Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansatz eines Vergütungsanspruchs bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens
Leitsatz (NV)
1. Zur Erfüllung der Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO an den Revisionsantrag.
2. Trotz der Vorschrift des § 109 Abs. 1 BewG, wonach grundsätzlich alle Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen sind, ist bei der Feststellung des Betriebsvermögens über § 17 Abs. 3 Satz 1 des BewG dessen § 13 anwendbar.
Normenkette
BewG §§ 13, 17 Abs. 3 S. 1, § 109 Abs. 1; FGO § 120 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klin. betreibt in A den . . .handel. Bis Ende 1975 war sie auch Großhändler der Z-AG. Ende 1974 gründete die Z-AG zusammen mit den jeweils örtlich zuständigen Großhändlern sog. Vertriebszentren, an denen sich die Z-AG mit . . . v. H. und die Großhändler jeweils mit . . . v. H. beteiligten. Hierzu gehörte u. a. auch das als GmbH & Co. KG gegründete Vertriebszentrum B, an dem sich die Klin. entsprechend ihrem Umsatzvolumen hätte beteiligen können, und zwar durch Erwerb eines GmbH-Anteils und eines Kommanditanteils.
Die Klin. beteiligte sich jedoch nicht, sondern übertrug ihren Beteiligungsanspruch durch Vertrag vom 12. Dezember 1975 auf zwei andere Großhändler. Als Gegenleistung erhielt sie eine Vergütung, deren Höhe sich im wesentlichen unter Berücksichtigung ihrer möglichen Beteiligungsquote nach dem Jahresumsatz des Vertriebszentrums bestimmte. Die Vergütung betrug . . . v. H. des Jahresumsatzes des Vertriebszentrums abzüglich . . . v. H. Jahreszinsen auf das nicht eingezahlte Eigenkapital der Klin. Es handelte sich hierbei um eine Jahresvergütung, die jeweils zum 31. Januar des folgenden Geschäftsjahres fällig wurde; Abschlagszahlungen waren vierteljährlich zu leisten.
Über die Geltungsdauer der Vergütungsvereinbarung hieß es im Vertrag vom 12. Dezember 1975 unter Nr. 4:
,,Die Vereinbarung wird für die Dauer des zwischen der Z-AG und dem (offensichtlich fehlt das Wort ,,Vertriebszentrum") abzuschließenden Generalvertretungsvertrages und etwaiger Funktions-Folgeverträge, zumindest jedoch mit einer Laufzeit von acht Jahren bis zum 31. Dezember 1983, abgeschlossen."
Zum 1. Januar 1982 wurde das Vertriebszentrum B mit zwei weiteren Vertriebszentren zum neuen Vertriebszentrum C zusammengelegt. Der Vergütungsanspruch der Klin. wurde entsprechend angepaßt. Ab 1. Januar 1984 verlängerte die Z-AG den Generalvertretungsvertrag mit dem Vertriebszentrum C bis zum 31. Dezember 1988, jedoch zu ungünstigeren Konditionen. Ob und zu welchen Bedingungen weitere Verlängerungen erfolgen werden, ist ungewiß. Die Klin. hat vorgetragen, die Z-AG verfolge langfristig das Ziel, die Großhändlerorganisation selbst zu übernehmen. Es sei nur eine finanzielle Frage, wann dies möglich werde. Die Großhändler selbst hätten hierauf praktisch keinen Einfluß.
Das Vertriebszentrum B ist ab 1. Januar 1976 als Großhändler der Z-AG tätig; lediglich der Handel mit Ersatzteilen wurde erst ab 1. März 1976 aufgenommen. Für das Jahr 1976 erhielt die Klin. von den beiden Großhändlern, denen sie ihr Beitrittsrecht überlassen hatte, eine Nettovergütung in Höhe von . . . DM.
Nach einer Außenprüfung sah das beklagte FA den Vergütungsanspruch als Anspruch i. S. des § 13 Abs. 2 BewG an und setzte ihn bei der Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1976 und den 1. Januar 1977 an. Den Jahreswert schätzte es auf . . . DM (1. Januar 1976) bzw. . . . DM (1. Januar 1977). Den Vergütungsanspruch sah das FA als Anspruch auf Leistungen von unbestimmter Dauer an und ermittelte den Kapitalwert mit dem Neunfachen des Jahreswertes.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klin. Klage erhoben und zunächst beantragt, die Vergütungsansprüche als Ansprüche von bestimmter Dauer, nämlich für die Laufzeit des Generalvertretungsvertrages bis zum 31. Dezember 1983 anzusehen und nach der den Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) beigefügten Hilfstafeln 1 a wie folgt zu bewerten: . . .
Die Klin. hat demgemäß beantragt, den Einheitswert auf den 1. Januar 1976 von . . . DM auf . . . DM, und auf den 1. Januar 1977 von . . . DM auf . . . DM herabzusetzen.
Während des finanzgerichtlichen Verfahrens hat die Klin. ihre Anträge erweitert. Sie hat nunmehr geltend gemacht, daß die Vergütungsansprüche bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens überhaupt nicht anzusetzen seien. Demgemäß hat sie beantragt, den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1976 auf . . . DM und auf den 1. Januar 1977 auf . . . DM festzustellen.
