Kosten für Motorreparatur bei Gehbehinderten

Soweit durch Aufwendungen, die der privaten Lebensführung zuzuordnen sind, die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigt wird, können sie nach § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt werden.

Als außergewöhnliche Belastung sind nur die Aufwendungen abzugsfähig, die den Steuerpflichtigen zwangsläufig treffen. § 33 Abs. 2 EStG konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen Zwangsläufigkeit anzunehmen ist und schließt zugleich Betriebsausgaben, Werbungskosten und grundsätzlich auch Sonderausgaben als berücksichtigungsfähige Aufwendungen aus. § 33 Abs. 1 EStG bestimmt, dass nur solche Aufwendungen steuerlich abzugsfähig sind, die die zumutbare Belastung übersteigen. Die Höhe der dem Steuerpflichtigen zumutbaren Belastung ist nach § 33 Abs. 3 EStG abhängig vom Gesamtbetrag der Einkünfte und dem Familienstand.

Kraftfahrzeugkosten behinderter Menschen 

Abzugsfähig als außergewöhnliche Belastung sind u.a. Kraftfahrzeugkosten behinderter Menschen nach folgender Maßgabe: Bei Geh- und Stehbehinderten mit Grad der Behinderung von mindestens 80% oder weniger als 80% und mindestens 70% und Merkzeichen G sind Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten abzugsfähig, soweit sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden und angemessen sind. Aus Vereinfachungsgründen kann im Allgemeinen ein Aufwand für Fahrten bis zu 3.000 km im Jahr als angemessen angesehen werden. Bei Merkzeichen aG, Bl oder H dürfen in den Grenzen der Angemessenheit nicht nur die Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten, sondern auch für Freizeit, Erholungs- und Besuchsfahrten abgezogen werden. Die tatsächliche Fahrleistung ist nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Eine Fahrleistung von mehr als 15.000 km im Jahr liegt in aller Regel nicht mehr im Rahmen des Angemessenen (H 33.1 – H 33.4 "Fahrtkosten behinderter Menschen" EStH 2015; BFH, Beschluss v. 26.10.2010, VI B 52/10).

Angemessen sind darüber hinaus nur Aufwendungen bis zur Höhe der Kilometerpauschbeträge, die in den Einkommensteuer-Richtlinien und Lohnsteuer-Richtlinien für den Abzug von Kraftfahrzeug-Kosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben festgelegt sind. Ein höherer Aufwand als 0,30 EUR/km ist unangemessen und darf deshalb im Rahmen des § 33 EStG nicht berücksichtigt werden (BFH, Urteil v. 19.5.2004, III R 16/02). Mehr als der Kilometerpauschbetrag (0,30 EUR) kann nicht abgezogen werden, und zwar auch dann nicht, wenn wegen der geringen Fahrleistung die tatsächlichen Kosten je gefahrenen Kilometer höher sind (BFH, Urteil v. 18.12.2003, III R 31/03).

Beispiel: Motorreparatur abzugsfähig?

Ein Schwerbehinderter mit einem GdB von 80 und den Merkzeichen G und aG ist im Jahr 2016 12.500 km mit seinem Pkw Porsche Cayman gefahren, die er in seiner Einkommensteuererklärung 2016 in Höhe von 12.500 x 0,30 EUR = 3.750 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht hat. Die außergewöhnlichen Aufwendungen für die Reparatur eines 2016 erlittenen Motorschadens nach einer Fahrleistung von 76.000 km von 6.600 EUR will er ebenfalls bei den außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt wissen. Das Finanzamt lehnt die Berücksichtigung des Motorschadens ab, weil die Reparatur eines Pkw-Motors nichts Außergewöhnliches sei.

Praxis-Tipp: Revision anhängig

Das Niedersächsische FG hat entschieden, dass Aufwendungen zur Reparatur eines Pkw-Motors nicht gem. § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche behinderungsbedingte Fahrtkosten abzugsfähig sind. Der vorzeitige Verschleiß eines Motors bei einer Kilometerleistung von 76.000 sei mit den außergewöhnlichen Umständen eines Unfalls auf einer behinderungsbedingten Fahrt, die einen höheren Abzug von Kfz-Kosten eines Schwerbehinderten erlauben, nicht vergleichbar (Niedersächsisches FG, Urteil v. 17.7.2014, 10 K 323/13). Der BFH hat die Revision des Steuerpflichtigen zugelassen, was dafür sprechen kann, dass er die Meinung des FG nicht teilt. Betroffene sollten ihre Reparaturaufwendungen zusätzlich als behinderungsbedingte Fahrtkosten in ihrer Steuererklärung geltend machen und bei Ablehnung durch das Finanzamt Einspruch unter Hinweis auf die anhängige Revision einlegen (Az. des BFH: VI R 60/14).