Lange Bearbeitungszeiten bei den Schlussabrechnungen

Die Schlussabrechnungen der Corona-Überbrückungshilfen ziehen sich in vielen Fällen über Jahre hin. Unternehmen und Steuerberater fragen sich daher: Wann verjähren Nachzahlungsansprüche? Gibt es eine Möglichkeit, die Behörden zu einer schnelleren Bearbeitung zu zwingen? Und welche Rolle spielen haushaltsrechtliche Fragen?

Dieser Beitrag klärt die zentralen Aspekte der Verjährung, erläutert die Möglichkeiten einer Untätigkeitsklage und zeigt auf, warum das Problem weniger in der Verjährung als vielmehr in der politischen Haushaltsplanung liegt.

Wann verjähren Nachzahlungsansprüche?

Ein verbreiteter Irrtum ist, dass Nachzahlungsansprüche der Unternehmen schnell verjähren. Tatsächlich beginnt die Verjährung erst mit der Feststellung der Fälligkeit durch einen Bescheid. Das bedeutet:

  • Solange die Schlussabrechnung nicht bearbeitet und kein entsprechender Bescheid erlassen wurde, beginnt auch keine Verjährungsfrist zu laufen.
  • Erst mit Zustellung eines Nachzahlungsbescheids greift die reguläre Verjährungsfrist von in der Regel drei Jahren.

Das eigentliche Problem: Haushaltspolitik statt Verjährung

Während viele Antragsteller auf eine schnelle Bearbeitung hoffen, liegt die eigentliche Gefahr weniger in der Verjährung als in der Finanzplanung der neuen Bundesregierung. Die Corona-Überbrückungshilfen sind Fördermittel – sie können grundsätzlich auch gestrichen werden. Sollte die nächste Bundesregierung beschließen, für Nachzahlungen keine Haushaltsmittel mehr bereitzustellen, könnten Antragsteller trotz bestehender Ansprüche leer ausgehen. Eine späte Bearbeitung kann daher bedeuten:

  • Die Bewilligungsstelle entscheidet erst, wenn keine Mittel mehr vorhanden sind.
  • Nachzahlungsansprüche bestehen zwar theoretisch, können aber nicht mehr ausgezahlt werden.
  • Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Ansprüche gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen.

Untätigkeitsklage als Druckmittel?

Eine Möglichkeit, eine schnellere Bearbeitung zu erzwingen, ist die Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO. Sie ist möglich, wenn eine Behörde nicht innerhalb von drei Monaten über einen Antrag entscheidet. Doch ist eine Untätigkeitsklage bei Schlussabrechnungen wirklich sinnvoll?

Wann ist eine Untätigkeitsklage sinnvoll?

Eine Untätigkeitsklage erweist sich insbesondere dann als sinnvoll, wenn die lange Bearbeitungsdauer für das Unternehmen erhebliche Nachteile verursacht.

Dies kann beispielsweise bei drohender Insolvenz der Fall sein, wenn die ausstehenden Mittel zur Fortführung des Geschäftsbetriebs dringend benötigt werden. Auch bei geplanten Investitionen, die von der Auszahlung der Nachzahlungen abhängen, kann eine verzögerte Bearbeitung zu wirtschaftlichen Einbußen führen. Zudem ist eine Untätigkeitsklage in Betracht zu ziehen, wenn Unternehmen über klare Rechtsansprüche verfügen und eine schnelle Klärung benötigen, etwa weil Fristen für andere Fördermaßnahmen oder steuerliche Entscheidungen davon abhängen. Nicht zuletzt sollte vor Erhebung einer Klage abzusehen sein, dass die Bewilligungsstelle über ausreichend Mittel zur Auszahlung verfügt – anderenfalls könnte selbst ein Erfolg vor Gericht ins Leere laufen.

Tipp: In wenigen Fällen kann auch eine E-Mail an die Bewilligungsstelle mit Erläuterung der Situation und Bitte um vorzeitige Bearbeitung helfen. Das ist aber die Ausnahme.

Wann ist eine Untätigkeitsklage wenig zielführend?

Eine Untätigkeitsklage erweist sich in verschiedenen Konstellationen als wenig zielführend oder sogar kontraproduktiv.

Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bearbeitungszeit der Schlussabrechnungen bereits in offiziellen Mitteilungen mit mehreren Jahren angegeben wird, was aktuell nicht unüblich ist. Denn Bearbeitungszeiten von bis zu drei Jahren werden vielerorts als normal kommuniziert. Auch in Fällen, in denen eine Behörde Verzögerungen nachvollziehbar mit Personalmangel oder der besonderen Komplexität der erforderlichen Prüfverfahren begründet, werden Gerichte der Verwaltung in der Regel einen erweiterten Bearbeitungszeitraum zugestehen.

Besonders aussichtslos gestaltet sich eine Untätigkeitsklage, wenn die Regierung bereits signalisiert hat, dass keine weiteren Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, da selbst ein Erfolg im Klageverfahren dann faktisch ins Leere laufen würde. In solchen Situationen sollten alternative Strategien erwogen werden, die weniger auf rechtlichen Druck als auf konstruktive Kommunikation mit den Bewilligungsstellen setzen.

