Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Anhörungsrüge. Anforderungen an die Darlegung
Orientierungssatz
Dargelegt ist ein Gehörsverstoß als entscheidungserheblich iS von § 178a Abs 2 S 6 SGG, wenn in der Begründung der Anhörungsrüge schlüssig ausgeführt wird, inwiefern der behauptete Verstoß des Gerichts sich auf dessen Entscheidung ausgewirkt haben kann (vgl BSG vom 16.2.2006 - B 9a V 47/05 B = SozR 4-1500 § 178a Nr 4). Wird geltend gemacht, das Gericht habe das Vorbringen eines Beteiligten nicht oder nicht ausreichend in Erwägung gezogen und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, muss dies ebenfalls näher dargelegt werden (vgl BSG vom 28.9.2006 - B 3 P 1/06 C = SozR 4-1500 § 178a Nr 5). Dies gilt umso mehr, wenn dem Beschluss über eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160a Abs 4 S 2 SGG nur eine kurze Begründung beigefügt werden muss, soweit nicht auf eine Begründung ganz verzichtet werden kann, und diese deshalb auch nicht auf jegliches Beteiligtenvorbringen und jeden denkbaren Gesichtspunkt eingehen muss.
Normenkette
SGG § 160a Abs. 4 S. 2, § 178a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 6, Abs. 4 S. 1
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Beschluss vom 27.11.2007; Aktenzeichen L 8 KR 58/07) |
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.12.2006; Aktenzeichen S 21 KR 364/06) |
Tenor
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 9. April 2008
- B 12 KR 8/08 B - wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 9.4.2008 hat der Senat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 27.11.2007 als unzulässig verworfen. Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.4.2008 zugestellten Beschluss hat er mit am 2.5.2008 eingegangenem Schreiben eine Anhörungsrüge erhoben und beantragt, das Verfahren fortzuführen. Der Senat habe den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Entgegen der Auffassung des Senats habe er eine konkrete Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm formuliert und die unklare Rechtslage sehr deutlich gemacht. Hierauf sei der Senat nicht eingegangen, sondern habe sich vielmehr so verhalten, als wäre dazu gar nichts vorgetragen worden. Wäre sein Vorbringen in die Senatsentscheidung einbezogen worden, hätte die Revision zugelassen werden müssen.
II. Die Anhörungsrüge ist nach § 178a Abs 4 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger nicht formgerecht (§ 178a Abs 2 Satz 6 SGG) dargelegt hat, dass der Senat seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Nach § 178a Abs 1 Satz 1 SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Nr 1) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Nr 2). Die Rüge muss nach § 178a Abs 2 Satz 6 SGG ua das Vorliegen der in Abs 1 Satz 1 Nr 2 genannten Voraussetzungen darlegen. Dargelegt ist der Gehörsverstoß als entscheidungserheblich, wenn in der Begründung der Anhörungsrüge schlüssig ausgeführt wird, inwiefern der behauptete Verstoß des Gerichts sich auf dessen Entscheidung ausgewirkt haben kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 4). Wird geltend gemacht, das Gericht habe das Vorbringen eines Beteiligten nicht oder nicht ausreichend in Erwägung gezogen und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, muss dies ebenfalls näher dargelegt werden (vgl BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 5). Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - dem Beschluss über eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160a Abs 4 Satz 2 SGG nur eine kurze Begründung beigefügt werden muss, soweit nicht auf eine Begründung ganz verzichtet werden kann, und diese deshalb auch nicht auf jegliches Beteiligtenvorbringen und jeden denkbaren Gesichtspunkt eingehen muss. Die Begründung der Anhörungsrüge genügt diesen Anforderungen nicht.
Der Kläger legt nicht dar, woraus sich ergeben könnte, dass der Senat seine Ausführungen im Schriftsatz vom 12.1.2008 zur Begründung seiner Beschwerde, insbesondere unter 2. auf Seite 3 zur Zulassung der Revision wegen der Bedeutung der Rechtssache, nicht zur Kenntnis genommen haben könnte. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 9.4.2008 vielmehr in Würdigung des Inhaltes dieses zur Begründung der Beschwerde eingereichten Schriftsatzes des Klägers vom 12.1.2008 im Einzelnen ausgeführt, dass die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig ist, weil die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend aufgezeigt worden ist. Er ist davon ausgegangen, dass nicht hinreichend dargelegt worden ist, inwieweit objektiv noch Klärungsbedarf fortbestehen oder erneut entstanden sein könnte und inwiefern es auf die angesprochenen Problemlagen im Rahmen der Sachentscheidung über eine künftige Revision ankommen könnte. Hierbei hat der Senat darauf abgestellt, dass der Kläger keine hinreichend konkrete Rechtsfrage formuliert, sondern Unklarheiten in der Praxis behauptet und sich nicht mit der Entscheidung des Senats vom 14.7.2004 (B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr 1) auseinandergesetzt hat und dass Ausführungen zur abweichenden Rechtsauffassung des Klägers diese Begründung nicht ersetzen können.
Soweit der Kläger geltend macht, der Senat habe zu Unrecht seine Ausführungen dahin gewertet, dass keine konkrete Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm formuliert worden sei, wendet er sich lediglich unter Hinweis auf angebliche Gehörsverstöße gegen die Rechtsanwendung durch den Senat. Er hält eine von derjenigen des Senats abweichende Würdigung seines Beschwerdevorbringens am Maßstab der Darlegungserfordernisse zur grundsätzlichen Bedeutung für richtig. Das Recht auf rechtliches Gehör gibt jedoch keine Gewährleistung dafür, dass das Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten in dessen Sinne vom Gericht zur Kenntnis genommen und entsprechend seine Rechtsauffassung gewürdigt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr 7400 der Anlage 1 des Gerichtskostengesetzes ergibt.
Fundstellen