Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB; Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebsstätte im Fördergebiet
Leitsatz (NV)
- Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebsstätte im Fördergebiet.
- Hat das FG sein Urteil auf mehrere tragende Gründe gestützt, kann die Zulassung der Revision nur erreicht werden, wenn für jeden dieser entscheidungserheblichen Gründe ein Zulassungsgrund gegeben ist.
- Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels.
Normenkette
FGO §§ 76, 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3, §§ 132, 155; ZPO § 295
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie war durch Beschluss gemäß § 132 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu verwerfen. Die Beschwerde macht die Zulassungsgründe der Divergenz, der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängel geltend, bezeichnet diese Zulassungsgründe indessen nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3, Abs. 3 Satz 3 FGO.
1. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die Abweichung des angefochtenen Urteils von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. August 1960 I B 148/59 U (BFHE 71, 585, BStBl III 1960, 468) rügt, macht sie schlüssig geltend, dass das Finanzgericht (FG) einen (abstrakten) Rechtssatz aufgestellt habe, der von einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweiche. Es kann indes offen bleiben, ob die von der Klägerin behauptete Divergenz gegeben ist, da das angefochtene Urteil hinsichtlich der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen einer Betriebstätte im Fördergebiet mehrfach begründet ist und jeder dieser Gründe für sich allein das Entscheidungsergebnis ―das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage― trägt.
Hat das FG ―wie im Streitfall― sein Urteil auf mehrere tragende Gründe gestützt, kann nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Zulassung der Revision nur erreicht werden, wenn für jeden dieser entscheidungserheblichen Gründe ein Zulassungsgrund gegeben ist (Senatsentscheidung vom 4. Oktober 1998 III B 72/98, BFH/NV 1999, 493, m.w.N.). Für die Zulassung der Revision ist in diesen Fällen Voraussetzung, dass das angefochtene Urteil auf der Divergenz beruht, d.h. dass diese nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Grundlage des Urteils entfällt. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn auch bei Wegfall der eine Divergenz enthaltenden Begründung noch eine weitere, das Urteil tragende Begründung vorhanden ist, hinsichtlich derer die Voraussetzungen einer Zulassung einer Revision nicht gegeben sind. In einem solchen Fall ist es bereits für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde erforderlich, dass für jede Begründung des FG das Vorliegen eines Zulassungsgrundes dargelegt wird (Senatsentscheidung in BFH/NV 1999, 493, m.w.N.). Im Streitfall hat das FG seine Auffassung, wonach die Klägerin weder in A noch in B eine Betriebstätte unterhalten hat, nicht nur auf die von der Klägerin mit der Divergenzrüge angegriffene Erwägung, die Einrichtungen der Klägerin hätten nur in sehr eingeschränktem Maße ihrem Gewerbebetrieb gedient, sondern auch auf den Umstand gestützt, der Klägerin habe es an einer gewissen Verfügungsmacht über diese Einrichtungen gefehlt.
Zulassungsgründe hinsichtlich des Fehlens einer gewissen Verfügungsmacht der Klägerin über die Einrichtungen in A und B sind in der Beschwerdeschrift nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin trägt lediglich vor, die insoweit vom FG gemachten Ausführungen könnten nicht überzeugen. Damit behauptet die Klägerin aber allenfalls, das FG habe in der Sache unzutreffend entschieden. Ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO wird dadurch jedoch nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (BFH-Beschluss vom 19. August 1998 X B 111/97, BFH/NV 1999, 210).
2. Die Klägerin hat ferner nicht dargelegt, dass durch die Rechtssache eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen werde. Hierzu ist es erforderlich, eine für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage herauszuarbeiten und darzulegen, inwieweit diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig ist. Hierfür genügt es weder, lediglich zu behaupten, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, noch lediglich auszuführen, eine grundsätzliche Stellungnahme des BFH zu den streitgegenständlichen Rechtsfragen erscheine im Streitfall sachdienlich.
3. Schließlich fehlt es auch an einer hinreichenden Bezeichnung von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 3 FGO).
Soweit die Klägerin rügt, das FG habe gegen § 76 FGO verstoßen, indem es Beweisanträge übergangen und insoweit den Sachverhalt nicht richtig aufgeklärt habe, fehlt es ―da es sich insoweit um einen verzichtbaren Mangel handelt (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung ―ZPO―)― an dem Vortrag, dass der Mangel in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt worden ist oder ―wenn dies nicht geschehen sein sollte― weshalb die Rüge der Klägerin nicht möglich gewesen ist (Gräber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Anm. 40, m.w.N.). Einer rechtzeitigen Rüge ―bzw. des Vortrags, weshalb eine solche der Klägerin nicht möglich war― hätte es auch bedurft, soweit die Klägerin behauptet, ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht liege in dem Umstand, dass das FG auch ohne entsprechenden Beweisantritt seitens der Klägerin den Sachverhalt von Amts wegen hätte weiter aufklären müssen (BFH-Urteil vom 22. September 1994 IV R 61/93 unter II.3. der Gründe, m.w.N., BFHE 176, 350, BStBl II 1995, 367).
Der behauptete Verfahrensmangel einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist ebenfalls nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe nicht damit gerechnet, dass das FG der Betriebstätte B nur eine Briefkastenfunktion zuerkennen würde und entsprechend auch keine besonderen Ausführungen hierzu gemacht, vermag der Senat eine Beschränkung des Rechts der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht zu erkennen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls über die mündliche Verhandlung am 27. April 1999 hat sich die fachkundig vertretene Klägerin zur Sach- und Rechtslage umfassend äußern können. Ferner hat die Klägerin in der Beschwerdeschrift selbst vorgetragen, dass sich ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung zu diesem Streitpunkt geäußert hat.
Soweit die Klägerin damit auch konkludent rügt, das FG hätte sie auf entscheidungserhebliche Gesichtspunkte ausdrücklich hinweisen müssen, dies jedoch verfahrensfehlerhaft unterlassen, genügt die Rüge ebenfalls nicht den Anforderungen an die Bezeichnung eines Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Wird die Verletzung der Hinweispflicht nach § 76 Abs. 2 FGO gerügt, muss für eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge u.a. angegeben werden, aus welchem Grund Anlass zu einem Hinweis des Gerichts bestanden haben soll. Im Streitfall waren die Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebstätte der Klägerin in B bereits durch die Steuerfahndungsprüfung in Frage gestellt worden. Unter diesen Umständen hätte die Klägerin in der Beschwerdeschrift zumindest näher darlegen müssen, weshalb das FG der fachkundig vertretenen Klägerin gleichwohl weitere und vor allem welche konkreten Hinweise hätte geben müssen (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1991 XI R 13/90, BFH/NV 1992, 609).
Ebenso wenig reicht unter den vorgenannten Umständen der bloße ―konkludente― Hinweis darauf, die Klägerin sei von der angefochtenen Entscheidung des FG überrascht worden, weil der entscheidungserhebliche rechtliche Gesichtspunkt betreffend die Briefkastenfunktion der Betriebstätte in B erst in der mündlichen Verhandlung angesprochen worden sei, zur Bezeichnung eines Zulassungsgrundes aus.
Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 17. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2447, BStBl I 2000, 3) ohne Angabe von Gründen.
Fundstellen