Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Nachweis ingenieurähnlicher Kenntnisse eines Kfz-Sachverständigen; Prüfung der Erfolgsaussichten einer zukünftigen Revision in der Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
1. Die Bestellung zum Kfz-Sachverständigen für Kfz-Schäden und Bewertung eines privaten Verbandes reicht zum Nachweis der Kenntnisse für einen ingenieurähnlichen Beruf nicht aus.
2. Die ausgeübte praktische Tätigkeit eines Kfz-Sachverständigen ist nicht ingenieurähnlich, wenn er neben sog. Schadensgutachten zwar auch solche über Schadensursachen erstellt, die damit zusammenhängende Tätigkeit der ausgeübten Tätigkeit aber nicht im Sinne eines dem Katalogberuf ähnlichen Berufs prägt.
3. Bei einer auf Verfahrensmängel gestützten Nichtzulassungsbeschwerde ist maßgebend, ob nach der Rechtsauffassung des BFH eine zukünftige Revision Aussicht auf Erfolg hätte.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 126 Abs. 4
Verfahrensgang
Gründe
1. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -); sie ist durch die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt.
Ein Beruf ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann. Dazu gehört die (1) Vergleichbarkeit der Ausbildung und (2) die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeit (Senatsurteil vom 12. Oktober 1989 IV R 118-119/87, BFHE 158, 413, BStBl II 1990, 64).
Ein Kraftfahrzeugsachverständiger, der wie der Kläger eine Ausbildung, wie in den Ingenieurgesetzen der Länder vorgeschrieben ist, nicht besitzt, kann nachweisen, daß er vergleichbare Fachkenntnisse im Wege des Selbststudiums erworben hat. Doch reichen bloße Bestätigungen über die Teilnahme an Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen als Erfolgsnachweise der für eine Ingenieurtätigkeit erforderlichen Kenntnisse nicht aus, vielmehr muß der erfolgreiche Abschluß durch Zeugnisse, Zertifikate oder ähnliche Urkunden nachweisbar sein (Urteil des erkennenden Senats vom 9. Juli 1992 IV R 132/90). Soll der Nachweis anhand eigener praktischer Arbeiten erbracht werden (Urteil des erkennenden Senats vom 10. November 1988 IV R 63/86, BFHE 155, 109, BStBl II 1989, 198), müssen diese einen der Ingenieurtätigkeit vergleichbaren Schwierigkeitsgrad aufweisen. Außerdem müssen sie den Schwerpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen bilden (Senatsurteil vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BFHE 158, 409, BStBl II 1990, 73), d.h. die qualifizierte Arbeit muß seinem Beruf das Gepräge im Sinne des Katalogberufs geben (BFH-Urteil vom 7. September 1989 IV R 156/86, BFH/NV 1991, 359).
In seinem Urteil vom 9. Juli 1992 IV R 116/90 (BFHE 169, 402, BStBl II 1993, 100) hat der erkennende Senat für einen Kfz-Meister, der ein begonnenes Studium der Statik und des Maschinenbaus nach einem bzw. drei Semestern abgebrochen hatte, den Nachweis ingenieurmäßiger Kenntnisse nicht als erbracht angesehen, weil die praktische Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger nicht die volle Breite des Ingenieurberufs abdeckte, sondern nur gelegentlich erhebliche mathematische Kenntnisse voraussetzte. Danach reicht - entgegen der auch vom Kläger geteilten Ansicht des Finanzgerichts (FG) München (Urteil vom 18. November 1986 VII 178/83 E, Entscheidungen der Finanzgerichte 1987, 304) - selbst die Bestellung zum vereidigten Kfz-Sachverständigen einer Industrie- und Handelskammer nicht aus, wenn nach den Bestellungsrichtlinien auch Kfz-Meister ohne ingenieurähnliches Wissen zu Sachverständigen bestellt werden können.
Der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage, ob die Bestellung zum Kfz-Sachverständigen des (privaten) Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen (BVSK) als Nachweis genügt, kommt danach keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils bezieht sich nämlich die durch die Aufnahme des Klägers in den BVSK festgestellte Sachkunde lediglich auf die Bereiche Kfz-Schäden und Kfz-Bewertung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. Juli 1986 4 U 231/84 (Versicherungsrecht 1989, 151). Diese betrifft nur die Frage der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Werbung mit der Anerkennung durch einen privaten Verband und besagt demzufolge, daß - wettbewerbsrechtlich bezüglich der verbotenen Irreführung des Publikums - die Anerkennung eines Kfz-Sachverständigen durch den BVSK ein Gütesiegel darstellt.
2. Da nicht nur die Ausbildung, sondern auch die ausgeübte praktische Tätigkeit mit dem Katalogberuf vergleichbar sein muß, übt ein von der Industrie- und Handelskammer öffentlich anerkannter und vereidigter Kfz-Sachverständiger keine - auch keine spezialisierte - dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit aus, wenn er lediglich sog. Schadensgutachten erstellt. Das gilt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteile in BFH/NV 1991, 359, und vom 12. Dezember 1991 IV R 65-67/89, BFH/ NV 1993, 238, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 18 Abs. 1, Nr. 67; vgl.auch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Oktober 1990 2 BvR 146/90, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1991, 47, und Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1991, 614) selbst dann, wenn er zwar die erforderlichen Kenntnisse besitzt und daher außer den sog. Schadensgutachten auch solche über Schadensursachen erstellt, aber die hiermit zusammenhängende Beschäftigung nicht den Schwerpunkt der Berufstätigkeit bildet, insbesondere diese qualifizierte Arbeit nicht überwiegt und der ausgeübten Berufstätigkeit nicht insgesamt das Gepräge im Sinne eines dem Katalogberuf ähnlichen Berufs gibt.
3. Im übrigen kann dahinstehen, ob - was der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) bezweifelt - der Kläger in der Beschwerdeschrift schlüssig dargelegt hat (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO), daß das angefochtene Urteil auf Verfahrensmängeln i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beruhen könne, weil er bei fairer Prozeßführung und ordnungsgemäßer Sachaufklärung durch das FG die entsprechende Ausbildung und den erforderlichen Kenntnisstand nachgewiesen hätte. Denn jedenfalls kann die Revision in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO nicht zugelassen werden (BFH-Beschluß vom 26. Juni 1992 III B 72/91, BFH/NV 1992, 722 m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Anm. 35 m.w.N.; Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 115 FGO Anm. 69 m.w.N.), weil nach der dann maßgeblichen Rechtsauffassung des erkennenden Senats - wie dargelegt - die qualifizierte Arbeit, also die Gutachten betr. Schadensursachen, den Schwerpunkt der Berufstätigkeit bilden muß. Auch wenn der Kläger nunmehr in der Beschwerdeschrift geltend macht, es müsse sich entgegen den Feststellungen des FG um wesentlich mehr als nur 40 in den Jahren 1980 bis 1985 erstattete forensische und andere Großgutachten handeln, so bezweifelt auch er nicht, daß die sog. Schadensgutachten - wie auch vom FG angenommen - den Schwerpunkt seiner Berufstätigkeit bilden und die qualifizierten Gutachten nur in geringem Umfang anfallen.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 418897 |
BFH/NV 1994, 321 |