Kosten für Ozempic bei der Behandlung von Fettleibigkeit
Nach § 33 EStG können Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig und medizinisch notwendig sind. Für Behandlungen, die nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, ist nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV ein qualifizierter Nachweis – nämlich ein vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung – erforderlich.
Abnehmspritzen zur Behandlung von Adipositas
In Deutschland ist die Abnehmspritze Wegovy (Wirkstoff: Semaglutid) zur Behandlung von Adipositas (Fettleibigkeit) zugelassen. Sie ist verschreibungspflichtig und eignet sich für Personen mit einem BMI ab 30 kg/m oder ab 27 kg/m bei zusätzlichen Begleiterkrankungen.
Auch in dem Medikament Ozempic ist der Wirkstoff Semaglutid (in geringerer Dosis) enthalten. Ozempic wird auch als Abnehmspritze verwendet, obwohl es primär für die Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen ist. So titelte z. B. der NDR: "Ozempic: für wen eignet sich die Abnehmspritze". Viele Menschen nehmen Ozempic ohne Diabetes-Diagnose ein, um Gewicht zu verlieren, obwohl dies als "off-label use" (außerhalb der zugelassenen Indikation) gilt.
Bei einem Finanzgericht hat sich auch schon die Frage gestellt, ob Kosten für Ozempic zur Behandlung von Adipositas als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugsfähig sind.
Fall des FG Sachsen-Anhalt: Ärztliche Verordnung
In einem vom FG Sachsen-Anhalt entschiedenen Fall machte ein Steuerpflichtiger in seiner Einkommensteuererklärung 2023 Aufwendungen für das Medikament Ozempic als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend. Das Präparat war ärztlich verschrieben worden – nicht zur Behandlung von Diabetes, sondern zur Gewichtsreduktion bei Adipositas (BMI 35).
Das Finanzamt lehnte die Anerkennung ab. Der Kläger argumentierte, Adipositas sei eine anerkannte Krankheit und Ozempic ein verschreibungspflichtiges Medikament. Die Behörde dürfe sich nicht in die Therapiefreiheit des Arztes einmischen. Die Fälle, in denen ein Attest des Amtsarztes oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse eingeholt werden müsste, seien explizit in § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV aufgeführt. Die Verordnung eines verschreibungspflichtigen Medikamentes – wie hier - Ozempic – werde dort nicht genannt. Auch sei der Wirkstoff Semaglutid als Wegovy zur Behandlung chronischer Übergewichtigkeit wissenschaftlich zugelassen.
FG Sachsen-Anhalt lehnt Kostenabzug ab
Das FG Sachen-Anhalt hat in seinem Urteil v. 18.6.2025, 1 K 776/24, den Kostenabzug als außergewöhnliche Belastung nicht zugelassen. Aufwendungen für nicht anerkannte Behandlungsmethoden seien nur abzugsfähig, wenn vor Beginn der Behandlung eine amts-ärztliche Bestätigung oder eine MDK-Bescheinigung über die medizinische Notwendigkeit vorliegt (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV).
Da Ozempic zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht für die Behandlung von Adipositas zugelassen war, handele es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode. Ozempic ist nur zur Behandlung von Diabetes melli-tus Typ 2 zugelassen. Eine Anwendung zur Gewichtsreduktion stelle einen Off-Label-Use dar bzw. eine Verordnung außerhalb einer wissenschaftlich anerkannten Behandlungsmethode.
Daran ändere auch die Zulassung von Wegovy für Adipositas nichts. Das FG hat im Übrigen auch Zweifel, ob Wegovy (als sog. Lifestylemedikament) steuerlich als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist. Arzneimittel zur Gewichtsreduktion könnten in den Grenzbereich zur nicht abzugsfähigen Diätverpflegung (§ 33 Abs. 2 Satz 3 EStG) fallen, da sie von ihrer Wirksamkeit her die Verpflegung beeinflussen.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Beim BFH ist die Revision unter dem Az. VI R 12/25 anhängig. Der BFH hat über folgende Rechtsfrage zu entscheiden:
"Sind die Aufwendungen für das verschreibungspflichtige Medikament Ozempic als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig, wenn der Steuerpflichtige keinen Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vor Erwerb der Arznei vorgelegt hat?"
Die Entscheidung wird klären, ob das Nachweiserfordernis bei Off-Label-Behandlungen künftig gelockert wird.
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