Einkommensteuererklärung 2020: Kurzarbeitergeld

Der Bezug von Kurzarbeitergeld kann für viele Arbeitnehmer zur Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 führen. Ungefähr 10 Mio. Arbeitnehmer haben im letzten Jahr Kurzarbeitergeld bezogen. Viele von ihnen müssen für das Jahr 2020 erstmals eine Steuererklärung abgeben. 

In seiner Mitteilung v. 19.2.202 weist das BMF darauf hin, dass das Kurzarbeitergeld als eine von mehreren Lohnersatzleistungen steuerfrei ist - ebenso wie ein beträchtlicher Teil der während der Corona-Krise geleisteten Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld, zum Saison-Kurzarbeitergeld und zum Transferkurzarbeitergeld.

Alle Lohnersatzleistungen (neben Kurzarbeitergeld zum Beispiel auch Arbeitslosen-geld, Kranken-, Mutterschutz- und Elterngeld) unterliegen dem Progressionsvorbehalt. Sie müssen daher nach Ablauf des Kalenderjahres im Einkommensteuerveranlagungsverfahren bei der Ermittlung des individuellen Steuersatzes einbezogen werden.

Die Arbeitgeber weisen die steuerfreien Zuschüsse zusammen mit dem Kurzarbeitergeld und etwaigen anderen Lohnersatzleistungen auf der Lohnsteuerbescheinigung (Nummer 15) aus. Das Wohnsitzfinanzamt erhält elektronisch einen entsprechenden Datensatz.

Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung

Nach § 25 Abs. 3 EStG hat jede steuerpflichtige Person für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Für Arbeitnehmer besteht diese Verpflichtung nur, wenn eine der Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 erfüllt ist. Beträgt das Kurzarbeitergeld mehr als 410 EUR im Jahr, besteht nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG die Verpflichtung eine Steuererklärung abzugeben. Das Kurzarbeitergeld wird zwar nach § 3 Nr. 2a EStG steuerfrei ausgezahlt und unterliegt auch nicht den Abzügen der Sozialversicherungen. Allerdings ist es im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG zu berücksichtigen.

Progressionsvorbehalt nach § 32 b EStG

Hat ein Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld bezogen, so ist nach § 32 b Abs. 1 Nr. 1a EStG  auf das nach § 32a Absatz 1 EStG zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden. Dieser Steuersatz ermittelt sich aus dem Tarif, der auf die Summe aus laufenden Einkünften und den Lohnersatzleistungen anzuwenden wäre. Mit diesem höheren Steuersatz werden anschließend die laufenden Einkünfte (ohne das steuerfreie Kurzarbeitergeld) besteuert.

Höhe des Kurzarbeitergeldes

Arbeitnehmer ohne Kinder erhalten während der Kurzarbeit 60 Prozent des ausfallenden Nettoentgelts als Kurzarbeitergeld. Arbeitnehmer mit Kindern, für die ein Kindergeldanspruch besteht, erhalten 67 Prozent. Aufgrund einer Regelung im Zusammenhang mit der Corona-Krise erhöht sich das Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer, deren Arbeitsentgelt um mindestens die Hälfte reduziert ist

  • ab dem vierten Monat auf 70 bzw. 77 Prozent, und
  • ab dem siebten Monat  auf 80 bzw. 87 Prozent

Steuerfreie Aufstockung des Kurzarbeitergeldes

Ein Arbeitgeberzuschuss zum Kurzarbeitergeld ist grundsätzlich steuerpflichtig. In der Corona-Krise gibt es jedoch eine Steuererleichterung. Rückwirkend vom 1.3.2020 und bis zum 31.12.2021 ist der Zuschuss des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld steuerfrei. Dies gilt jedoch nur, wenn das Kurzarbeitergeld und die Aufstockung  zusammen höchstens 80 Prozent des ausgefallenen Arbeitsentgelts betragen. Die Steuerfreiheit des Aufstockungsbetrags entfällt jedoch, wenn der Zuschuss des Arbeitgebers 80 % des bisherigen Arbeitsentgelts übersteigt.

Entlastung für Arbeitgeber: Sozialabgaben auf das Kurzarbeitergeld

Auch für Arbeitgeber gibt es derzeit eine Entlastung. Üblicherweise muss der Arbeitgeber Sozialabgaben auf das Kurzarbeitergeld entrichten. Befristet bis zum 31.12.2021 werden die Sozialbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden im Rahmen des Corona-Hilfspakets der Bundesregierung erstattet.

Abgabe der Steuererklärung muss nicht immer zu einer Nachzahlung führen

Nicht jeder Arbeitnehmer, der Kurzarbeitergeld erhalten hat, hat eine Steuernachzahlung zu befürchten. Vor allem wer in "Kurzarbeit Null" ist und daher keinen Teilzeitlohn erhält, kann mit einer Steuererstattung rechnen.
 
