und teils 2026 vollständige Angaben zu Biodiversität, Menschenrechten in der Lieferkette, Auswirkungen auf Gemeinschaften und Verbraucher sowie zum Schutz der eigenen Belegschaft auslassen. Auch große Unternehmen mit über 750 Mitarbeitenden unterliegen nun erleichterten Anforderungen.
Eine gefährliche Wahrnehmungslücke
Wissenschaftlich und gesellschaftlich ist das fatal: Biodiversität bildet die Grundlage unseres Wirtschaftssystems – über 50 Prozent des globalen BIP sind direkt von intakten Ökosystemen abhängig. Doch viele Unternehmen bewerten ihren Einfluss auf Natur und Menschen nicht als wesentlich. Hier besteht eine gefährliche Wahrnehmungslücke.
Studien zeigen, dass Biodiversität weltweit stark zurückgeht und Kipppunkte bedrohlich nahe sind. Gleichzeitig leiden besonders vulnerable Gruppen – wie indigene Gemeinden oder Lieferkettenarbeiter:innen – am stärksten unter Umweltzerstörung und sozialer Ausbeutung.
Die starke Priorisierung des Standards Klimawandel (E1) bei gleichzeitiger Vernachlässigung der übrigen Umwelt- und Sozialstandards widerspricht dem systemischen Ansatz der CSRD. Denn alle E- und S-Themen sind untrennbar miteinander verknüpft. Die unzureichende Berücksichtigung planetarer Grenzen und sozialer Verwundbarkeit schwächt das zentrale Ziel der CSRD: Risikomanagement und Resilienzförderung.
Aktuell stellt die EFRAG der Öffentlichkeit neue Entwürfe der ESRS vor, die eine Reduktion der Berichtspflichten zu Biodiversität und sozialen Themen vorsehen – mit zusätzlichen weitreichenden Folgen für Umwelt, Gesellschaft und die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.
Fazit: Die Zukunftsfähigkeit ist bedroht
Der Quick-Fix mag kurzfristig einseitig entlasten – langfristig gefährdet er die Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen und Gesellschaft. Eine glaubwürdige Nachhaltigkeitsberichterstattung darf sich den zentralen Herausforderungen unserer Zeit nicht entziehen."
-
Die wichtigsten Sustainability-Events 2026
80
-
Ankündigung Sustainable Economy Summit 2026
19
-
Zwischen zwei Welten: ESG-Backlash in den USA
17
-
Holprige Zeiten für das Klima – das war 2025
13
-
Omnibus I ist kein ESG-Befreiungsschlag für den Mittelstand
11
-
Die Cashew-Story: Was hinter dem Trendprodukt steckt
10
-
100 Preise, eine Debatte – Quo vadis, Deutscher Nachhaltigkeitspreis?
9
-
VSME: Ohne Wesentlichkeitsanalyse leidet die Vergleichbarkeit
9
-
Corporate Political Responsibility: Die Verantwortung von Unternehmen in der politischen Arena
8
-
Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) veröffentlicht
8
-
Die wichtigsten Sustainability-Events 2026
19.12.2025
-
ESG Summit 2025: Nachhaltigkeitsszene traf sich auf dem Petersberg
15.12.2025
-
Holprige Zeiten für das Klima – das war 2025
10.12.2025
-
Praxisnahe Nachhaltigkeit: Wie Firmen und Uni zusammenfinden
01.12.2025
-
Impact Festival 2025 verbreitet Zuversicht
28.11.2025
-
„Nachhaltigkeit darf keine Parallelstruktur sein“
18.11.2025
-
Omnibus I ist kein ESG-Befreiungsschlag für den Mittelstand
14.11.2025
-
Das Zeitalter des Green-Cashing bricht an
10.11.2025
-
Ein Zeitfenster für Vernunft: Mittelstand für starke Standards und pragmatische Umsetzung
30.10.2025
-
Forschung, die Reparieren attraktiv macht
21.10.2025