Entscheidungsstichwort (Thema)
Negative Einkünfte aus der Veräußerung von Finanzinnovationen ohne Berücksichtigung von Devisenkursschwankungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit nach der durch das Steueränderungsgesetz 2001 geänderten Vorschrift des § 20 Abs. 3 Nr. 4 Sätze 2 und 4 EStG und der hierzu ergangenen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 37b EStG 2001 die Marktrendite bei der Veräußerung von Finanzinnovationen für alle noch nicht bestandskräftigen vorangegangenen Veranlagungszeiträume zunächst als Unterschiedsbetrag in ausländischer Währung zu berechnen und dieser dann in deutsche Währung umzurechnen ist, liegt hierin keine zur Verfassungswidrigkeit führende echte Rückwirkung, da der Gesetzgeber durch die Änderung der Berechnungsweise keinen originär belastenden Besteuerungstatbestand nachträglich geschaffen hat.
2. Eine hierdurch ggf. eintretende Minderung abziehbarer Verluste kann unmittelbar nur auf einer ungünstigen Entwicklung der Wechselkurse beruhen, während die abstrakt verfasste Regelung des § 52 Abs. 37b EStG 2001 den Steuerpflichtigen belasten oder entlasten kann.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 2 Nr. 4, § 52 Abs. 37 b; EStG 2001 § 20 Abs. 3 Nr. 4; GG Art. 100 Abs. 1
Streitjahr(e)
1998
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit der §§ 20 Abs. 2 Nr. 4 Sätze 2 und 4, 52 Abs. 37 b EStG. Auf Grund dieser Vorschriften hat der Beklagte (das Finanzamt – FA -) einen Verlust der Kläger aus der Veräußerung von sog. Finanzinnovationen in 1998 geringer bemessen als von den Klägern erklärt.
Die Kläger veräußerten im Streitjahr 1998 mehrere Finanzinnovationen mit Verlusten. Deren Höhe errechneten die Kläger in der Weise, dass sie die auf ausländische Währung lautenden Anschaffungskosten in DM umrechneten und ihnen die in DM umgerechneten Verkaufspreise in ausländischer Währung gegenüberstellten. Daraus ergab sich ein von ihnen erklärter Verlust in Höhe von 272.919,- DM.
Nachdem das FA den erklärten Verlust zunächst nicht berücksichtigt hatte, änderte es die Veranlagung 1998 zugunsten der Kläger und erkannte den Verlust teilweise in Höhe von 125.357,- DM an. In seiner Einspruchsentscheidung beruft es sich auf die durch das Steueränderungsgesetz 2001 geänderte Vorschrift des § 20 Abs. 3 Nr. 4 Sätze 2 und 4 EStG, wonach die hier zu Grunde zu legende Marktrendite zunächst als Unterschiedsbetrag in ausländischer Währung zu berechnen und dieser dann in deutsche Währung umzurechnen ist. Gem. § 52 Abs. 37 b EStG gelte dies für alle Veranlagungszeiträume, soweit Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind, also auch im Streitfall.
Ihre hiergegen erhobene Klage stützen die Kläger darauf, die Reduzierung des erklärten Verlustes beruhe auf ein verfassungswidriges Gesetz. § 52 Abs. 37 b EStG enthalte eine echte Rückwirkung, die verfassungsrechtlich unzulässig sei.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuer 1998 in der Weise herabzusetzen, dass Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von insgesamt 272.919,00 DM berücksichtigt werden;
hilfsweise:
die Wechselkursverluste betreffend in Höhe von 58.880,00 DM und in Höhe von 52.101,00 DM als zusätzlichen Verlust anzuerkennen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
1. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig, denn das FA hat die Einkommensteuer 1998 gemäß der Vorschrift des § 20 Abs. 2 Nr. 4 zutreffend festgesetzt, indem es die streitigen negativen Einkünfte aus der Veräußerung der Finanzinnovationen ohne Berücksichtigung der Devisenkursschwankungen berechnet hat. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffende Einspruchsentscheidung.
Entgegen der Ansicht der Kläger kommt eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht. Die Voraussetzung des Artikel 100 Abs. 1 GG ist nicht erfüllt, weil das Gericht § 52 Abs. 37 b EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2001 nicht für verfassungswidrig hält.
Eine grundsätzlich zur Verfassungswidrigkeit führende echte Rückwirkung des § 52 Abs. 37 b EStG liegt nicht vor. Eine solche wäre dann anzunehmen, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl. Jochum, Neue juristische Wochenschrift – NW – 2004, 1427 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
An einer echten Rückwirkung in obigem Sinne fehlt es schon deshalb, weil der Gesetzgeber den die Kläger belastenden Besteuerungstatbestand nicht nachträglich geschaffen hat. Die Einbeziehung der Einkünfte aus der Veräußerung sog. Finanzinovationen beruht schon auf dem Steueränderungsgesetz 1994.
Geändert hat der Gesetzgeber lediglich rückwirkend die Berechnung der typisierten Marktrendite.
Entgegen der Auffassung von Haisch, Deutsches Steuerrecht 2002, 247, 249 liegt darin allerdings keine echte Rückwirkung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die v...