Es gibt aber auch Fälle, in denen Vorsicht geboten ist. Ob das der Fall ist, hängt von den genauen Einkommensverhältnissen ab und muss im Einzelfall berechnet werden.

Beispiel für einen "Nachzahlungsfall":

Ein lediger Arbeitnehmer ohne Kinder hat ohne Kurzarbeit ein Bruttoeinkommen von 4.000 EUR monatlich. Er war 9 Monate zu 50 Prozent in Kurzarbeit. Für diese Zeit bezog er folgendes Kurzarbeitergeld:

Monate 1-3: 641 EUR (60 Prozent der Nettolohn-Differenz) x 3 Monate

1.923 EUR

Monate 4-6: 748 EUR (70 Prozent der Nettolohn-Differenz) x 3 Monate

2.244 EUR

Monate 7-9: 855 EUR (80 Prozent der Nettolohn-Differenz) x 3 Monate

2.565 EUR

Kurzarbeitergeld für das Jahr 20206.732 EUR

Zunächst wird die Einkommensteuer auf das laufende zu versteuernde Einkommen (ohne Kurzarbeitergeld und ohne Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts) berechnet:

Bei dem zu versteuerndes Einkommen von 30.000 EUR (3 x 4.000 = 12.000 und 9 x 2.000 = 18.000 = zusammen 30.000) beträgt die jährliche Einkommensteuer nach der Grundtabelle = 5.187 EUR (17,29 Prozent).

In einem zweiten Schritt wird die tatsächliche Steuerschuld wie folgt ermittelt:

1. Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes unter Berücksichtigung des Kurzarbeitergelds:

Zu versteuerndes Einkommen

30.000 EUR

Kurzarbeitergeld

6.732 EUR

fiktives zu versteuerndes Einkommen36.732 EUR

Bei einem zu versteuernden Einkommen von 36.732 EUR beträgt die Einkommensteuer nach der Grundtabelle  = 7.341 EUR (19,98 Prozent)

2. Berechnung der Steuerlast unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts:

Zu versteuerndes Einkommen

30.000 EUR

Einkommensteuer 19,98 Prozent5.994 EUR

Da der Arbeitgeber in dem Beispielsfall bereits schon 5.187 EUR Lohnsteuer auf das laufende Einkommen einbehalten hat, ergibt sich eine Steuernachzahlung von 807 EUR (5.994 EUR - 5.187 EUR) zzgl. Solidaritätszuschlag und evtl. Kirchensteuer.

Beispiel für einen "Erstattungsfall":

Ein lediger Arbeitnehmer (ohne Konfession) mit einem monatlichen Bruttoverdienst in Höhe von 3.000 EUR wurde im Jahr 2020 für drei Monate in "Kurzarbeit Null" (Transferkurzarbeitergeld) geschickt.

Ermittlung des Erstattungsbetrags

Monatlicher Bruttoverdienst

3.000,00 EUR

- Sozialversicherungsbeiträge

603,75 EUR

- Lohnsteuer und Soli

427,44 EUR

Monatlicher Nettolohn

1.968,81 EUR

Kurzarbeitergeld pro Monat

1.183,54 EUR

Kurzarbeitergeld für drei Monate

3.550,62 EUR

Einnahmen nach § 19 EStG für 2020: 9 Monate je 3.000 EUR

27.000 EUR

Zu versteuerndes Einkommen nach Abzug von AN-PB und Sonderausgaben

21.441,00 EUR

Einkommensteuer und Soli unter Anwendung des Progressionsvorbehalts

3.358,06 EUR

- einbehaltene Lohnsteuer und Soli für 9 Monate (9 x 427,44 EUR)

3.846,96 EUR

Erstattung 2020 (ohne weitere Nachweise)488,90 EUR

Die Beispiele zeigen, dass das Kurzarbeitergeld nicht in jedem Fall zu einer Steuernachzahlung führt. Sind keine Nebeneinkünfte vorhanden, kann man regelmäßig mit einer Steuererstattung rechnen. Das liegt daran, dass der Arbeitgeber in den 9 Monaten der "richtigen" Beschäftigung Lohnsteuerabzüge etc. in der Höhe einbehalten muss, wie für eine durchgängig Beschäftigung einzubehalten gewesen wäre. Durch den Einkommensverlust in den drei Monaten mit Kurzarbeitergeldbezug sinkt der "Grenzsteuersatz" erheblich. Das macht auch das dem Progressionsvorbehalt unterliegende Kurzarbeitergeld nicht wett. Sofern sich das Kurzarbeitergeld durch Kinder um 7 Prozent erhöht, reduziert sich die zu erwartende Steuererstattung geringfügig. Das Ergebnis ändert sich, wenn es sich um den Fall einer Zusammen-eranlagung handelt, und der Ehepartner über eigene Einkünfte verfügt.

Schlagworte zum Thema:  Kurzarbeitergeld, Steuererklärung, Frist