Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG von 6 % verfassungsgemäß?

Soweit eine nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst wird, ohne dass ein entsprechender Betrag von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Reinvestitionsguts abgezogen worden ist, ist der Gewinn für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, nach § 6b Abs. 7 EStG um 6 % des Rücklagenbetrags zu erhöhen.

Entscheidungen des BFH

Der BFH hat entschieden, dass die Höhe des Gewinnzuschlags gem. § 6b Abs. 7 EStG jedenfalls bis zum Jahr 2009 verfassungskonform ist (BFH, Urteile v. 9.7.2019, X R 7/17v. 29.4.2020, XI R 39/18). Für den Zeitraum nach 2009 fehlt es bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung.

Urteil des FG Nürnberg für die Jahre 2012 bis 2016

Die Höhe des Gewinnzuschlags von 6 % nach § 6b Abs. 7 EStG verletzt nach Auffassung des FG Nürnberg in den Jahren 2012 bis 2016 nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (FG Nürnberg, Urteil v. 18.5.2022, 3 K 301/19). Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, es ist rechtskräftig.

Dieser Beurteilung steht nach Ansicht des FG Nürnberg der Beschluss des BVerfG v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, nicht entgegen, mit dem dieses u.a. die Fortgeltung des Zinssatzes i.H.v. 6 % p.a. nach den § 233a i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO für Verzinsungszeiträume vom 1.1.2014 bis zum 31.12.2018 gebilligt hat, ohne dass der Gesetzgeber verpflichtet wäre, auch für diesen Zeitraum rückwirkend eine verfassungsgemäße Regelung zu schaffen.

Daraus kann im Gegenteil der Schluss gezogen werden, dass die Höhe des Gewinnzuschlags nach § 6b Abs. 7 EStG jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden ist, da die Regelungen zur Vollverzinsung allein dem Zweck des Vorteilsausgleichs dienen und der Gewinnzuschlag auch der Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Rücklage dient.

Urteil des FG Münster für die Jahre 2012 bis 2017

Das FG Münster hat aktuell entschieden, dass die Höhe des Gewinnzuschlags nach § 6b Abs. 7 EStG auch für die Jahre 2012 bis 2017 verfassungsgemäß ist (FG Münster, Urteil v. 24.8.2022, 7 K 3764/19 E). Obwohl der Gewinnzuschlag von 6 % erheblich von den Zinssätzen für Unternehmenskredite abweiche, liegt nach Meinung des FG Münster kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, da der Gewinnzuschlag nicht nur den unberechtigten Zinsvorteil ausgleichen, sondern auch die missbräuchliche Inanspruchnahme der Rücklage verhindern solle. Das Urteil des FG Münster ist trotz Revisionszulassung rechtskräftig.

Wie sieht es für die Jahre ab 2018 aus?

In der Praxis ist davon auszugehen, dass die Finanzämter auch für die Jahre ab 2018 den Zinssatz von 6 % für den Gewinnzuschlag zugrunde legen werden. Wer damit nicht einverstanden ist, wird an einem Rechtsmittelverfahren nicht vorbeikommen.

Schlagworte zum Thema:  Rücklage, Gewinnermittlung