Das FG hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, daß der Vergütungsanspruch bei der Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens zu erfassen sei. Das FA habe auch zu Recht den Vergütungsanspruch jeweils als Anspruch von unbestimmter Dauer angesehen. Dies folge aus der Vereinbarung vom 12. Dezember 1975. Das FA habe die Jahreswerte für die Vergütungen auch nicht zu hoch angesetzt.
Die Klin. hat Revision eingelegt. In ihrer Revisionsbegründung wendet sie sich dagegen, daß das FG ihre Vergütungsansprüche als Ansprüche von unbestimmter Dauer behandelt hat. Sie ist der Auffassung, daß der Kapitalwert der jährlichen Vergütungsansprüche auf den jeweiligen Bewertungsstichtag mit der Zahl der Jahre zu multiplizieren sei, für die die Vergütung bis zum 31. Dezember 1983 noch nicht gezahlt sei. Demgemäß hat sie beantragt, auf den Stichtag des 1. Januar 1976 die Vergütung mit dem achtfachen Jahreswert und auf den 1. Januar 1977 mit dem siebenfachen Jahreswert anzusetzen. Später hat sie diesen Antrag dahin verdeutlicht, daß sie den Ansatz des Kapitalwerts der Vergütungen mit . . . DM (1. Januar 1976) bzw. . . . DM (1. Januar 1977) begehrt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klin. führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Ausmaß der Revisionsanträge und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Die Revision der Klin. ist zulässig. Die von ihr innerhalb der Begründungsfrist gestellten Revisionsanträge erfüllen die Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO.
Die Klin. hat zunächst zwar nur beantragt, die Kapitalwerte der Vergütungsansprüche mit dem siebenfachen bzw. dem achtfachen Jahreswert anzusetzen, ohne die Jahreswerte selbst zu erwähnen. Da sich jedoch die Klin. gegen den Ansatz der Jahreswerte durch das FA mit ihrer Revision nicht mehr gewehrt hat, ist davon auszugehen, daß sie die Jahreswerte von . . . DM bzw. . . . DM nunmehr billigte, zumal das FG erklärt hatte, daß die Schätzung der Jahreswerte durch das FA nicht überhöht sei. Darüber hinaus ist anzunehmen, daß die Klin. die Jahreswerte nicht mit dem Sieben- bzw. Achtfachen vervielfacht wissen wollte. Angesichts ihrer Berechnungen in der Klageschrift wird vielmehr davon auszugehen sein, daß von den so ermittelten Werten 79, 182 v. H. (auf den 1. Januar 1976) bzw. 81,185 v. H. (auf den 1. Januar 1977) angesetzt werden sollten. Diese der Revisionsbegründung zu entnehmenden Revisionsanträge, die Kapitalwerte von . . . DM bzw. . . . DM ergaben, hat die Klin. im Verlaufe des Revisionsverfahrens dahin eingeschränkt, daß sie nunmehr den Ansatz von . . . DM bzw. . . . DM begehrt.
2. Der Senat folgt dem FG darin, daß der Kapitalwert der Vergütungen bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens jeweils anzusetzen ist. Die Klin. hat auf den ihr möglichen Beitritt zu dem Vertriebszentrum B verzichtet zugunsten der beiden anderen Großhändler und dafür den Vergütungsanspruch als Gegenleistung erhalten. Da sie ihrerseits den Vertrag erfüllt hat, steht dem Ansatz des Kapitalwertes des Vergütungsanspruchs als Wirtschaftsgut nichts entgegen.
Für die Entscheidung, ob Vergütungen von unbestimmter Dauer vereinbart worden sind, reichen jedoch die getroffenen Feststellungen nicht aus.
Der Senat geht hinsichtlich des Ansatzes des Kapitalwertes der Jahresvergütungen davon aus, daß trotz der Vorschrift des § 109 Abs. 1 BewG, wonach grundsätzlich alle Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen sind, über § 17 Abs. 3 Satz 1 BewG der § 13 BewG auch bei der Feststellung des Betriebsvermögens anwendbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. August 1955 III 133 u. 134/54 S, BFHE 61, 207, BStBl II 1955, 278).
Ob Leistungen von unbestimmter Dauer i. S. des § 13 Abs. 2 BewG vorliegen, läßt sich entgegen der Auffassung des FG nicht allein aus dem Vertrag der Klin. mit den beiden anderen Großhändlern vom 12. Dezember 1975 entnehmen. Denn dort ist hinsichtlich der Dauer der Vereinbarung auf die Dauer des von der Z-AG mit dem Vertriebszentrum abzuschließenden Generalvertretungsvertrages und etwaiger Folgeverträge abgestellt worden. Dessen Inhalt aber ist vom FG nicht festgestellt worden.
Die nicht spruchreife Sache geht im Ausmaß der Revisionsanträge an das FG zurück, damit es den genauen Inhalt des Generalvertretungsvertrages feststellt. Darüber hinaus erhalten die Beteiligten Gelegenheit, gegebenenfalls den abweichenden Teilwert der Vergütungen nachzuweisen (§ 13 Abs. 3 BewG).
Fundstellen
Haufe-Index 416640 |
BFH/NV 1990, 621 |