Hier kommt es auf den Einzelfall an. Mandanten sollten sich hierzu beraten lassen.

Rechtliche Grundlagen der Untätigkeitsklage

Bei einer Untätigkeitsklage ist besonderes Augenmerk auf die formellen Voraussetzungen zu legen. § 75 VwGO gibt Betroffenen ein wichtiges Instrument an die Hand, um sich gegen behördliche Untätigkeit zu wehren. Allerdings ist die Hürde im Verwaltungsprozess oft höher als zunächst angenommen:

  • Die Drei-Monats-Frist ist nur als Regelfall zu verstehen. Bei komplexen Verfahren wie den Corona-Hilfen kann das Gericht durchaus längere Bearbeitungszeiten als angemessen erachten. Es gibt dazu noch keine verbindlichen Marschrichtungen.
  • Die Behörde kann eine Verzögerung mit "sachlichen Gründen" rechtfertigen – etwa mit der Komplexität der Prüfung oder Personalmangel.
  • Auch die besondere Situation der Corona-Pandemie und die Vielzahl der zu bearbeitenden Fälle werden von den Gerichten häufig als Rechtfertigung akzeptiert.

Vor Einleitung einer Untätigkeitsklage sollte daher stets geprüft werden, ob die Erfolgsaussichten den Aufwand und die Kosten rechtfertigen. Ein vorheriges Erinnerungsschreiben an die Behörde mit angemessener Fristsetzung ist in jedem Fall ratsam und kann als Nachweis für die Dringlichkeit dienen.

Kosten und Risiken einer Untätigkeitsklage

Die Kosten einer Untätigkeitsklage richten sich nach dem Streitwert, der sich wiederum nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers bemisst. Bei den Corona-Überbrückungshilfen kann dies durchaus erhebliche Summen bedeuten.

Grundsätzlich entspricht der Streitwert der Höhe der beantragten Überbrückungshilfe, für die eine Entscheidung begehrt wird. Teilweise wird der Streitwert von den Gerichten auch nur anteilig angesetzt. Die Gerichtskosten sowie die Kosten für die anwaltliche Vertretung orientieren sich unmittelbar an diesem Streitwert und steigen mit dessen Höhe progressiv an. Hierbei gilt es zu bedenken, dass bei Unterliegen der Kläger sämtliche Kosten zu tragen hat, einschließlich der Kosten der gegnerischen Vertretung, was erhebliche finanzielle Belastungen verursachen kann.

Ein weiteres nicht zu unterschätzendes Risiko besteht darin, dass selbst bei erfolgreicher Untätigkeitsklage die Behörde lediglich zur Entscheidung, nicht aber zu einer inhaltlich positiven Entscheidung verpflichtet wird. Dies kann in der Praxis bedeuten, dass die Behörde zwar schneller entscheidet, aber dennoch eine Nachzahlung ablehnt – mit der Folge, dass dann ein weiteres Klageverfahren in der Hauptsache geführt werden muss. Dies führt nicht nur zu zusätzlichen Kosten, sondern auch zu weiteren Verzögerungen, die den ursprünglichen Zweck der Untätigkeitsklage konterkarieren können. Daher sollte vor Einreichung einer solchen Klage stets eine nüchterne Abwägung der Erfolgsaussichten und potenziellen Risiken erfolgen.

Tipps für Unternehmen und Berater

Für die praktische Handhabung lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:

  • Dokumentation: Sämtliche Korrespondenz mit den Bewilligungsstellen sollte lückenlos dokumentiert werden. Dies kann im Streitfall entscheidend sein.
  • Frühzeitige rechtliche Beratung: Bei substanziellen Nachzahlungsansprüchen sollte frühzeitig fachkundiger Rat eingeholt werden, um die Erfolgsaussichten einer Untätigkeitsklage realistisch einschätzen zu können.
  • Rücklagen bilden: Unternehmen sollten nicht fest mit Nachzahlungen rechnen und entsprechende finanzielle Vorsichtsmaßnahmen treffen.

Fazit

Während eine Untätigkeitsklage in bestimmten Fällen helfen kann, sollte der Fokus eher auf der politischen und haushaltsrechtlichen Entwicklung liegen. Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass Nachzahlungen zwar durch Verjährung, vorrangig aber durch fehlende Haushaltsmittel gefährdet sind. Es bleibt daher entscheidend, die politischen Entwicklungen und den Umgang mit Fördermitteln genau zu beobachten und gegebenenfalls frühzeitig rechtliche Schritte zu prüfen.

In der aktuellen Situation gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und die verfügbaren rechtlichen Instrumente strategisch einzusetzen. Eine Untätigkeitsklage kann ein wirksames Druckmittel sein, sollte aber nicht überstürzt eingereicht werden.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Bewilligungsstellen ihre Bearbeitungsrückstände aufholen können und inwieweit der politische Wille zur Bereitstellung der notwendigen Haushaltsmittel bestehen bleibt. Bis dahin ist Unternehmen und ihren Beratern zu empfehlen, wachsam zu bleiben und ihre Rechte konsequent, aber mit Augenmaß zu verfolgen.

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