Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert in Sachen betreffend die einheitliche Gewinnfeststellung
Leitsatz (NV)
In Sachen betreffend die einheitliche Gewinnfeststellung ist für die Streitwertberechnung ein höherer Prozentsatz als 25 v. H. des streitigen Gewinns anzuwenden, wenn wegen der Höhe des festgestellten Gewinns ein Streitwert von 25 v. H. den Auswirkungen des Rechtsstreites auf die Einkommensbesteuerung nicht gerecht wird.
Normenkette
GKG §§ 13-14
Tatbestand
Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Kostenschuldnerin), eine KG, betrieb eine Kfz-Reparaturwerkstatt. Da sie keine Steuererklärungen abgab, schätzte das Finanzamt (FA) die Besteuerungsgrundlagen und erließ Gewinnfeststellungsbescheide für 1977 bis 1979, Umsatzsteuerbescheide für 1977 bis 1979 und Bescheide über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1978, 1. Januar 1979 und 1. Januar 1980. Die Kostenschuldnerin erhob nach erfolglosem Einspruch Klage. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) legte ein Angestellter der Steuerberatungsgesellschaft, die für die Kostenschuldnerin als Prozeßbevollmächtigte aufgetreten war, Steuererklärungen vor, die von den Steuerbescheiden abweichende Besteuerungsgrundlagen auswiesen. Gleichwohl hatte die Klage keinen Erfolg. Das FG entschied, daß die Klage unzulässig sei, weil innerhalb der vom Berichterstatter gesetzten Ausschlußfrist keine Prozeßvollmacht vorgelegt worden sei. Die Revision gegen das klagabweisende Urteil des FG wies der Senat mit Beschluß vom 23. August 1984 gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) als unbegründet kostenpflichtig zurück. Mit Kostenrechnung vom 26. September 1984 KostL 1384/84 setzte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) für das Revisionsverfahren Gerichtskosten in Höhe von 1 629 DM auf der Grundlage eines Streitwerts von 100 000 DM an. Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Kostenschuldnerin. Mit ihr wird geltend gemacht, der Streitwert belaufe sich lediglich auf 47 000 DM. Eine wirtschaftliche Belastung habe sich für die Gesellschafter der Klägerin lediglich aus der Feststellung eines Gewinns für 1978 in Höhe von 185 657 DM ergeben; danach betrage der Streitwert unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschafter allenfalls 15 v. H. aus 185 657 DM, also 47 000 DM.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist unbegründet. Der Streitwert, den die Kostenstelle des BFH ihrer Kostenrechnung vom 26. September 1984 zugrunde gelegt hat, ist nicht überhöht. Die Kostenstelle des BFH hat den Ansatz eines Streitwerts von 100 000 DM in einem Schreiben an die Prozeßbevollmächtigten der Kostenschuldnerin vom 25. März 1985 wie folgt erläutert:
1. Feststellungsbescheide:
Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist der Streitwert in der Regel mit 25. v. H. der streitigen Gewinnbeträge zu bemessen; bei höheren Gewinnanteilen der Gesellschafter (über 15 000 DM) ist dieser Satz jedoch angemessen zu erhöhen. Für das Jahr 1978 ist deshalb ein Satz von 35 v. H. anzusetzen. Da für das Jahr 1979 eine Feststellungserklärung nicht abgegeben wurde, ist für dieses Jahr der Streitwert zu schätzen; es werden 2 000 DM angesetzt. Es ergibt sich also folgender Teilstreitwert:
1977 1978
Gewinn lt. FA 9 111 DM 185 657 DM
Gewinn lt. Erklärung 691 DM ./. 64 429 DM
8 420 DM 250 086 DM
davon ... v. H. 25 35
1 105 DM 87 530 DM
88 635 DM
+ Wert 1979 2 000 DM
90 635 DM.
2. Umsatzsteuerbescheide:
Für das Jahr 1978 war die erklärte Umsatzsteuerschuld höher als die vom FA festgesetzte Umsatzsteuer. Für dieses Jahr hat also eine Beschwer überhaupt nicht vorgelegen, es war bereits die Klage unzulässig. Da eine Saldierung mit dem Jahr 1977 nicht zulässig ist, ist der Streitwert für 1978 zu schätzen (ebenfalls 2 000 DM). Es ergibt sich also folgender Teilstreitwert:
Umsatzsteuer 1977 lt. FA ./. 21 535,33 DM
Umsatzsteuer 1977 lt. Erklärung ./. 25 812,95 DM
4 277,62 DM
+ Wert 1978 2 000,00 DM
6 277,62 DM.
3. Einheitswertbescheide:
Im Verfahren der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens ist der Streitwert mit 10 v. T. der begehrten Minderung anzusetzen. Da nur zum 1. Januar 1978 eine Vermögensaufstellung eingereicht wurde, ist der erklärte Einheitswert den festgesetzten Einheitswerten des FA gegenüberzustellen. Es ergibt sich folgender Teilstreitwert:
1. 1. 1978 1. 1. 1979 1. 1. 1980
Einheitswert lt. FA 19 000 DM 200 000 DM 100 000 DM
Einheitswert lt. Erklärung ./. 29 000 DM ./. 29 000 DM ./. 29 000 DM
48 000 DM 229 000 DM 129 000 DM
davon 10 v. T. 480 DM 2 290 DM 1 290 DM
4 060 DM.
Diese Erwägungen der Kostenstelle sind nicht zu beanstanden. Der Kostenschuldnerin kann nicht darin gefolgt werden, daß der Streitwertberechnung lediglich die Gewinnfeststellung 1978 zugrunde zu legen sei. Dieses Begehren muß daran scheitern, daß sich das Revisionsverfahren nicht auf die Gewinnfeststellung 1978 beschränkte. Auch der Einwand, es sei nur ein Pauschsatz von 25 v. H. der streitigen Einkünfte 1978 anzusetzen, kann keinen Erfolg haben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein höherer Prozentsatz als der Mindestsatz von 25 v. H. anzuwenden, sofern die Höhe der festgestellten Gewinne und Gewinnanteile der Mitunternehmer im Hinblick auf die progressive Ausgestaltung des Einkommensteuertarifs die Vermutung begründet, daß ein Streitwert in Höhe von nur 25 v. H. den tatsächlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Einkommensbesteuerung der beteiligten Mitunternehmer nicht gerecht wird (z. B. Beschluß vom 23. Februar 1978 IV E 1/78, BFHE 125, 7, BStBl II 1978, 409). Bei einer Gewinnfeststellung in Höhe von 185 657 DM für eine KG mit nur wenigen Gesellschaftern trifft dies zu.
Fundstellen
Haufe-Index 414400 |
BFH/NV 1988, 109 |