Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB ‐ Übergangsrecht; zeitliche Zuordnung eines Aufgabegewinns
Leitsatz (NV)
- Zur Darlegungspflicht nach altem und neuem Recht.
- Die Frage, nach welchen Kriterien und bezogen auf welchen Zeitpunkt ein Aufgabegewinn i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG zu beurteilen ist, bedarf grundsätzlich keiner höchstrichterlichen Klärung mehr.
- Einwände gegen die Beweiswürdigung des FG betreffen keinen Verfahrensmangel i.S. des Zulassungsrechts.
- Beschränkt sich der ‐ fachkundig vertretene ‐ Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf, einen Sachantrag zu stellen ,so liegt darin ‐ hinsichtlich der zu diesem Zeitpunkt erkennbaren Verfahrenssituation ‐ ein Rügeverzicht.
Normenkette
2. FGOÄndG Art. 4, 6; FGO §§ 155, 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 16; ZPO §§ 85, 295
Gründe
Das Rechtsmittel ist teils unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt wurden, teils unbegründet, weil die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen nicht gegeben sind. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit dies nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden alten Fassung (a.F.) und inwieweit nach § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO in der seit 1. Januar 2001 geltenden neuen Fassung (n.F.) zu beurteilen ist (s. dazu Art. 4, 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG― vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757; Neuverkündung: BGBl I 2001, 442; s. auch Spindler, Der Betrieb ―DB― 2001, 61 ff.).
Ausdrücklich berufen haben sich die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf keinen der im Gesetz ―nach altem wie nach neuem Recht― abschließend aufgezählten Zulassungsgründe. Im Wege der Auslegung lassen sich die zur Beschwerdebegründung vorgebrachten Rügen ―Verstoß
-(1) gegen die Stichtagsbewertung,
-(2) gegen die freie Beweiswürdigung und
-(3) gegen das Recht auf Gehör―
den Zulassungsgründen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F. und n.F. bzw. Nr. 2 n.F. (was den Einwand zu (1) angeht) und des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F. und n.F. ―hinsichtlich der Einwände zu (2) und (3)― zuordnen. Unter keinem der in Betracht kommenden Gesichtspunkte hat das Rechtsmittel Erfolg.
1. Dargelegt i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F. nur, soweit der Rechtsuchende zur Beschwerdebegründung substantiiert und in sich schlüssig eine konkrete Rechtsfrage aufwirft, die das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die betreffende Rechtsfrage muss zudem nicht nur klärungsbedürftig, sondern in einem etwa nachfolgenden Revisionsverfahren auch klärungsfähig sein (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 22. Dezember 1999 I B 46/99, BFH/NV 2000, 955, und vom 18. Mai 2000 V B 178/99, BFH/NV 2000, 1504; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 7 ff., jeweils m.w.N.). Prinzipiell nichts anderes gilt für die Begründung eines Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO n.F. gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 FGO n.F. (s. auch BTDrucks 14/4061, S. 6). Die in diesem Zusammenhang von den Klägern aufgeworfene Frage des "Stichtagsprinzips" (1), d.h. der Frage, nach welchen Kriterien und bezogen auf welchen Zeitpunkt ein Aufgabegewinn i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes zu beurteilen ist, bedarf grundsätzlich keiner höchstrichterlichen Klärung mehr (s. dazu Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, § 16 Rz. 210 ff. und 260 ff., m.w.N.). Das gilt vor allem auch hinsichtlich der Notwendigkeit, die für die Bestimmung einer solchen Besteuerungsgrundlage maßgeblichen Faktoren auf das Datum der Veräußerung/Betriebsaufgabe zurückzubeziehen (Schmidt/Wacker, a.a.O., Rz. 214 ff. und 290 ff., m.w.N.).
Inwiefern der Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH in dieser Sache erfordern sollte (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO n.F.), ist bei diesem Erkenntnisstand ebenfalls nicht ersichtlich.
2. Auch nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F. und n.F. kommt eine Revisionszulassung nicht in Betracht.
a) Die Rüge fehlerhafter Beweiswürdigung (s. oben unter (2); zum Verständnis dieses Begriffs s. Gräber, a.a.O., § 96 Rz. 15) ist grundsätzlich dem materiellen Recht zuzuordnen (Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N.). Die Beschwerdebegründung gibt für eine abweichende Beurteilung im Streitfall nichts her.
b) Mit dem Einwand, das Finanzgericht (FG) habe das Recht auf Gehör verletzt, können die Kläger schon deshalb nicht mehr gehört werden, weil ihre prozessualen Willensbekundungen insoweit nach Aktenlage als wirksamer Rügeverzicht (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung ―ZPO―) zu werten sind (s. dazu näher: Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 37, 65 und § 120 Rz. 38, m.w.N.): Ihr Prozessbevollmächtigter, dessen Verhalten sie sich zurechnen lassen müssen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 ZPO), hatte zur mündlichen Verhandlung nur die Anhörung des (mit seiner ausdrücklichen Billigung) mit der streitigen Wertermittlung beauftragten Gutachters beantragt und, nachdem das FG diesem Begehren nachgekommen war, sich im Anschluss an die Erörterung des Sachverständigengutachtens zum Schluss der mündlichen Verhandlung mit der Stellung eines Sachantrags begnügt. - Unabhängig davon haben es die Kläger versäumt, den gerügten Verfahrensmangel aus der materiell-rechtlichen Sicht des FG zu substantiieren (dazu Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 34 und § 120 Rz. 39, m.w.N.).
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO n.F.).
Fundstellen
Haufe-Index 653726 |
BFH/NV 2002, 180 |